[Ventiane 17.Mai 2013]
Laos ist ein Traum. Kommt her, solange dass noch so ist!
China arbeitet zusammen mit der kommunistischen Landesregierung bereits am Ausverkauf.
135 (in Worten: hundertfünfundreissig!) Staudammprojekte sind aufgesetzt um den Mekong aufzustauen und damit dem armen Land Stromdollars von den energiehungrigen Nachbarn aus Thailand und China einzubringen. Auch treiben beide Nachbarn fleissig Investitionen im Tourismus voran. China setzt desweiteren auf Kautschukmonokulturen für die Reifen der landeseigenen Automobiindustrie. Vor allem die Staudammprojekte werden das Bild des Landes in den kommenden Jahren wesentich verändern...
Genug gemotzt! Lasst mich erzählen, wie ich Laos erlebe:
Wenn ich die Inder hektisch wahrgenommen habe, so sind die Thais freundlich umtriebig.
Und die Laoten? So was von lääääässssig laid-back, das hab ich bis jetzt in Asien noch nicht gesehen!
Die sind so laid-back, dass die Geschwindigkeit im Strassenverkehr selbst auf der Landstrasse selten 40km/h übersteigt, die Damen der Schöpfung auf den Mopeds einhändig steuern, um mit der anderen Hand den Regenschirm als Sonnenschutz zu halten;
So laid-back, dass der Hillux-Fahrer der Gibbon Experience zum CD wechseln schon mal an den Strassenrand fährt und anhält, obwohl nichts, wirklich nichts auf der Strasse los ist...
So laid-back, dass hier von vorneherein ausgewichen wird, um die entgegenkommenden Autos nicht von ihrer Ideallinie der falschen Strassenseite zu nötigen; LKW Fahrer, die mit Blinkzeichen in den engen Bergstrassen Überholmöglichkeiten signalisieren und Tuk-Tuk Fahrer, die auf ihren Pritschen in Hängematten liegen und ihre Fahrdienste mässig motiviert mit einem Augenzwinkern anbieten...
Viele Männer tragen hier einen superlangen Daumennagel. Wohl um zu zeigen, dass sie nicht mehr hart anpacken müssen und bei ihnen nix mehr abbricht.
Kurzum: mir gefällts hier. Total.
Selbst die Grenzer sind laid-back. Recht chaotisch geht es zu am Morgen, nach dem Übersetzen über den Mekong auf laotischer Seite. Zwei Handvoll Traveller warten auf das Visa-on-Arrival in ihren Pässen und darauf, die 30$ Gebühr abzudrücken. Man könnte hier problemlos durchlaufen, keine Absperrungen, nur ein Schild: "Check-In" das nach rechts auf ein kleines Schalterchen zeigt.
Hier sammelt ein Grenzer alle Pässe ein, ein anderer die Devisen und wieder ein anderer macht eine halbe Stunde später eine Pass-Tombola: er posaunt die für ihn unaussprechlichen Namen und das Herkunftsland des jeweiligen Passinhabers hinaus und drückt dann demjenigen, der meint, er habe seinen Namen gehört, den Pass in die Hand.
Grossartig!
Nächste Station: Geldwechseln. So schnell wird man Millionär. Es reichen bereits 100€ um ein Kip Millionär zu werden.
Mit dem richtigen Pass in der Hand lauf ich das kleine Hügelchen hoch und biege auf der einzigsten Strasse des Grenznestes Hoau Xay links ab, zu den Jungs der Gibbon Experience. Obwohl der Reiseführer schwarz malt - oft auf Monate ausgebucht! - haben die für mich tatsächlich noch ein Plätzchen frei!
Die Nebensaison machts möglich und packt mich die nächsten drei Tage auf ein Baumhaus mitten in die Baumkrone. Nach drei Stunden Fahrt im alten Freund Hillux und zwei weiteren Stunden Hike sitz ich mittendrin im tiefsten laotischen Dschungel. Die erstaunlich komfortablen Baumhäuser mit Dusche und Scheisshaus auf 45m Höhe erreicht man nicht über Treppen, nicht über Seile oder Strickleitern. Nein, einziger Zugang und Abgang sind Drahtseile, an denen man sich einklinkt und drauflos rauscht.
Ach was erzähl ich - seht selbst:
Die Tage im Regenwald sind toll. Traumhafte Natur. Ein Haufen Spass an den Ziplines, die
bis zu 400m lang und schweinehoch sind. Teilweise gehts von Tal zu Tal im Affenzahn.
Ah, Affen. Ja die gibts auch, wir sehen sie sogar, die Gibbons, die hier leider nahezu ausgestorben sind. Gerade mal drei Gruppen a 8 Affen turnen hier noch rum. Eine kommt am ersten Morgen vorbei und weckt mich mit ihrem unbeschreiblichen Gesang.
Andere Besucher sind von der bunt gemischten, achtköpfigen Studentengruppe, die mit mir im Baum haust weniger willkommen: Handtellergrosse Spinnen im Baumhausdach und Blutegel am Boden.
Gut, die Blutegel sind in der Tat nicht so prickelnd. Reissen Löcher in die Unterschenkel. Aber die handtellergrossen Spinnen im Baumhaus kümmern sich ausschliesslich um die Insekten. Kein Grund zu Panik, zur Massentötung oder zu exzessiven Deet Orgien ;-)
Die Nächte in dem Baumhaus sind traumhaft. Auch hier kommen die Monsunstürme langsam an. Weit ab seh ich es blitzen, horizontal in die Bäume des Regenwaldes einschlagen, aber auch vertikal über den ganzen Himmel rollen die Blitze. Einzigartig. Besonders.
Ich bin sehr dankbar für die Momente ganz oben im Zeltdach der Natur.
Fantastisch. Obwohl die Meditation nicht funktioniert.
Es krabbelt einfach zu viel auf diesem Baum - und in der Vipassanastunde auch auf mir...
Zurück in der Zivilisation wechsele ich das Transportmedium. Von dem Karabinerhaken auf einSlowboat - den Mekong hinab in Richtung Luang Prabang. Seinerseits Unesco Weltkulturerbe und laut Reiseführer die am besten erhaltenste, antike Stadt Asiens.
Und das trotz der Kriegswirren und dem Kräfteringen der Weltmächte im Indochinakrieg. Trotz der amerikanischen Bomben im Vietnamkrieg - der Ho Chi Minh Pfad der Vietcong verlief durch Laos und das macht Laos bis heute zu dem meistbombardiertesten Land der Welt.
Auch die flächendeckende "Entlaubung" mit Agent Orange kann man immer noch an den Hängen des Mekongs sehen. Das Zeug ist so giftig, dass die Natur hier immer noch keinen Fuss zurück setzen konnte. Freie Flächen mitten im Urwald. Eine Schweinerei für die die USA im Übrigen bis heute keine Entschädigung an das kriegsneutrale Land Laos gezahlt hat.
Die Laoten gehen mit dem Erbe zweckmäßig um. Auf den Märkten in Hua Xay und auch in Luang Prabang seh ich "Kriegskunst" - aus dem Blech der amerikanischen Bomben wird alles Mögliche gefertigt und verkauft. Von Ohrringen bis zum Löffel ist alles zu haben; auch werden die Hülsen der Bomben bis heute von den Bergvölkern als Stützen für Ihre Stelzenhäuser eingesetzt...
All das geht mir durch den Kopf als ich so den Mekong hinabgleite. Und das auf einer Luxusausführung von einem Slowboat, die irgendwie so garnicht in das kleine kommunistische Land passt.
Die Schifferei selbst ist wohl nicht ganz trivial. Von eingefassten, ausgebaggerten Flüssen a la Rhein und Donau ist hier keine Spur. Der Kapitän macht weite Bögen, mal an das laotische, mal an das thailändische Ufer. Meistens direkt auf den eigenartigen Strudeln, auf die ich mir so gar keinen Reim machen kann...
Die Stunden vergehen. Das Boot ist für 40 Personen ausgelegt - wir sind zu zehnt! Ich mach mich lang auf den Pornokissen am Bug und gönne mir herrliche Schläfchen zwischen den Mahlzeiten. Links und rechts gleitet majestätisch der Regenwald vorbei.
Arbeitselefanten schleifen Holz aus dem Urwald. Kinder spielen am Ufer. Ab und an knattert ein Speedboat in einem affenartigem Zahn an uns vorbei. Die Insassen tragen allesamt Schwimmwesten und Helme(!). Der Reiseführer spricht von vielen und regelmässigen Unfällen inkl. Toten aufgrund der Rasereiund der vielen Untiefen auf dem Mekong, dem einzigen Fluss, der im Laufe des Jahres seine Flussrichtung ändert.
In den nächsten zwei Tagen bringt uns der Fluss 320km nach Südosten - die bequemste Strecke die ich in Laos zurücklegen werde. Der Zwischenstop zur Übernachtung ist superb. Das Resort ist nur vom Fluss aus zu erreichen und so weit die beste Unterkunft auf meiner gesamten Südostasienreise. Passt so garnicht zur letzten Nacht im Baumhaus...
Als wir anlanden, eilen uns Frauen als Gepäckträger entgegen. Keine Möglichkeit meinen Rucksack selber zu tragen...
So sind von der zierlichen Laotin nur noch die Beine zu sehen, als sie meinen Rucksack die Anhöhe nach oben wuchtet. Auf dem Bild oben ist das gelbe Moskitonetz gut über den zierlichen Beinen zu sehen ;-p.
Bevor wir am nächsten Tag in Luang Prabang anlanden, werden die 10 Touristen vom Boot
noch durch ein Dorf getrieben. Eins der klassischen Dörfer, die keine Strassenanbindung haben. Der Mekong ist auch hier die Lebensader des Dorfes.
Versorgung, sei es ärztliche oder das, was man nicht selbst herstellen kann, kommt vom Fluss. Auch der Lehrer kommt mit dem Boot.
Als wir ankommen, springen die Frauen aus den Stelzenhäusern und breiten ihre Waren aus. Selbstgewebtes vom eigenen Holzwebstuhl und Importware aus dem nahen China. Dazu gibt es noch selbstgebrannten Lao-Whiskey.
Ätzend.
Der Whiskey - und die Touristenveranstaltung.
Erwähnenswert: die Regierung betreibt aktive Umsiedlungspolitik der Bergvölker. Die werden gezwungen sich bei den Laoten im Tal anzusiedeln - um eine Mindestschulbildung und Mindestgesundheitsversorgung zu gewährleisten. So auch in dem Dorf. Die Einheimischen, die gerade ihr Selbst- und Fremdgewebtes anbieten, und ein Bergvölkchen das das nicht tut (darf?) leben hier zusammen. Ein trauriger Haufen. Schon auf den ersten Blick sieht man das Konfliktpotential. Unterschiedlicher Häuserbau, unterschiedliche Rechte im Dorf, unterschiedliche Agrarwirtschaft, ja, sogar eine gänzlich unterschiedliche Sprache. Jeder bleibt für sich. Zusammenleben - laut Guide - tut man aber seit dem Zeitpunkt der Umsiedlung vor zwei Jahren "glücklich" und "in Frieden".
Genau.
Luang Prabang. Ein Stadt wie im buddhistischen Dornröschenschlaf. Tempel an Tempel an Tempel. Die Ältesten reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Hier ist die Zeit irgendwann irgendwo einfach stehengeblieben. Hübsch zwängen sich die französischen Provinzialbauten zwischen die Tempel. Überall grün. Kaum Verkehr. Sehr laotisch laid-back hier - und heisssss. Puh.
Zum Sonnenuntergang steige ich auf den Phou Si auf - und öle was das Zeug hält. Neben mir steht eine Indonesierin - und ölt genau so! Wir lachen und ölen die nächsten zwei Tage zusammen durch Luang Prabang. Gustini ist Assistant Manager einer grossen Hotelkette auf den Malediven und ist bestens in Luang Prabang vernetzt. So komm ich zum ersten Mal auf meiner Reise dazu in einen edlen 25m Hotelpool einzubomben. Ahhhh, das zischt!
Zischt nicht, ist aber schön anzusehen: Jeden Morgen um 5:30 sieht man lange Mönchsprozessionen, die mit ihren Bettelschalen bei den Bewohnern Almosen einsammeln. Sehr besonnene, ruhige Momente sind das, während die Sonne aufgeht.
Was ich weniger geniesse, sind meine Rückenschmerzen. Noch Resultat der Gibbon Experience - hier hat es am zweiten Tag mächtig im Rückgrat geknackt - hat sich das über die letzten sieben Tage so aufgebaut, dass ich vollkommen verspannt bin, nicht mehr schmerzfrei atmen kann und nur noch auf dem Rücken schlafen kann. Der gesamte Brustkorb krampft. Abhilfe muss her, denn langsam krieg ich Schiss. Ärztliche Versorgung in Laos ist nicht; es wird empfohlen, nach Bangkok oder Singapur auszureisen. Damit wäre meine Laosreise hier zu Ende.
Es muss doch noch ne andere Möglichkeit geben, denk ich mir und so lande ich in einer laotischen Bretterbude, äh Sauna. Zusammen mit ner handvoll Laoten geh ich hier bei 38 Grad und 70% Luftfeuchte in den Schwitzkasten.
Ich hab sie nicht mehr alle!
Die Sauna hat einen strengen Geruch nach abgestandenem Strumpf. Bäh.
Als ich den angebotenen Tee in dem Stelzenhaus probiere, wird mir klar - der Tee schmeckt genau so, wie die Sauna riecht. Das muss also irgendein Kraut und nicht irgendein vergessener Strumpf sein.
Hoffentlich.
Die anschliessende Massage bringt Qualen. Die Masseurin kennt genau ein englisches Wort: "Sore" - schmerzhaft.
Schnell findet sie zwei verkrampfte Punkte auf meinem Rücken. "Sore?" fragt sie und rammt ihre Finger rein.
Jaaaa! SORE! Verdammte Scheisse - und wie!!!
Ich stöhn ins Kopfkissen und bin unschlüssig, ob ich einfach ohnmächtig werden soll oder an die Decke springen und in meinem Sarong aus der Sauna fliehen soll.
Die Masseurin lacht. "Sore, very sore" :-)
Sie verspricht, mir morgen etwas Medizin mitzubringen, für mein Sore Kreuz. Holy Shit!
Nach ner Stunde bin ich fertig und eiere ins Guesthouse zurück.
Der nächste Tag bringt die gleiche Spendenprozession der Mönche am Morgen, ein bisschen weiteres Tempelsightseeing - und die gleichen Schmerzen bei Sore, meiner Masseurin. Den Namen hat sie sich echt verdient.
Die Knoten würden sich in 3-4 Tagen lösen, meint sie. Na hoffentlich, lange geht nämlich nicht mehr. Ich kann nicht niessen, lachen, husten oder sch**en. Kein Witz. Alles was Druck auf den Brustkorb gibt, geht nicht...
Am nächsten Morgen bilde ich mir ein, dass es besser geht und so versuche ich mein Glück weiter Richtung Süden. Den VIP Bus hätte ich gerade verpasst aber es wär noch Platz in einem Minivan frei, sagt man mir.
Mmmmhh. Minivan - mir fällt das Shared Taxi aus Indien ein, zusammengepfercht auf dem Beifahrersitz mit dem Kreuz...?
Ich sag ja und schwupps sitz ich wieder auf dem Beifahrersitz - ohne blindem Passagier mit Schaltknüppel zwischen den Beinen diesmal. Die Fahrt geht durch traumhafte Berglandschaft hinauf und hinab nach Vang Vieng, dem Mekka der Backpacker in Laos. Vorbei am liegengebliebenen VIP Bus ;-)
In Vang Vieng lässt man sich auf Pilzen, äh, auf aufgeblasenen LKW Reifen vor traumhafter Kulisse den Nam Xong runtertreiben oder unternimmt aufregende Höhlenwanderungen in langen Grotten, die man teilweise durchwaten (Marc) oder -schwimmen (Rest) muss...
Mehr dazu wannanders, ich muss schlussmachen, morgen geht es zeitig zurück nach Bangkok, wo die Süße zwecks gemeinsamer Weiterreise ankommt.
Ab morgen schwimmt der Reisefisch bis auf weiteres nämlich nicht mehr allein!
Cheers!
Laos ist ein Traum. Kommt her, solange dass noch so ist!
China arbeitet zusammen mit der kommunistischen Landesregierung bereits am Ausverkauf.
135 (in Worten: hundertfünfundreissig!) Staudammprojekte sind aufgesetzt um den Mekong aufzustauen und damit dem armen Land Stromdollars von den energiehungrigen Nachbarn aus Thailand und China einzubringen. Auch treiben beide Nachbarn fleissig Investitionen im Tourismus voran. China setzt desweiteren auf Kautschukmonokulturen für die Reifen der landeseigenen Automobiindustrie. Vor allem die Staudammprojekte werden das Bild des Landes in den kommenden Jahren wesentich verändern...
Genug gemotzt! Lasst mich erzählen, wie ich Laos erlebe:
Wenn ich die Inder hektisch wahrgenommen habe, so sind die Thais freundlich umtriebig.
Die sind so laid-back, dass die Geschwindigkeit im Strassenverkehr selbst auf der Landstrasse selten 40km/h übersteigt, die Damen der Schöpfung auf den Mopeds einhändig steuern, um mit der anderen Hand den Regenschirm als Sonnenschutz zu halten;
So laid-back, dass der Hillux-Fahrer der Gibbon Experience zum CD wechseln schon mal an den Strassenrand fährt und anhält, obwohl nichts, wirklich nichts auf der Strasse los ist...
So laid-back, dass hier von vorneherein ausgewichen wird, um die entgegenkommenden Autos nicht von ihrer Ideallinie der falschen Strassenseite zu nötigen; LKW Fahrer, die mit Blinkzeichen in den engen Bergstrassen Überholmöglichkeiten signalisieren und Tuk-Tuk Fahrer, die auf ihren Pritschen in Hängematten liegen und ihre Fahrdienste mässig motiviert mit einem Augenzwinkern anbieten...
Viele Männer tragen hier einen superlangen Daumennagel. Wohl um zu zeigen, dass sie nicht mehr hart anpacken müssen und bei ihnen nix mehr abbricht.
Kurzum: mir gefällts hier. Total.
Selbst die Grenzer sind laid-back. Recht chaotisch geht es zu am Morgen, nach dem Übersetzen über den Mekong auf laotischer Seite. Zwei Handvoll Traveller warten auf das Visa-on-Arrival in ihren Pässen und darauf, die 30$ Gebühr abzudrücken. Man könnte hier problemlos durchlaufen, keine Absperrungen, nur ein Schild: "Check-In" das nach rechts auf ein kleines Schalterchen zeigt.
Hier sammelt ein Grenzer alle Pässe ein, ein anderer die Devisen und wieder ein anderer macht eine halbe Stunde später eine Pass-Tombola: er posaunt die für ihn unaussprechlichen Namen und das Herkunftsland des jeweiligen Passinhabers hinaus und drückt dann demjenigen, der meint, er habe seinen Namen gehört, den Pass in die Hand.
Grossartig!
Nächste Station: Geldwechseln. So schnell wird man Millionär. Es reichen bereits 100€ um ein Kip Millionär zu werden.
Mit dem richtigen Pass in der Hand lauf ich das kleine Hügelchen hoch und biege auf der einzigsten Strasse des Grenznestes Hoau Xay links ab, zu den Jungs der Gibbon Experience. Obwohl der Reiseführer schwarz malt - oft auf Monate ausgebucht! - haben die für mich tatsächlich noch ein Plätzchen frei!
Die Nebensaison machts möglich und packt mich die nächsten drei Tage auf ein Baumhaus mitten in die Baumkrone. Nach drei Stunden Fahrt im alten Freund Hillux und zwei weiteren Stunden Hike sitz ich mittendrin im tiefsten laotischen Dschungel. Die erstaunlich komfortablen Baumhäuser mit Dusche und Scheisshaus auf 45m Höhe erreicht man nicht über Treppen, nicht über Seile oder Strickleitern. Nein, einziger Zugang und Abgang sind Drahtseile, an denen man sich einklinkt und drauflos rauscht.
Ach was erzähl ich - seht selbst:
Die Tage im Regenwald sind toll. Traumhafte Natur. Ein Haufen Spass an den Ziplines, die
bis zu 400m lang und schweinehoch sind. Teilweise gehts von Tal zu Tal im Affenzahn.
Ah, Affen. Ja die gibts auch, wir sehen sie sogar, die Gibbons, die hier leider nahezu ausgestorben sind. Gerade mal drei Gruppen a 8 Affen turnen hier noch rum. Eine kommt am ersten Morgen vorbei und weckt mich mit ihrem unbeschreiblichen Gesang.
Andere Besucher sind von der bunt gemischten, achtköpfigen Studentengruppe, die mit mir im Baum haust weniger willkommen: Handtellergrosse Spinnen im Baumhausdach und Blutegel am Boden.
Gut, die Blutegel sind in der Tat nicht so prickelnd. Reissen Löcher in die Unterschenkel. Aber die handtellergrossen Spinnen im Baumhaus kümmern sich ausschliesslich um die Insekten. Kein Grund zu Panik, zur Massentötung oder zu exzessiven Deet Orgien ;-)
Die Nächte in dem Baumhaus sind traumhaft. Auch hier kommen die Monsunstürme langsam an. Weit ab seh ich es blitzen, horizontal in die Bäume des Regenwaldes einschlagen, aber auch vertikal über den ganzen Himmel rollen die Blitze. Einzigartig. Besonders.
Ich bin sehr dankbar für die Momente ganz oben im Zeltdach der Natur.
Fantastisch. Obwohl die Meditation nicht funktioniert.
Es krabbelt einfach zu viel auf diesem Baum - und in der Vipassanastunde auch auf mir...
Slowboat vor den Pak Ou Höhlen |
Zurück in der Zivilisation wechsele ich das Transportmedium. Von dem Karabinerhaken auf einSlowboat - den Mekong hinab in Richtung Luang Prabang. Seinerseits Unesco Weltkulturerbe und laut Reiseführer die am besten erhaltenste, antike Stadt Asiens.
Und das trotz der Kriegswirren und dem Kräfteringen der Weltmächte im Indochinakrieg. Trotz der amerikanischen Bomben im Vietnamkrieg - der Ho Chi Minh Pfad der Vietcong verlief durch Laos und das macht Laos bis heute zu dem meistbombardiertesten Land der Welt.
Auch die flächendeckende "Entlaubung" mit Agent Orange kann man immer noch an den Hängen des Mekongs sehen. Das Zeug ist so giftig, dass die Natur hier immer noch keinen Fuss zurück setzen konnte. Freie Flächen mitten im Urwald. Eine Schweinerei für die die USA im Übrigen bis heute keine Entschädigung an das kriegsneutrale Land Laos gezahlt hat.
Die Laoten gehen mit dem Erbe zweckmäßig um. Auf den Märkten in Hua Xay und auch in Luang Prabang seh ich "Kriegskunst" - aus dem Blech der amerikanischen Bomben wird alles Mögliche gefertigt und verkauft. Von Ohrringen bis zum Löffel ist alles zu haben; auch werden die Hülsen der Bomben bis heute von den Bergvölkern als Stützen für Ihre Stelzenhäuser eingesetzt...
All das geht mir durch den Kopf als ich so den Mekong hinabgleite. Und das auf einer Luxusausführung von einem Slowboat, die irgendwie so garnicht in das kleine kommunistische Land passt.
Die Schifferei selbst ist wohl nicht ganz trivial. Von eingefassten, ausgebaggerten Flüssen a la Rhein und Donau ist hier keine Spur. Der Kapitän macht weite Bögen, mal an das laotische, mal an das thailändische Ufer. Meistens direkt auf den eigenartigen Strudeln, auf die ich mir so gar keinen Reim machen kann...
Arbeitselefanten schleifen Holz aus dem Urwald. Kinder spielen am Ufer. Ab und an knattert ein Speedboat in einem affenartigem Zahn an uns vorbei. Die Insassen tragen allesamt Schwimmwesten und Helme(!). Der Reiseführer spricht von vielen und regelmässigen Unfällen inkl. Toten aufgrund der Rasereiund der vielen Untiefen auf dem Mekong, dem einzigen Fluss, der im Laufe des Jahres seine Flussrichtung ändert.
In den nächsten zwei Tagen bringt uns der Fluss 320km nach Südosten - die bequemste Strecke die ich in Laos zurücklegen werde. Der Zwischenstop zur Übernachtung ist superb. Das Resort ist nur vom Fluss aus zu erreichen und so weit die beste Unterkunft auf meiner gesamten Südostasienreise. Passt so garnicht zur letzten Nacht im Baumhaus...
Als wir anlanden, eilen uns Frauen als Gepäckträger entgegen. Keine Möglichkeit meinen Rucksack selber zu tragen...
So sind von der zierlichen Laotin nur noch die Beine zu sehen, als sie meinen Rucksack die Anhöhe nach oben wuchtet. Auf dem Bild oben ist das gelbe Moskitonetz gut über den zierlichen Beinen zu sehen ;-p.
Bevor wir am nächsten Tag in Luang Prabang anlanden, werden die 10 Touristen vom Boot
noch durch ein Dorf getrieben. Eins der klassischen Dörfer, die keine Strassenanbindung haben. Der Mekong ist auch hier die Lebensader des Dorfes.
Versorgung, sei es ärztliche oder das, was man nicht selbst herstellen kann, kommt vom Fluss. Auch der Lehrer kommt mit dem Boot.
Als wir ankommen, springen die Frauen aus den Stelzenhäusern und breiten ihre Waren aus. Selbstgewebtes vom eigenen Holzwebstuhl und Importware aus dem nahen China. Dazu gibt es noch selbstgebrannten Lao-Whiskey.
Ätzend.
Der Whiskey - und die Touristenveranstaltung.
Erwähnenswert: die Regierung betreibt aktive Umsiedlungspolitik der Bergvölker. Die werden gezwungen sich bei den Laoten im Tal anzusiedeln - um eine Mindestschulbildung und Mindestgesundheitsversorgung zu gewährleisten. So auch in dem Dorf. Die Einheimischen, die gerade ihr Selbst- und Fremdgewebtes anbieten, und ein Bergvölkchen das das nicht tut (darf?) leben hier zusammen. Ein trauriger Haufen. Schon auf den ersten Blick sieht man das Konfliktpotential. Unterschiedlicher Häuserbau, unterschiedliche Rechte im Dorf, unterschiedliche Agrarwirtschaft, ja, sogar eine gänzlich unterschiedliche Sprache. Jeder bleibt für sich. Zusammenleben - laut Guide - tut man aber seit dem Zeitpunkt der Umsiedlung vor zwei Jahren "glücklich" und "in Frieden".
Genau.
Luang Prabang. Ein Stadt wie im buddhistischen Dornröschenschlaf. Tempel an Tempel an Tempel. Die Ältesten reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Hier ist die Zeit irgendwann irgendwo einfach stehengeblieben. Hübsch zwängen sich die französischen Provinzialbauten zwischen die Tempel. Überall grün. Kaum Verkehr. Sehr laotisch laid-back hier - und heisssss. Puh.
Zum Sonnenuntergang steige ich auf den Phou Si auf - und öle was das Zeug hält. Neben mir steht eine Indonesierin - und ölt genau so! Wir lachen und ölen die nächsten zwei Tage zusammen durch Luang Prabang. Gustini ist Assistant Manager einer grossen Hotelkette auf den Malediven und ist bestens in Luang Prabang vernetzt. So komm ich zum ersten Mal auf meiner Reise dazu in einen edlen 25m Hotelpool einzubomben. Ahhhh, das zischt!
Zischt nicht, ist aber schön anzusehen: Jeden Morgen um 5:30 sieht man lange Mönchsprozessionen, die mit ihren Bettelschalen bei den Bewohnern Almosen einsammeln. Sehr besonnene, ruhige Momente sind das, während die Sonne aufgeht.
Was ich weniger geniesse, sind meine Rückenschmerzen. Noch Resultat der Gibbon Experience - hier hat es am zweiten Tag mächtig im Rückgrat geknackt - hat sich das über die letzten sieben Tage so aufgebaut, dass ich vollkommen verspannt bin, nicht mehr schmerzfrei atmen kann und nur noch auf dem Rücken schlafen kann. Der gesamte Brustkorb krampft. Abhilfe muss her, denn langsam krieg ich Schiss. Ärztliche Versorgung in Laos ist nicht; es wird empfohlen, nach Bangkok oder Singapur auszureisen. Damit wäre meine Laosreise hier zu Ende.
Es muss doch noch ne andere Möglichkeit geben, denk ich mir und so lande ich in einer laotischen Bretterbude, äh Sauna. Zusammen mit ner handvoll Laoten geh ich hier bei 38 Grad und 70% Luftfeuchte in den Schwitzkasten.
Ich hab sie nicht mehr alle!
Die Sauna hat einen strengen Geruch nach abgestandenem Strumpf. Bäh.
Als ich den angebotenen Tee in dem Stelzenhaus probiere, wird mir klar - der Tee schmeckt genau so, wie die Sauna riecht. Das muss also irgendein Kraut und nicht irgendein vergessener Strumpf sein.
Hoffentlich.
Die anschliessende Massage bringt Qualen. Die Masseurin kennt genau ein englisches Wort: "Sore" - schmerzhaft.
Schnell findet sie zwei verkrampfte Punkte auf meinem Rücken. "Sore?" fragt sie und rammt ihre Finger rein.
Jaaaa! SORE! Verdammte Scheisse - und wie!!!
Ich stöhn ins Kopfkissen und bin unschlüssig, ob ich einfach ohnmächtig werden soll oder an die Decke springen und in meinem Sarong aus der Sauna fliehen soll.
Die Masseurin lacht. "Sore, very sore" :-)
Sie verspricht, mir morgen etwas Medizin mitzubringen, für mein Sore Kreuz. Holy Shit!
Nach ner Stunde bin ich fertig und eiere ins Guesthouse zurück.
Der nächste Tag bringt die gleiche Spendenprozession der Mönche am Morgen, ein bisschen weiteres Tempelsightseeing - und die gleichen Schmerzen bei Sore, meiner Masseurin. Den Namen hat sie sich echt verdient.
Die Knoten würden sich in 3-4 Tagen lösen, meint sie. Na hoffentlich, lange geht nämlich nicht mehr. Ich kann nicht niessen, lachen, husten oder sch**en. Kein Witz. Alles was Druck auf den Brustkorb gibt, geht nicht...
Am nächsten Morgen bilde ich mir ein, dass es besser geht und so versuche ich mein Glück weiter Richtung Süden. Den VIP Bus hätte ich gerade verpasst aber es wär noch Platz in einem Minivan frei, sagt man mir.
Mmmmhh. Minivan - mir fällt das Shared Taxi aus Indien ein, zusammengepfercht auf dem Beifahrersitz mit dem Kreuz...?
Ich sag ja und schwupps sitz ich wieder auf dem Beifahrersitz - ohne blindem Passagier mit Schaltknüppel zwischen den Beinen diesmal. Die Fahrt geht durch traumhafte Berglandschaft hinauf und hinab nach Vang Vieng, dem Mekka der Backpacker in Laos. Vorbei am liegengebliebenen VIP Bus ;-)
In Vang Vieng lässt man sich auf Pilzen, äh, auf aufgeblasenen LKW Reifen vor traumhafter Kulisse den Nam Xong runtertreiben oder unternimmt aufregende Höhlenwanderungen in langen Grotten, die man teilweise durchwaten (Marc) oder -schwimmen (Rest) muss...
Mehr dazu wannanders, ich muss schlussmachen, morgen geht es zeitig zurück nach Bangkok, wo die Süße zwecks gemeinsamer Weiterreise ankommt.
Ab morgen schwimmt der Reisefisch bis auf weiteres nämlich nicht mehr allein!
Cheers!