Mann, mann, mann, 8 Tage ohne Notiz, ich weiss.... Mea Culpa... Aber das Reisen mit Frau, Kind, Wetter und Caipirinha... Ihr moegt es mir verzeihen...
Sitzengelassen hab ich Euch in Sao Paolo, wo ich die Moeglichkeit zum Shopping dankbar ausgeschlagen habe und mich bei bruellender Hitze in die letzte Schattenritze des hauseigenen Pools gezwaengt habe.
Den Tag drauf allerdings, bin ich dran. Auf zum Schuhekauf. Wer denkt, in Brasilien ist alles guenstiger, wird enttaeuscht. Beinahe Muenchener Preisniveau. Importware aus Amerika auf jeden Fall, wenn nicht noch teurer. Die Wii kostet hier z.B. 1200RS - umgerechnet 400€. In Deutschland zum Weihnachtsgeschaeft ist die Spielekonsole glaub ich fuer unter 180€ zu haben.
Naja, wer will hier Spielekonsolen kaufen. Wir sind scharf auf Schuhe. Gibt es hier doch noch das Vorgaengermodel meiner heissgeliebten Superstar 2. Allerdings nicht fuer deutsche Fussohlen denn die Verkauefer strecken bereits bei Groesse 43 die Segel.
Aber Familie Kaufmann passt sich der Mode an und stattet sich eben mit hiesigen Produkten, im besonderen den Brasilianischen Badelatschen - Havajanas - aus.
Auf dem Rueckweg zu Yanina und Tobi nach Brooklin fallen mir wieder die Verkehrspolizisten auf, die einzeln an belebten Strassenkreuzungen stehen. In ihren schmutziggrauen Uniformen mit den gelben Schirmmuetzen sehen sie ein wenig wie arbeitslose Tankwarte aus...
Tankwarte, die es aber in sich haben, schreiben sie doch jede Verkehrsueberschreitung auf, die sie sehen. Vor allem die Strassenblockierer bei Rotphasen werden wohl uebelst zur Kasse gebeten - und das nicht sofort, sondern einmal im Jahr mit der naechsten faelligen KFZ-Steuer...
Feliz ano novo - Gutes Neues!
Am 23. 12. geht unsere Zeit in Sao Paolo zu Ende. Wir packen auf den Punkt, bevor uns der Fahrer der Muenchener Rueck puenktlich um 9h30 in der Tiefgarage abholt.
Wowowiwa. Ich bin immer noch entsetzt, mit wieviel Gepaeck man auf einmal hat, wenn man mit Kind unterwegs ist. Was frueher zwei Rucksaecke waren, sind jetzt zwei Koffer, eine grosse Tasche, ein Buggy, ein Kindersitz , sowie diverses Handgepaeck (3 Stueck++) mit Spielzeug, Essen Trinken, Windeln, Medikamente f. Durchfall, Verstopfung, leichten Durchfall oder leichte Verstopfung... Ihr koennt es Euch vorstellen ...
Naja, auf gehts noch einmal durch den Verkehr Sao Paolos tauchen.
Der Reisefuehrer spricht hier von 6 Millionen Autos, 1/4 der gesamten Fahrzeugflotte Brasiliens, die taeglich im Stadtgebiet 100km Staus produziert. Und das obwohl hier ein taeglich rotierendes Fahrverbot gilt, das per Endziffer des Kennzeichens gesteuert wird. Yanina und Tobi z.B. duerfen Mittwochs mit ihrem SUV nicht fahren, da Mittwochs die Endziffern 3-4 - wenn ich es richtig behalten habe - stadverwaltungsrechtlich Pause haben....
Zurueck zum Verkehr. Wenn Tobi hier einwandfrei mitschwimmt, ist unser Fahrer hier der Hecht im Goldfischteich:
Macht er doch das ein oder andere mal aus einer einfachen Abbiegespur, auf der sie bereits zweispurig stehen, noch eine dritte auf um kurz vor Ultimo vor einem alten Daimler Benz LKW mit Rundschnauze reinzuziehen.
Das Ganze ohne uebermaessig abzubremsen oder gaszugeben, nutzt er die die Busspur wo es praktisch ist um kurz danach wieder in den normalen Verkehr einzufaedeln, wo es besser laeuft.
Nebenher nimmt er auf zwei Telefonen Gespraeche entgegen.
Sanela kriegt von alledem nichts mit, sie kaempft mit dem Rueckbankunwohlsein. Nur Toni schaut mit genauso grossen Augen wie ich aus dem Fenster.
Am Flughafen selbst ist soviel los, dass selbst auf der sonst so schnellen Kinderspur Stau ist - 45 Minuten lang dauert es, bis wir unseren Gepaeck los sind. 45 min in denen Toni zunaechst die Schlangennachbarn umgarnt, dann den Gepaeckwagen bis ganzganz nach oben besteigt und dann schliesslich lauthals und vehement protestiert, als sie die Schlange schlussendlich doch langweilig findet und den Flughafen per Pedes erkunden will. Was - natuerlich - nicht geht.
Nur: erklaer das mal der Abenteurerin.
Wirklich erstaunlich ist, dass die anderen brasilianischen (Klein-)Kinder die Warterei ohne Mucks ertragen. Sie schauen sich jediglich die Toni-Show an. Mit grossen braunen Augen.
Die bekommen die brasilianische Gelassenheit wohl schon mit der Muttermilch.
Im Flugzeug selbst sitzt dann ein braungebrannter Brasilianer neben uns, der - da schau her - total gut Englisch spricht. Und freundlich ist er auch: Bietet uns seinen Platz an. Will extra Platz fuer die Toni machen. Erst als er versucht, mit der Stewardess zu sprechen wird mir klar: der ist genauso lost mit portugiesisch wie ich!
So ist es in der Tat. Der "Brasilianer" entpuppt sich als Libyer, der Ölgeschafte macht. Und verdammt viel unterwegs ist.
Als er hoert, das wir aus Deutschland kommen, erzaehlt er uns von dem gestrigen Schneechaos am Frankfuerter Flughafen, der sein Flugzeug - aus Rom kommend - zu einer Ausweichlandung in Kassel zwingt; 1h Schlangestehen am Taxistand bei -17 Grad fuer den Transfer zurueck nach Frankfurt, sowie weiteren 5h Schlangestehen am Checkin, ist er dann zurueck in Frankfurt und endlich in der Maschine nach Sao Paolo. Fernsehinterview von RTL, die vom Chaos berichten, inkusive.
Fuer uns laeuft dagegen alles wie am Schnuerchen.
In Rio gelandet, stehen Silvia und Fahrer schon bereit, um uns am Zuckerhut vorbei in die Berge von Rio zu bringen.
Neia und Guenther sind die Eltern von Silvia und Jessy, unseren guten Freunden und Taufpaten unserer Toni, die vor ungefaehr einem Jahr nach Brasilien ausgewandert sind. Neia, absolut liebenswerte Brasilianerin und Guenther, ein toller Gastgeber mit langjaehriger Brasilienerfahrung haben uns in den Kreis ihrer Familie eingeladen, um das Weihnachtsfest mit ihnen zu verbringen.
"Dacinho do Ceu" ist wirklich ein Stueck Himmel. 14000qm aus dem huegeligen Regenwald regelrecht herausgeschnitzt. Ohne Ende Wasser: Zwei Quellen, mehreren Bachlaeufen, vielen kleinen und grossen Wasserfaellen, einem Ententeich, ein Goldfischteich, mehreren Zierbrunnen und einem See, der bei den taeglichen Regenfaellen schon mal um einen Viertelmeter ansteigen kann.
Mitten im Naturschutzgebiet, in dem man per Gesetz streng genommen nicht mal einen Baum schneiden kann steht, auf einer Anhoehe das Herrenhaus. Von einem Deutschen erbaut sieht es mit dem hoelzern eingefassten Dachstuhl und den Blumen an den Dachfenstern tatsaechlich ein weinig aus wie eine Alphuette.
Drumherum top gepflegter Rasen, Zierbuesche in weissen Blumenrondells, altg
Ein bisschen tiefer zum Haus stehend: der grosse Pool, mit breiter Einfassung aus hellen, zimtfarbenen Kacheln. Ideal fuer unsere Kids (Silvia und Jessy haben Toni's beste Freundin Brooklyn dabei), da sie sich - auf dem Bauch liegend - gefahrlos mit den Haenden im Wasser plantschen koennen ohne unmittelbare Gefahr direkt vorn- bzw. kopfueber ins Wasser zu fallen.
Steigt man weiter anhand dem Wasserlauf am Ententeich vorbei auf, umarmt einen wieder der Regenwald. Hier ist er weniger dicht verwachsen, steigt er doch steil an. Am Hang zwischen den hoehen Baeumen: Limetten und Zitronenbuesche, dessen Fruechte, unkonventionell von Jessy unter Einsatz seiner weissen Hose geerntet, eine 1a Caipirinha
Biegt man oben links ab, hat man einen wunderschoenen Blick ueber das gesamte Anwesen.
Geht man den Weg in der Nacht, hat man annaehernd 100% Luftfeuchtigkeit. Haelt man die Hand vor das Headlight, sieht man den feinen Teppisch aus winzigsten Regentroepfchen.
Dazu das Konzert der Bewohner... (... des Areals, nicht des Herrenhauses....):
Das tiefe Quaken der Froesche geben die Drums, das Zirpen der Grillen die Highhats, das unregelmaessige und doch wiederkehrende Schreien der Nachtvoegel ist die melodische Kopfstimme.
Ein tolles Konzert der Natur - jeden Abend.
Um mir nicht selbst einen Sonnebrand zu Weihnachten zu schenken gibt es Sonnencreme statt Vanilliekipferln: Toni sieht aus wie eine Kalkleiste, hat aber einen Heidenspass nachdem die Prozedur des Einschmierens vorbei ist und sie wieder mit ihrer sechs Monate aelteren grossen Freundin Brooklyn Spielzeug wegnehmen und Gegenwegnehmen spielen darf.
Das Fest selbst ist nicht so viel anders und dennoch total verschieden. Feiert man mit lieben Menschen sind es dennoch nicht die Liebsten daheim...
Das Essen ist auf jeden Fall vergleichbar saugut. Neja kocht eine herrliche Pute und einen Riesenfisch - und auch die Spaetzle am naechsten Tag, die auf meine Kosten gehen gelingen...
Die Tage sind ruhig und sehr gechillt. Als Gaeste in der Familie zu sein ist sehr angenehm und wie sonst zu dieser Jahreszeit auch - obwohl meist in Badehose - auesserst isolationsschichtfoerdernd.
Nichstdestotrotz faengt der Regenwald an zu nerven. Naja, wohl mehr der Regen, der hier taeglich runtergeht, als der Wald der nach wie vor unglaublich schoen ist.
Daher geht es bereits einen Tag vorher - morgen - in "die schoenste Stadt der Welt" (laut Reisefuehrer). Toni kommt mit, da sie einen fiesen Durchfall und damit einen noch fieseren roten Hintern hat. Brooklyn gehts gut und darf daher bei den Grosseltern bleiben.
Mal schauen wie wir, ne Bosnierin (Sanco), nen Gringo (meinerseits), die Prinzessin mit dem wunden Hintern (Toni), ein Franzose (Jessy) und eine gebuertige Brasilianerin (Silvia) den Jahreswechsel in Rio de Janeiro erleben werden.
Beste Gruesse und wenn wir uns nicht mehr lesen: Boas Entradas oder einen guten Rutsch wie der Brasilianer sagt!