[Eureka, 27. September 2007]Heute steht Mount St. Helens auf dem Plan. Die Strecke zum Berg zieht sich. Immergrüne, unglaublich dicht stehende Nadelwaelder saeumen einen Weg, durch den es nur langsam und sehr kurvig nach oben geht.
Erster Stop ist die Ape’s Cave. Eine Höhle, die durch einen Lavafluss ausgehöhlt wurde und sich wenige Meilen von Nord nach Süd erstreckt.
Hier empfängt uns vollkommene Dunkelheit, denn die Höhle ist nicht mit einer Lichtanlage ausgebaut.
Die ersten Schritte in dieses Nichts hinein zu gehen, ist schwierig zu beschrieben: Unsere Headlights scheinen nichts auszumachen in dieser absolut, alles Licht verschluckenden Schwaerze. Wuah.
Obwohl der Gesamtdurchmesser der Hoehle vielleicht 6m ist – also recht breit und hoch - macht sich Beklemmung breit. Der Lichtkegel scheint am Anfang weder Licht noch Kegel zu sein. Ich halte mehrmals die Hand vor meinen Kopf. Doch, ja: das Headlight funktioniert.
Sanela faengt hinter mir an mit dem Photo eine Blitzlichtkaskade loszuschiessen, was meinen Umriss alle paar Sekunden wie einen Riesen auf die seltsam symmetrischen Waende der Hoehle wirft. Hilft nicht unbedingt den Augen, sich an diese Schwaerze anzupassen...
Wir stossen auf eine Treppe an deren Gelaender wir uns nach unten hangeln.
Unten angekommen, lassen wir zwei Amerikaner an uns vorbei, die mit ihrer einen Stablampe unsere Headlights noch schlechter aussehen lassen.
Dennoch tun auch sie sich schwer die Fuesse zwischen, und auf die aus den Boden ragenden Felsen zu setzen. Das wenige Licht beeintraechtigt auch irgendwie das perspektivische Sehen. Das denkt sich wohl auch der mehrere hundert Pfund schwere Ami, der lieber warten will, und so in der Dunkelheit zurueckbleibt, waehrend wir uns an den anderen Ami mit seiner Stablampe klemmen.
In kompletter Schwaerze ist die Panik schnell.
Und so dauert es nur wenige Meter, bis wir Rufe hören, wir sollen zurueckkommen.
Tja, so verabschiedet sich dann in schnellen Schritten auch die Stablampe ...
Wr bleiben allein mit unseren Headlights auf der Ruebe zurueck.
Wohl schon vorbereitet, gewoehnen sich unsere Augen schnell an das weniger gewordene Licht und die Beklemmung weicht.
Wir schauen uns die Erzkanaele in dem Fels an.
Dann machen wir die Lampen aus und lassen die absolute Schwaerze auf uns wirken.
Wahnsinn. Allumgebenes Nichts. Du siehst keine Hand vor Augen, du hoerst
nichts und du bist deinem wichtigsten Sinn beraubt. Krasssss...
Nur wenige Sekunden später machen wir die Headlights wieder an – und uns auf den Rückweg.
Witzig wie tollpatschig man sich mit eingeschraenktem perspektivischen Sehen bewegt.
Bald sind wir zurueck aus der Dunkelheit und die Treppe bringt uns raus. Wow.
Also weiter den kurvigen Weg Richtung Mt. St. Helens. Wir biegen ab und es geht steil nach oben. Irgendwo da oben muessen sich Fahrradfahrer ungeschlechtlich vermehren, denn auf der vorher noch total einsamen Strecke sind auf einmal hunderte (!) Fahrradfahrer unterwegs. An die dreihundert Stück kommen uns auf der links steil abfallenden und sehr kurvigen Strecke hoch in die „Desaster-Area“ von Mt. St. Helens entgegen.
Oben fahren wir durch einen Wald voll tausender, alle in die gleiche Richtung umgeknickter, nadelloser und kalkweisser Baeumstaemme. Welche Naturgewalt hier gewuetet haben muss, koennen wir uns nicht vorstellen.
Und dennoch: das Leben nistet sich langsam wieder ein und passt sich der veraenderten Umgebung des Vulkans an (nicht umgekehrt). So sieht man schon wieder prächtige Jung-Tannen in kleinen Grüppchen zusammen stehen, Eichhoernchen naschen von knallroten Beeren und ueber uns gleiten majestaetische Segler in der hier oben saukalt wehenden Brise.
Von der explodierten Bergspitze ist selbst nichts zu sehen, der Krater haelt sich unter einem Wolkenkegel versteckt...
Ab in den Wagen. Runter, nueber, obi und wieder abi Richtung Mt. Rainier National Park.
Mittagspause in einem klassischen Diner. Wir bestellen unsere ersten Burger und schauen verklaert auf das „Treiben“ an dieser amerikanisch laendlichen Bilderbuch-Strassenkreuzung: Zwei Restaurants, eine Tanke, einen Coffeeshop-drive-through und sonst nichts...
Beim Englischtest falle ich uebrigens erneut durch.
Bestelle einen mittelgrossen Milchkaffe (Achtung: „caffe latte with a single shot of espresso“)– bekomme aber einen halben Liter Kaffe und noch einen Kleinen dazu. Hä? Nun gut, so bekommt Sanela eben auch Einen J
Einfahrt in den Mt. Rainier NP. Der Ranger am Eingang versorgt uns mit Wetterinfos.
Kalt solls werden. Um den Gefrierpunkt.
D.h. Layertechnik (ich hab zum Schluss 6 Schichten an), Monstersteak und Bagles vom Grill, ein Scheiterhaufen waermt von aussen, und Jägermeister von innen. Australischer Wein und Musik, ein Flammenspiel anstatt Fernsehen.
Der Schnaps wird hier uebrigens in Plastikflaschen ausgegeben (na ja, was von ihnen uebrig ist – Sanela schneidet die Flaschen in passende Schnapsglas-Verzehreinheiten...)
Mitten in der beseelten und im wahrsten Sinne des Wortes gechillten Athmosphaere springt der Dodge in Panikmodus und Marc stuerzt auf dem Sprung zum Durango fasst aus dem Stuhl bis die Situation beruhigt ist, der Zuendschluessel im Schloss und der Campingplatz wieder in Ruhe ist.. Baeren aller Art sind jetzt zumindest nicht mehr in der Nähe...
Dann ab in den Dodge. Der wird diesmal abschuessig geparkt, so dass wir innen ebenerdig schlafen. Wir schlafen wie Babys und machen uns am naechsten Morgen auf den Weg zum Mt. Rainier. Von einem leeren Parkplatz machen wir uns auf den anspruchsvollsten Trail Richtung Gletscher – und selbst der ist am Anfang geteert!
Auf unserem Weg laesst uns immer wieder ein tiefes Grollen vom Berg aufhorchen, wie Donner – und das bei bestem Wetter. Irritiert setzen wir uns unseren Weg fort bis wir, inzwischen im Schnee, oberhalb des „Panoramic Point“ den Auslöser dieses Grollen live miterleben: der Gletscher sprengt Stein und Gerölllawinen ab, die donnernd und staubend zu Tal rasen.
Apropros Panorama: Die Aussicht über die Bergkette ist phaenomenal! Besonders aus dem Azurblau des Himmels herausstechen tut Mt. Adams, Mt. Hood und auch Mt. St. Helens ist zu sehen – diesmal ohne jedliche Wolke. Geil!
Wir steigen ueber teilweise vereiste Felsen ab, und machen uns auf nach Seattle. Den noerdlichsten Punkt unserer Reise.
Hier angekommen, verpasst uns unsere Hotelsuche in Downtown auch gleich eine gratis Sightseeing Tour.
Endlich eingecheckt, schlendern wir bei immer noch bestem Wetter durch die Stadt, die sich gut per Pedes erschliessen laesst und schauen uns auf dem Viktualienmarkt von Seattle um. Marc besteht endlich seinen Englischtest im aeltesten Starbucks der Welt und der Fischhaendler schmeisst Kilo schwere Thunfische durch die Gegend (zwischendrin foppt er ein paar Touristen, in dem ihm scheinbar ein Fisch entgleitet und in die Touristen knallt: Uuups. Naja zum Glück war dieser Fisch ein Stofftier ;-)
Seattle ist eine beschauliche aber auch recht uebersichtliche Stadt - und ueber allem thront der Mt. Rainier, der heute bestens zu sehen ist.
Nächster Tag: Mist. Es macht das, was es in Seattle wohl (fast) immer macht: es regnet. Die Space Needle haengt in den Wolken.
Wir drehen eine Runde um den Lake Union und schauen uns die nette, aus „Schlaflos in Seatle“ bekannt gewordene Hausbootsiedlung an, und wagen uns verbotenernerweise auch auf die Piers. Nur ein verknautschter Bernasennenmischling schaut uns traurig, aber schwanzwedelnd aus seinen braunen Augen an...
Wir schauen uns in Downtown Seattle die „Stadt unter der Stadt an“: Teile der Ende des 1900 Jahrhunderts komplett abgebrannten Stadt wurden nicht wie der Rest zugeschuettet (als Fundament für die neue Stadt drüber) und sind mit einer Führung zu erreichen. Witzig: Wir gehen von der Strasse eine Treppe runter und sind im zweiten Stock eines di
eser Häuser.
Was fuer die damaligen Bewohner eine Katastrophe war, war fuer die Stadt an sich die Rettung. Von Anfang an zu tief gebaut, war sie von den Gezeiten abhaengig: bei Flut stand das Wasser auf den Strassen. Was das für die Kanalisation bedeutet, ist auch klar: Haeufchen machen besser bei Ebbe, denn wenn man auf dem Topf sass und die Flut in die Abwasserrohre gedrückt hat, hatte man u.U. eine unfreiwillige Spülung in die andere Richtung...
Wir verlassen Seattle und steuern wieder suedwaerts. Klaro das jetzt auch das Wetter wieder besser wird.
Auf geht’s auf eine malerische Strecke die wilde Kueste Oregons hinunter. Fahren an der Queen Princess vorbei, die zufaellig vor Anker liegt. Die schiere Groesse haut uns um. Was fuer ein Dampfer – und dennoch irgendwie Knast, wenn man sich vorstellt, wie es da auf dem Sonnendeck zugehen muss, trotz der Groesse wird dort bestimmt kleinlich am Buffet gedraengelt und die Liegen mit Handtuechern belegt... Da loben wir uns die Weite des Landes und fahren weiter suedlich auf die Suche nach einem einsamen Campingground.
Den finden wir im Fort Stevens Statepark, wo wir tatsaechlich alleine sind. Bis auf eine kleine Gruppe Waschbaeren, die uns in kleiner werdenden Kreisen am Campfeuer umrunden, waehrend wir uns unsere Steaks schmecken lassen.
Als wir am naechsten Morgen aus unserem SUV aussteigen, haben es sich die Waschbaeren ebenfalls schmecken lassen: die haben unsere Kuehlbox geknackt und die Vorraete gepluendert! Jediglich verschmaeht haben sie die Gurke und den Salat. Die Butter, den Kaese, Eier und Milch ist weg... So sieht also ein Waschbaeren-Omelette aus J.
Koennten die Dinger Flaschen aufmachen, haetten sie sich nach so einem Festschmaus wahrscheinlich noch mit dem Wodka aus der Kuehlbox zugesoffen!
Wir packen zusammen und fahren weiter. Frühstueck mit View. An einem traumhaften Lookout schmiert Sanela uns dick Brote mit Philadelphia (die Verpackung haben die Racoons nicht aufgekriegt, und das Brot war im SUV). Der Blick wandert die steil abfallende Suedkueste hinab, wo riesige Felsen wie ueberdimensionale Haifischzaehne aus dem Wasser ragen.
Ein atemberaubendes aber auch recht typisches Bild, das uns waehrend der nun folgenden langen Fahrt die Kueste runter haeufig begegnen wird: Steilhaenge, Haifischzaehne und bis an den Steilhang hohe, immergruene Nadelwaelder.
An den Oregon Dunes angekommen, schlagen wir in genau so einem Nadelwald unser Nachtlager auf. Der Dodge wird passen abschuessig auf dem Parkplatzbegrenzer geparkt, damit die Liegeneigung innen drin genehm ist und wir geniessem zum letzten Mal auf diesem Trip die Camping-Zeremonie: Feuermachen, Schlemmen, Weinchen, Feuerkino...
Heute morgen gucken wir uns dann die Oregon Dunes per Quad an. Ein Heidenspass! Und das, obwohl Marc sein Quad direkt auf einer der hohen Duenen festfaehrt (zu
m Glück kann ich das Ding aus eigener Kraft freifahren) und dann spaeter komplett stilllegt – Keilriemen gerissen. Ganz Gentlemen, tut Marc das was ihm beim Briefing eingetrichtert worden ist: er laesst seine Frau zurueck und holt Hilfe J
Das Ganze in einer traumhaften Kulisse der Duenen, die ab und an bewachsen, teilweise bewaldet sind. Zwischen drin kleine Seen. Um die Ecke die beeindruckende Stahlbruecke nach Reedsport.
Weiter Richtung Sueden. Die Redwoods. Das sind die bis zu 2000(!) Jahre alte Baumgiganten, die irre nah beieinander stehen und trotzdem so weit und hoch wachsen. Durch einen fahren wir sogar durch! Cool.
Wir sind langsam am Ende unseres Trips. Noch 230 Meilen morgen zurueck nach San Francisco und dann warten sie schon, die Junggesellen- und –innen Abschiede.
Mal schauen, ob ich Euch von der Party in Vegas berichten kann/darf/werde...