[Windhoek, Namibia 11. Mai, 2007]
Nachdem euch unsere letzten Gruesse zu dem Preis einer halben Ziege via Satellit erreicht haben, gibts heute das letzte Mal Post aus Namibia. Wir sind zurueck in Windhoek. Mit einem Haufen zu erzaehlen.Als ich von meinem Ausflug vom Internetcafe auf den Campingplatz zurueckkomme, empfaengt mich Sanela mit dem Wasserschlauch. Madame ist im Putzrausch und spritzt den inzwischen schon recht staubigen Jeep ab. Auch die Ladeflaeche wird ausgeladen, abgespritzt und wieder sortiert eingeladen. Wem’s Spass macht – jeder soll tun, worauf er Lust hat :-) . Ich widme mich inzwischem dem Wein und Cidre und grille das frisch eingekaufte Kudu Filet. Mmmmhh.
Zum Essen beginnen wir die Malaria Prophylaxe und prompt bin ich...
... am naechsten Tag am Arsch. Bin mir nicht sicher ob das die Kombination Cidre + Wein oder an der Malarone Tablette von gestern liegt, auf jeden Fall hab ich hoellische Kopfschmerzen und einen Druck auf den Augen, als ob mir jemand von hinten die Augaepfel aus den Augenhoehlen druecken will.
Dehydration? Migraene? Malaria? Hodenhochstand oder Augustiner Vitaminmalzmangel? Ich weiss es nicht.
An Fahren ist jedenfalls nicht zu denken und auch die Schoenheit der Epupa-Falls verschwimmt hinter einem Schleier aus Kopfschmerz. Dort obenangekommen bau ich gerade noch das Zelt auf, komplette Belueftung auf, Moskitonetze weg und ich, zusammen mit einer leichten Mittagsbrise hinein. Aus dem Zelt heraus kann ich den schnell fliessenden Kunene sehen, der nur ein paar Meter weiter donnernd 30m eine Schlucht hinabstuerzt.
Am Nachmittag gehts besser, dennoch lauf ich wie besoffen Sanela hinterher, die das Terrain schon vorsondiert hat. Vorbei gehts an badenden Kindern und Waesche waschenden Himbas ueber ein paar Felsen direkt an den Sturz des Kunene, wo die Gischt in der Nachmittagssonne noch mehrereMeter ueber den Sturz nach oben sprueht und einen Regenbogen in den Himmel zeichnet.
Baden ist fuer uns tabu. Krokodile und irgendwelches fieses Amoebenpilzparasitengedoens das sich durch die Fussohlen bohrt, raten ab, so dass wir ueber die zahlreichen natuerlichen Pools springen anstatt darin zu baden...
Noch ne Cola an der Bar von Andrew, der mit seinem Camp (und dem Camp daneben) die einzige Uebernachtungsmoeglichkeit an dieser absoluten Perle Namibias anbietet. Kein Hotel, Dorf, Laden, Tankstelle, nix. Unfassbar...
Zum Abendessen gibt es ne Scheibe Kaese und ne weitere Malarone, mehr Apettit ist bei beiden von uns nicht drin. Dann geht es um 18h30 ins Zelt zum Pennen. Leider ohne das Moskitonetz zuzuziehen...
... was Sanela am naechsten Morgen ziemlich verschwollen aussehen laesst. Upps.
Dafuer geht es mir besser und weiter geht es in Richtung Etosha.Campen auf der Hobatere Lodge. Traumhaft gelegen, in Fussweite von einem Unterstand in Felsen, von denen man auf ein Wasserloch hinuntersehen kann. Da gibt es ein paar Zebras, Kudus und Warzenschweine zu sehen (“Pumbas!”). In dem Campground wird vor naechtlichem Loewenbesuch gewarnt. Wir kriegen aber nach einem tollen Essen keinen zu sehen. Naechtens zu hoeren sind nur die Zebras mit ihrem witzigem Mix aus Wiehern und Kichern.
Zum Sonnenaufgang sind wir dann nochmal auf dem Unterstand. Zunaechst laesst sich aber nur ein Schakal blicken. Dann kommt langsam eine Kudu Familie ans Wasserloch. Sanela und ich sehen inzwischen aus wie ein Sniper Team aus einem Navy Seals Hollywood Streifen. Einer am Fernglas, waehrend der andere via Objektiv versucht, das Ziel scharfzustellen. Da der Digitalfokus der neuen Kamera auf dem Display nicht scharf genug aufloest, gibt der am Fernglas das Kommando zum “Schuss”. Die Bilder sind auf jeden Fall super getroffen. Ihr werdet schon sehen :-)
Dann quartieren wir uns fuer die naechste Nacht in der angrenzenden Lodge ein (zu der wir dennoch eine halbe Stunde fahren muessen) um nochmal zu duschen und die Akkus fuer Etosha fitzumachen.
Auch hier gibt es wieder Hochsitze mit Blick auf Wasserstellen. Und viel Wild zu sehen! Massig Zebras, Kudus, Springboecke und Oryxe. Ein paar Warzenschweine und Strausse. Und mitten in dem ganzen Haufen eine Giraffe. Fast alles Viehvolk das wir bis jetzt auf unserer Reise gesehen haben, gibt es hier konzentriert an einer Wasserstelle.
Und das wird noch besser: in der Nachmittagssonne lassen wir uns auf einen vorgelagerten Hochsitz ganz vorne am Wasserloch fahren. Selber hinfahren oder gar laufen ist nicht drin – wegen den Loewen im Revier zu gefaehrlich! So sitzen wir dann dort oben, irgendwo in Afrika und mittendrin im Wildlife – 3m von einer Herde Zebras an der Traenke, herumsauenden Warzenschweinen und – nachdem die Sonne untergegangen ist auch tatsaechlich mitten unter Loewen!!
Zunaechst sieht Sanela in einiger Entfernung durch ihr Fernglas eine Loewin auf der Pirsch – die ploetzlich aus dem Unterholz schiesst und versucht ein Kudu zu reissen. Das mislingt und endet in einer grossen Staubwolke, so dass man sich sich zu den anderen inzwischen auch aus dem Unterholz hervorgekommenen Loewen auf einen Huegel zurueckzieht und majestaetisch in die Weltgeschichte guckt. Loewen Premiere – in massvollem Abstand. Das liegende Wasserloch ist nun frei von sonstigem Wild...
Dann bewegen sich die 4 Loewinnen gemaechlich auf das Wasserloch – und damit mitten auf uns zu! Wahnsinn! Ploetzlich ein “Scheisse!” neben mir: Sanela hat die Speicherkarte der Kamera vollgeknipst und fummelt hektisch nach der zweiten, extra in Swakopmund gekauften Karte...
Inzwischen sind die Loewen bis auf 3m an unserem Hochsitz, der einmal zur Haelfte umrundet wird, bevor sie weiter ins Unterholz zurueckschlendern. Das Ganze unter kritischer Beobachtung, was da oben im Hochsitz passiert... WOW!
Kaum zu glauben, aber die Nachtfahrt toppt das ganze nochmal. Sehen wir hier doch wieder ein Rudel Loewen. Diesmal sind es wohl recht junge Loewen, die sich an zwei Stachelschweinen messen. Auch hier unmittelbar dran, sehen wir wie einer der Loewen eine schmerzhafte Lektion lernt, hat er doch auf einmal einen abgebrochenen Stachel in der Schnauze stecken. Daraufhin und als einige der Loewen mehr Interesse an dem Wagen als an den Stachelschweinen zeigen gibt der Guide Gas und wir bringen ein paar Meter mehr zwischen uns und die Loewen.
Wir fahren weiter den engen, von Baum und Buschwerk eingefassten Trampelpfad entlang, bis uns ein praechtiger Elefantenarsch den Weg versperrt! Der hat zunaechst keinen Bock den Weg freizumachen und trottet so erstmal ein paar Meter weiter den Pfad entlang – und wir hinterher. Schliesslich gibt er den Weg frei und wir koennen vorbei. Cool. Ausserdem sehen wir die sehr seltene “African wildcat” und einen Ameisenbaer auf der Flucht vor unserem Scheinwerfer.
Am naechsten Tag geht es weiter mit der Tiershow, es geht in den Etosha Nationalpark hinein! Kommen nachmittags an, checken in ein suesses Zimmer ein (Campsite ist bereits voll!) und fahren los. Ein Missverstaendnis laesst mich an dem richtigen Abzweig vorbeifahren. Noch bevor ich mich beim Wenden ueber korrekte Copilot Ansagen, bzw ueber die Kommunikation zwischen Mann und Frau auslassen kann, stehen wir *direkt* 2m voreiner Giraffe, die bestens getarnt “in” einem Baum steht und genuesslich und in aller Ruhe von der Baumkrone aest. Ohne das Kommunikationsproblem waer uns das wohl entgangen! Sauber. Fahren den Grunewald und den Maerchenwald an und sehen dabei Unmengen von Antilopen, Gnus, Zebras, Springboecken und Schakalen in der Nachmittagssonne. Muessen uns sputen, damit wir vor Gateschluss / Sonnenuntergang zurueck in unserem Camp in Okaukujeo sind.
Aus einem kurzen Abstecher zum campeigenen Wasserloch wird ein abendfuellender Krimi, fuer den wir fast das Abendessen sausen lassen. Nashoerner kommen an das Wasserloch – und mit im Gepaeck ein Rudel Loewen die auf das Nashornjunge scharf sind. Und so schleichen die Loewen um und zwischen den Nashoernern herum. Es gelingt ihnen aber nicht, das Junge von den beiden Grossen zu trennen. So strickt die Natur einen Thriller zusammen, Wahnsinn. Mal scheinen die Loewen das Junge isoliert zu haben, mal poltert ein Nashorn in die Richtung der Loewen, die die Flucht ergreifen, um sich gleich wieder anzunaehern... Irre.
Wir verlassen das Schauspiel um unsere knurrendenden Maegen zu fuellen...
Am naechsten Tag geht es ab zur Wasserloch Safari. Leider nicht alleine, so muss ich mich gleich am ersten Wasserloch ueber Landsgenossen aergern, die spaeter an das Wasserloch heranfahren – mir aber prompt die Sicht verstellen. Rindviecher im Wagen! Flucht nach vorne und weiter zur naechsten Wasserstelle. Auf dem Weg dorthin bessert sich meine Laune, kann ich doch einen schleichenden 3er Konvoi geschickt ueberholen. Die gewonne Zeit zahlt sich aus, koennen wir doch noch einen Loewen auf seine Loewin aufsteigen sehen (Nackenbiss inklusive). Am naechsten Wasserloch gibt es dann erstmals Impalas und Kuhantilopen. Ausserdem umrundet uns ein Elefant. Cool.Noch besser mit Elefanten wird es am Riedsfontain Wasserloch. Hier findet 5 Fuss (der Elefantenbulle hat eine maechtige Erektion;-) nach ausgiebiger Graserei Gefallen an uns oder unserem Jeep, oder beidem, ich weiss es nicht. Jedenfalls kommt er naeher und naeher und naeher, umrundet uns zur Haelfte bis er dann direkt vor unserer Scheibe steht. Aufgrund dringender Bitte meiner Lieblingsversicherungsfachangestellten und auch meiner urploetzlich auftauchenden Gedanken an die 3000 EURO Schaden-Selbstbehalt suchen wir dezent das Weite...
Am Nachmittag fahren wir dann einen Aussichtspunkt innerhalb der Etoscha Pfanne an. Nicht irgendwo hoch, wie man denken koennte, nein, eher hinunter mitten hinein in die Salzwueste. Mehrere Kilometer hinein auf die Pfanne, bis um uns herum nur noch die ewige Weite dieser riesigen Salzpfanne zu sehen ist. Trotz striktem Aussteigeverbot stell ich mich aufs Dach des Toyotas und lass die Stille und die Aussicht wirken.
Dann geht es zurueck zu dem naechsten Camp innerhalb des Etoshas: Halali.
Wir muessen uns wieder sputen, sind wir doch schon wieder mitten in der untergehenden Abendsonne unterwegs und haben noch ueber 20km zu fahren... Die unseren Weg kreuzende Elefantenherde laesst die Zeit noch knapper werden. Da in der 25 koepfigen Herde Jungtiere dabei sind, halten wir Abstand und geniessen den Anblick dieser Giganten, direkt vor uns auf dem Weg.
Als wir uns dann vorbeischieben wollen fuehlen sie sich aber doch gestoert und greifen an. Mit weit aufgestellten Ohren und Trompeten stuermt eine Elefantenkuh in unsere Richtung. Da heisst es Pferdestaerken einsetzen gegen Elefantenstaerken. Ohne Probleme jagt der Toyota davon – und weiter Richtung Camp, sind wir doch jetzt richtig spaet dran. Ab hier ist es dann ein Rennen gegen die untergehende Sonne. Es kommt richtig Walter Roehrl Feeling auf, obwohl ich mir den Drift nicht zugestehe und auch die Vielzahl von Wild kein gutes Gefuehl macht...
Schliesslich fahren wir 1min (!) vor Gateschluss mit pochenden Herzen in das Camp ein. Halali! Die Jagd ist beendet! Sind komplett ueberdreht aufgrund der Ereignisse des Tages.
Da geht es abends am Wasserloch schon ruhiger zu. Fast wie in Andacht in Buxtehudein der Abendmesse sitzen die Leute (ueberwiegend aelterer Generation) am leeren (!) Wasserloch – da muss Sanela schon unseren mit (Mess-)Wein gefuellten Alubecher polternd die Steine runterschmeissen, damit die Leute aufwachen :-)
Zu sehen gibt es dann doch noch was: Ein Rhino, ein Elefant und eine Fleckenhyaene – die aber gleichzeitig!
Die Highlights am naechsten Tag der Tiershow sind die Wasserloecher Kalkheuwel und Chudop, wo sich an dem einem Elefanten ein Stelldichein mit massig Grosswild (ueber 6 unterschiedliche Arten) geben und am naechsten 12+ Giraffen fast das Wasserloch leersaufen. Auch nett: die Vogelschau am Nachmittag in der Fischer’s Pan. Kapgeier, die an einer verendeten Antilope warten, bis die Schakale genug haben. Ein bischen weiter dann Pelikane und Flamingos. An ein paar Stellen richtige Zebrastreifen auf der Strasse, ansonsten nur Touris die es geschickt zu ueberholen und/oder zu ignorieren gilt...
Der Urlaub neigt sich dem Ende. Bemerkenswert ist, das die 4 Wochen Namibia mich stark an meine BW Zeit und Erfahrungen damals erinnert haben und laengst vergessenes (Geschichten und auch echt Brauchbares) wieder zurueck kommen hat lassen. Von dem “Leben draussen”, z.B. dem einfachen und effektiven Feuer machen, Schussfeldbestimmung (hilfreich fuer Tierbeobachtungen auf dem Hochsitz), dem Nachtsehen, Tricks zum Schlafen im Schlafsack und noch so ein paar Sachen mehr...Der naechste Tag beginnt mit zwei praechtigen Loewen (Sanela: “endlich mit Maehne!”) unter einem schattigen Baum, die gerade eine Kuhantilope gerissen haben, sich die Waemste vollgeschlagen haben und jetzt das machen, was sie 20 von 24 Stunden machen: faul im Schatten liegen. Wir beobachten die Szenerie ne ganze Weile und bekommen dann auch noch ein bischen Bewegung geboten: Einer der Loewen – ohne Zweigfel ein stattliches Exemplar – steht doch tatsaechlich nach 30 min auf, tapst 3m in die Sonne um dort einen koeniglichen Haufen hinzulegen bevor er sich wieder zum Doesen hinlegt.
Ebenfalls witzig ist der Dik-Dik Drive, benannt nach der kleinsten Antilope Afrikas, eigentlich sollte der Drive in Giraffen-Zebra Avenue umbenannt werden. Von Dik-Diks keine Spur. Dafuer fahren wir naemlich direkt von hinten an eine Gruppe Zebras heran, die ihrerseits wieder einer Herde Giraffen hinterher trabt. Zwischendrin, davor und dahinter aber auch mitten auf dem Weg: Impalas.
Da wir uns langsam naehern, koennen wir direkt in die Gruppe hineinfahren und im Schritttempo mit den Zebras traben.
Jediglich die Giraffen machen lange Haelse, als sie unter den Zebras den weissen Toyota naeher kommen sehen und schlagen sich in die Buesche...
Wir verlassen den Etosha Nationalpark und fahren den naechsten, den Waterberg Nationalpark an, den wir in der Abenddaemmerung erreichen. Hier finden wir zum Abschluss unser Campingzeit nochmal einen wunderschoenen Campingplatz, eingefasst in die blutroten und schroffen Felsen des Waterberg Plateaus. Gefeiert wird der letzte Abend im Zelt mit einer opulenten Grillplatte und einem standardgemaessen Lagerfeuer.
Am naechsten Morgen steigen wir auf das Plateau auf, geniessen die phaenomenale Sicht und hoeren uns das Gebruell der Paviane an, die ueberall um uns herum in den Baeumen sind.
Es geht zurureck in suedlicher Richtung. Nachdem die urspruenglich geplante Guestfarm, die an ein Leoparden und Geparden Forschungsprojekt angegliedert ist (“Africat”), voll ist, fahren wir die Mount Etjo Safari Lodge an. Ebenfalls ein Schmuckstueck. Wunderschoene Anlage, mit viel Liebe zum Detail gestaltet und gefuehrt. Als wir ankommen, reiht sich das Personal am Eingang auf...
Am Wasserloch findet sich neben dem ueblichen Wild auch Flusspferde und Flamingos.Leider ist mein Kopfweh zurueck, so dass ich von der schoenen Lodge nur unser Zimmer seh. So muss Sanela auf meine Begleitung bei der
nachmittaglichen Privat-Pirschfahrt (nur Sanela + Guide, dafuer aber ne Menge Wild und Rhinos aus naechster Naehe!) und abendlicher Loewenfuetterung verzichten und auch der Jakuzzi auf dem Zimmer bleibt genauso wie das stilvolle Dinner am Lagerfeuer unangetastet...
Wie auch immer, in der Nacht schwitz ich den Scheiss aus mir raus, so dass wir am naechsten Morgen frueh nach Windhoek aufbrechen koennen.
Tja, und da sitz ich nun und klopf die letzten Zeilen des Namibia Blogs in die Tastatur.
Bis morgen – bzw Montag im Buero. Mist.