Donnerstag, Mai 16, 2013

Vom Süden Indiens in den Norden Laos

[Vang Vieng, 14. Mai 2013]

Die Zeilen hier erreichen Euch von einem ehemaligen CIA Stützpunkt mitten in Laos. "Lima Seven" war während dem Vietnamkrieg Operationsstützpunkt des CIAs - die Operationen die heutzutage hier laufen, haben mehr mit besoffenen Touristen zu tun. Es ist eine ziemliche Partymeile, die ich allerdings in der Nebensaison erreiche, daher habe ich perfekte touristische Infrastruktur und dennoch Idylle inmitten der tollen Natur!

Aber ich will Euch erzählen, wie ich hierher gekommen bin, den eigentlich wollte ich ja zunächst nach "MmmmmMysore", nicht wie die Italienerinnen nach "MmmmBangalore" - ihr erinnert Euch..

Über Nacht stosse ich also weiter nach Süden vor - problemlos per Bus. In Mysore selbst mache ich recht wenig da ich mich - direkt am ersten Abend - am westlichen Buffet des Hotels überfresse. Nach 5 Wochen das erste Mal Pasta, ihr könnt es Euch denken, was der Schwabenmagen macht...

Falsch! Er verdirbt! Tatsächlich!
Kaum zu glauben! Von den Strassenständen kann ich essen - und des Schwabos Bausubstanz haut mich aus den Schuhen! Ich werd verrückt! Das gibts nicht!
Leider gibts das doch - ich werd krank. Fieber und Durchfall schalten mich für 24h einfach ab.

Ein wenig wackelig auf den Beinen geht es zwei Tage später durch den wie gewohnt hektischen indischen Grossstadtverkehr. Nee, nicht zu Fuss: ich nehm mir nen Taxi. "Master Blaster" zeigt mir die Stadt - und bringt mich auch an Orte, an die ich garnicht will. Die Bindi-Dreher sind noch recht nett. Wusste nicht, dass die indischen unschlagbar günstigen Zigaretten (20 Cent das Päckchen) tatsächlich noch manuell gedreht werden. Bis zu 3000 Stück dreht der Mann hier auf dem Bild täglich.

Was "Master Blaster"
ausser Bindis sonst noch
so raucht, sieht man hier
Als mich "Master Blaster" bei einem Herbalshop absetzt, weiss ich, dass ich in ein Tourischleppertaxi geraten bin. Ich nehms sportlich und lass mich durch die Verkausvorführung sülzen.

Sandalwoodöl als Allheilsmittel, Schwarzes Yasminöl als männliches Aphrodisiakum, weisses Yasminöl als weibliches Aphrodisiakum. Blablablablabla. Sonstiges Öl gegen Asthma und noch ein anderes gegen Exzeme. Alle Öle krieg ich auf die Haut geschmiert, so dass ich bald dufte wie in einem tschetschenischen Hinterhofbordell. Bäh!

Bei dem Wasserlilienöl gegen Moskitos werd ich allerdings schwach, hatte ich davon doch schon in Hampi gehört... Mit den Backwaters in Kerala steht ja auch noch ein idealer Testlauf an, also her mit dem Zeugs, zum superbilligspecialpreisnurfuermich - versteht sich!

Als ich Master-Blaster nach dem Herbalshop verklickere das ich keinen Bock auf eine weitere Station auf seiner Butterfahrt hab, setz er mich am Markt ab. Laut Reiseführer dem Grössten und Schönsten in ganz Süd-Indien. Von tollen Fotomotiven wird hier geschwärmt.
Also dann mal kucken.
Ich werd angesprochen, ob ich helfen könnte beim Übersetzen von Waren in meine Muttersprache, fragt der Teen und führt mich...
... zu einem Sandalwoodölverkäufer der schon mit offenen Probier-Ampullen darauf wartet, mir eine weitere Ölung zu verpassen.
Come on Jungs! No way! Sucht Euch einen anderen Dummen, denk ich mir und setz mich ab.

Vor den Toren des Marktes ist es dann so weit: nach 25 Tagen und 1563km in Bus, Bahn, Taxi, Moped, Fahrrad und Tuk-Tuk in Richtung Süden erwischt er mich: der erste Monsunregen.

Wow! Der Himmel macht die Schleusen auf. Es kommt mehr runter als der Boden aufnehmen kann und so steht ruck-zuck alles unter Wasser - ich stell mich unter und werd daher mehr von unten, als von oben nass :-)

Problematischer als das Nasswerden, ist der weitere Weg. Obwohl der Regen nachgelassen hat, ist nach wie vor alles voller Wasser. Und damit sind die vielen Löcher im Strassenbelag nicht mehr zu sehen! Ideale Fussfallen und Bänderdehner!

Es ist Sonntag abend. Zeit für die Stadtverwaltung von Mysore den Palast zu beleuchten. Wie jeden Sonntag zwischen 19:00 und 20:00h.
Trotz Nieselregen toll anzusehen! Ein Palast wie aus 1001 Nacht.


Der Monsun klopft also bereits an - Zeit für mich, mein letztes, südlichstes Ziel anzusteuern und dann vor dem Monsun aus Indien zu fliehen.
Das heisst konkret: Ab nach Kerala. Am Südzipfel Indiens. Schweineheiss. Tropisch. Grün. Drückend. Sitzen im Schwitzen. Ähh Schwitzen im Sitzen. Du tust nichts - und sitzt in Deinem eigenen Saft.
Der Nachtbus speit mich am nächsten morgen direkt in die schwüle Hitze aus und ich mache mich dröge auf Erkundung.

Kochi - grösster Ballungsraum in Kerala und ehemals wichtiger Handelspartner mit dem Europa des Mittelalters - besticht durch nette portugiesische Architektur die auf mehrere Halbinseln versprenkelt ist. 
Fort Kochi ist die pittoreteske(?) davon - also mein Ziel an diesem schwülen Morgen. Abenteuerlicher Fährbetrieb setzt mich über und ich leih mir ein Vorkriegsfahrrad. No way, dass ich hier irgendetwas Anstrengenderes mache.
Ich radel durch die wirklich schöne Altstadt, dem Judenviertel voller Kunsthandwerk und - siehe da - bekannte Gesichter! Und Gesten: Die Italienerinnen aus Hospete winken von der Strassenseite! Grosse Begrüssungs- und Wiedersehensfreude obwohl man nur gemeinsam auf einen Bus gewartet hat. Sehr sympathisch, italienisch eben ;-)

Neben Fort Kochin gibt es noch weitere zwei Sachen, die man in Kerala unbedingt machen muss: Eine Aryuveda Massage und eine Bootsfahrt durch die Backwaters, 80km südlich.

Punkt 1: die Ayurvedamassage
Hier bekomme ich - vollständig entkleidet - zunächst einen Papiertanga aus Klopapier umgebunden. Eine äusserst dünne Angelegenheit die zudem meine Männlichkeit nur unzureichend zu bedecken vermag. Eigentlich schauen die Familienjuwelen links und rechts heraus. Ob das so sein muss? Frag ich mich und leg mich auf den Rücken auf die Liege wo die Massage beginnen kann.
Los geht's. Von Massage keine Spur. Von hübscher Masseurin ebenfalls! Ein bärtiger, stämmiger Inder frottiert mich hier ab! In hoher Geschwindigkeit wird mit kräftig Druck an mir rumgerubbelt. Und zwar von der Birne bis zum Zeh in einem Rutsch. Uhhh... 
Achso ja, ich erinner mich: Aryuveda ist ja die Lehre der Körpersäfte. Und die werden hier ordentlich in Schwung gebracht.
Und nicht nur meine, auch die des Masseurs: als ich nach der Stunde ihm ins Gesicht schaue, schaue ich in einen Wasserfall. Holy Cow - ich hab noch nie einen Inder so schwitzen sehen! Der arme Kerl schwimmt in seinem Saft, wie ein Eiszapfen in der Sauna!

Punkt 2: Durch die Backwaters
Wow. Die Backwaters sind ein verzweigtes Wasserstrassennetz im Süden Keralas. 29 Seen und Lagunen und ein Haufen Kanäle bilden hier 1500km natürliche Wasserstrasse. Das Ganze im tropischen Stil. Kokospalmen und hohes Grünzeug, wohin das Auge sieht. Ich sitze im Schatten eines aus Kokosfasern zusammengeknotetem Hausbootdaches und gleite mit einem halben dutzend anderer Touristen geräuschlos durch die Kanäle. Angetrieben wird das Boot nämlich durch Muskelkraft. Vorne und hinten steht jeweils ein armes Schwein, äh, Menschlein, das mit einem langen Bambusstab das Boot vorwärtsstösst.

Vergehe ich bereits im Schatten unter der Hitze im Sitzen, habe ich riesigen Respekt vor den zwei Bootschubsern in der prallen Sonne.
Die Fahrt ist super. Gemählich geht es dahin, es gibt Mittagessen, ein, zwei Stops wo man die örtliche Genossenschaftsindustrie (Kokosnuss und Muschelverarbeitung) besichtigen. Dann wieder weiter, geräuschlos, entspannt (nicht für die Stöcke in der Hand halten...) und vor allem laaangsam in dem doch ziemlich hektischen Indien...



Meine Zeit in Indien nähert sich dem Ende. Während einem weiteren Monsungewitter surfe ich abends nach Optionen zur Weiterreise. Mein Ziel ist Thailand, um von da entweder Richtung Süden ein wenig zu tauchen, zu surfen oder endlich das Kiten zu lernen - oder nach Norden, nach Laos. Wer weiss, wo die Reise hingeht..

Nächster Halt ist zunächst also Bangkok, Thailand, das Land des Lächelns.

Bäng-kok! Genau! Ziemlicher Bäng für mich - überall! Kulturschock. Vor allem im Verkehr: es herrschen Regeln! Ja, die Leute halten. Für mich! Ja, die winken sogar anstatt am Gasgriff zu drehen! 
Wahnsinn! Ich bin so auf zwischen-den-Autos-hindurchspurten konditioniert, das ich es am Anfang überhaupt nicht raffe. Die halten - und ich kann gemütlich über die Strasse gehen! Es existieren Regeln - nicht nur Hupen! Und Bordsteine! Und Abfalleimer! 
Da ich den Müll in den letzten Wochen überhaupt nicht mehr wahrgenommen habe, bin ich nun total geplättet, wie sauber diese Millionenstadt ist. Fast schon klinisch!
Was ist aus dem "Moloch" von 2006 geworden? Hat sich wirklich so viel verändert - oder bin ich es vielleicht, der sich verändert hat...?

Egal - die Erfahrung aus 2006 sagt mir zumindest, wo ich für meine Weiterreise in Bangkok hin muss: in die Khaosan Road. Das Mekka der Backpacker! Ich kaufe einen frischen Satz Klamotten und einen Reiseführer für Thailand. Im Gegenzug lass ich meinen Reiseführer Kambodscha da. Ungelesen und unnütz 4 Wochen durch Indien geschleift, bringt das Ding symbolische 2€ ;-)
 
Bei der Lektüre im neuen Reiseführer wird dann schnell klar, wohin die Reise geht. Wind und damit Wellen gibt es im gesamten Süden Thailands nur zwischen Januar und März.
Damit schlurfe ich in das nächste Reisebüro um die Ecke und löse mir ein VIP Busticket für die nächste Nacht nach Chiang Khon. Nördlichster Grenzübergang nach Laos. 

Laos ich komme!