Montag, Juni 17, 2013

Die Städte, die Insel und heim für nen Pick-Up

[Kuala Lumpur, 7. Juni 2013]

Mannmannmann, jajaja, ich lass nach mit dem Schreiben, ich weiss.

Kaum ist man mit der Liebsten zusammen, lässt man die Lieben hängen. Ja, richtig.
Nein, falsch. 

Kaum ist man mit der Lieben zusammen, versohlt die einem kräftig denn A***h nach acht Wochen allein lassen. Und wer nicht sitzen kann, kann auch nicht Blog schreiben.
Ja, so ists besser. Aber auch nicht richtig.

Kaum ist man mit der Lieben zusammen, versohlt die einem den A***h und verdreht einem den Kopf. Und wer weder sitzen noch denken kann, kann auch nicht schreiben.
Ja. Das isses.

Inzwischen ist keine Spur mehr von der Lieben - ich sitz in Kuala Lumpur und sie in Bangkok. Schlecht für mich, gut für den Blog...
Los gehts:


Verlassen hatte ich Euch noch in Laos, Van Vieng. Eine Ewigkeit her.
Vor einer Hammerkullisse aus tiefgrünbewaldeten Karssteinfelsen windet sich der Nam Xong hinab Richtung Süden. Vang Vieng ist Backpacker-Hochburg und Ausgangspunkt für Rafting, Trecking oder Höhlentouren. Alles ist hier auf den Traveller zugeschnitten. Mann und Frau kann hier allerhand Gefälschtes aus China kaufen, europäisch essen, auf andere mit der Paintballknarre - oder auf sich selbst in den vielen Restaurants Endlosschleifen von Family Guy bzw Friends ballern. 


Die Nummer eins Attraktion in Vieng Vang ist aber das Tubing. Mit aufgeblasenen LKW Reifen geht es hier zunächst mit dem Tuktuk 2km hinauf um dann 2-"x" Stunden den Fluss hinabzutreiben. Das "x" ist hier stark abhängig von der Anzahl und Dauer der verschiedenen Stopps an den Flussrestaurants, deren Personal die Tuber teils mit Seilen aus dem Fluss ziehen.
In den "Restaurants" ist man ebenfalls auf den Traveller ausgerichtet: ich sehe ein Volleyballnetz, Boulebahnen, Schaukeln, Wippen, jede Menge Hängematten, Beerpong Equipment - und riesige Kühlschränke voll mit Alkohol.
Unterwegs bin ich mit einer duften Gruppe Canadier aus Vancouver. Eine nette Bande, die mich für den Rest des Nachmittages und des folgenden Abends "adoptiert" ;-) und so treiben wir gemeinsam den Fluss hinunter.
Träge hänge ich in meinem Reifen und lass die phänomenale Landschaft an mir vorbeiziehen. Von der Sonne, dem View und Beerpong benommen penn ich weg.
Eine kleine Stromschnelle schmeisst meinen Reifen um - und mich ins Wasser.
Hallowach! Da bin ich wieder!
Ich ruf mir in Erinnerung, was der Reiseführer zu der Situation so erzählt:
30 Tote in 2012!
Genau. 
30. 
30 Backpacker, die 2012 total dicht von ihren Reifen gleiten und high im hüfthohen Wasser ersaufen.
So eine Scheisse, vom Reifen auf den Fluss in den Sarg nach Hause...

Am nächsten Tag probier ich mich als Höhlenforscher. Ich miete mir ein Moped und mach mich auf *in* die Karstfelsen hinein, als nur vorbeizugleiten.
Das vespaartige Moped stellt mich vor zwei Probleme: a) hab ich viel zu grosse Haxen, die gerade so vor die Sitzbank passen und b) ist die semiautomatische Fusschaltung genau entgegengesetzt zu der Motorradgangschaltung, die ich kenne!
Heisst: a) ich seh turbomässig bescheuert aus, wie ich so an meinen Knien vorbei, mich am Lenkrad festhalte und
b) ich seh turbomässig bescheuert aus und bin auch noch eine mittelmässige Verkehrsbedrohung für den gemächlichen Verkehr auf der Hauptstrasse: Ich verwechsele dauernd die Gänge und knall einen kleineren, anstatt einen höheren Gang in das Getriebe.
Was die Karre gefährlich aufheulen lässt - und mich mehrmals haarscharf durch die resultierende Bremswirkung von derselben runterzuhauen droht.
Mannmannmann, vom coolen Chopperproll der 1995er ist nicht mehr viel zu bemerken...

Halt! Ein bisschen Chopperfeeling kommt doch noch auf. Beschliesse ich doch, mich auf den höher- und vor allem weiter hintenliegenden Soziussitz zu setzen. So haben die Beine ein bisschen mehr Platz. Da sich die Köpfe der Einheimischen mir hinterherdrehen, sehe ich wohl immer noch (turbo?)mässig bescheuert aus... ;-)


Ok. Transport geklärt. Jetzt kommen die Höhlen dran. Die erste Höhle erreiche ich über eine klapprige Holzbrücke. Der Höhlenguide liegt in Badehose im Brackwasser eines Seitenarms des Nam Xong. Er drückt mir eine Taschenlampe in die Hand und winkt mich weiter. Zu heiss um zu arbeiten. So bin ich dann wohl allein in Richtung Schwärze unterwegs. Die Taschenlampe ist besser als mein Headlight, kann aber gegen das alles Licht verschluckende Schwarz auch nicht mehr ausmachen... 
Schritt um Schritt gehts weiter rein. Eine zusammengebundene Holzleiter runter. Mein Magen wird flau. Es ist stockdunkel. Die ersten Tropfsteine von oben. Unebener Boden unten. Kein Mucks. Nur mein Atem und ab und an ein Platsch von einem Tropfen irgendwo.
Beklemmung steigt auf. Ich schwitze, obwohl es in der Höhle deutlich kühler ist, als draussen.
Ahhhhr. Höhlenforschung ist nichts für mich, denk ich mir als ich weiter hineingehe. Nur noch kucken, was hinter der grossen Biegung da ist, und hinter dem eng zulaufenden Trichter. Und hinter dem Feld an Stalaktiten. Ich biege um die Ecke und scheuche zwei Fledermäuse auf. Ich klatsche mich auf den Boden. Im Licht der Taschenlampe kann ich sehen, wie die Viecher lautlos weiter hinein in die Höhle flüchten.
Der Schreck sass. Aus dem Nichts Bewegung. Und wenns nur zwei Fledermäuse waren. Neneneneee. Lieber auf dem LKW Reifen einpennen als in der Höhle nach Herzinfarkt verrotten...


Ich mach mich raus aus dem Ding, wink dem Guide zu, der immer noch im Brackwasser dümpelt und fahr mit dem Moped zurück nach Vang Vieng. Inzwischen ist es so heiss, dass der Teer der Strasse schmilzt und an den Reifen der Autos kleben bleibt. Die schweren LKWs reissen sogar faustgrosse Teerklumpen aus dem Belag der Hauptstrasse. Holy shit!
Ich biege ab auf eine Dirtroad, zahle Maut für eine Holzbrücke, für die ich wegen überlebter Überquerung noch Geld hätte kriegen sollen und fahr weiter auf dem sehr groben Schotterweg. Der Schotterweg hat keine Probleme mit der Hitze, entpuppt sich aber als Tortur für meinen immer noch angeschlagenen Rücken, und das obwohl - oder gerade weil - ich wegen den groben Steinen nur im Schweinsgalopp vorwärtskomme.
Ich bieg an einem Schild Richtung nächste Höhle ab und finde mich auf einem ausgetrockneten Flussbett wieder. Was vorher Schweinsgalopp war, ist jetzt wenig mehr als Schrittgeschwindigkeit. Das soll ne Strasse sein? Ich holper weiter in den Berg hinein, bzw. hinauf. Ich weiss nicht. Das Vespading unter mir ist ganz und gar nicht geländegeeignet - und mein Rücken auch nicht.

Mir kommen zwei Akkha Frauen entgegen, die mich recht entgeistert anschauen: Weiss, in Chopperstellung auf dem Rücksitz von ner Vespa, mit Helm und Sonnenbrille, über Stock und Stein holpernd - und mäßig cool mit den Beinen auf diesem oder jenem Stein abstützend kurz vor dem Abwurf wie ein Gringo auf ner tollwütigen Ziege...

Neeeeeneeneenee. Auch hier dreh ich lieber um. Der Weg ist das Ziel denk ich mir und holper zurück zum Städtchen. Zeit zur Abgabe der Ziege ists eh - und ich brauch auch noch ein Ticket in die Hauptstadt, nach Vientiane.

Den Abend verbringe ich bloggend unter der Pergola des Hotelrestaurants, wo der nette Hotelmanager sich auch zur fortgeschrittenen Stunde um das Wohl seiner Gäste kümmert.
Heute Abend bedeutet das, dass er sich um die heute Nachmittag frisch angekommene, englische Mit-50er-Herrengruppe am Tisch neben mir kümmert. In Harley Davidson Klamotten gewandet aber auf mittelschweren laotischen Enduros reisend, bekommen die Herren jetzt Nutten serviert!
Was heisst hier Nutten? Recht scheue, junge, laotische Mädels in Kleidchen und Ballerinas, verunsichert mit ihren Fingern spielend und verschüchtert sitzen sie am Nachbartisch meines Nachbartisches. Keine spricht englisch. Der Hotelmanager gibt den Übersetzer, die Tommies nebenan die balzenden, geilen Böcke.
Ich kotze. Noch bevor die "Party" auf die Zimmer verschwindet.

Am nächsten Morgen kotze ich immer noch. Beziehungsweise schon wieder. Finde ich mich doch auf dem Notsitz eines gerammelt vollen chinesischen Transporters wieder. 3h kurvige und holprige Folter für mein Kreuz in Richtung Vientiane, meinem letzten Stopp in Laos.

Vientiane muss man nicht gesehen haben, obwohl es recht interessant ist, wie die
kommunistische Partei sich hier mit unverhältnismässigen Prachtbauten selbst inszeniert und das Hauptstädtervolk zum Sonnenuntergang ein Hauch von kosmopolitischem Schönheitsschick in Trainingsklamotten zur Schau stellt. An der Uferpromenade des Grenzflusses stellt man sich nämlich zum Sonnenuntergang den allabendlichen Schauaerobictaebosonstwasgehopse der laotischen Version des Turnvater Jahns, der hier über Headset und Lautsprecher die Masse beflottet.

Ich geniesse den letzten Sonnenuntergang alleine und freue mich auf die Süsse, die jetzt dann gleich in den Flieger steigt und morgen in Bangkok landet. 

Den Transfer früh am nächsten Morgen organisiert Nokair zum Spottpreis. Bus zur Grenze, per Pedes über die Grenze, erneut Bus zum Regionalflughafen in Udon Thani, ab in den Flieger und runter nach Bangkok. Am anderen Ende der Millionenstadt muss ich nur noch zum internationalen Flughafen kommen. Das geht per Taxi am schnellsten. Ja nicht Senada verpassen.

Freu mich tierisch. Acht Wochen sinds, seit sie mich in den Bus zum Flieger gesetzt hat.

Acht Wochen sind lang. Sehr lang. Das zeigt mir auch die Chili-Faust, die ich statt ner liebevollen Umarmung bekomme.
Au. Ziemlich lange acht Wochen.

Einquartiert sind wir in Bangkok im Le Meridien. Ein Hammerschuppen. Der Beste nach acht - aua! - acht Wochen Übernachtungen in Reisfeldern, Hotels, Motels, Homestays, Bussen, Booten, Zügen, Bambushütten und supergastfreundlichen, indischen Sofas.
Auf der anderen Strassenseite beginnt Patpong, das wir nur kurz anschauen. Eine grosszügige Einladung von Senadas Chef setzt uns in die sagenhafte Skybar (s. "Hangover 2") - unbedingt sehenswert, nicht nur der Film. Auch bei nicht einsetzendem Monsunsturm ;-)


Aus einer geplanten Nacht in Bangkok werden zwei. 
Ein Schema, dass uns auf unserer weiteren Reise begleiten wird. Aus einer Nacht in Krabi werden zwei. Aus einem schweren Morgen in Kuala Lumpur werden drei. Wir bleiben länger auf den paradiesischen Tioman Islands und wundern uns in einer, nein zwei Nächten in Singapur, wo die Zeit für Indonesien geblieben ist...

Der Vorstand zu Hause ruft, d.h. in der prozeduralen Nomenklatur der Sprache meines auf der Reise beschlossenen, visionären neu-alten Consultantentums heisst das: "Everything is timeboxed! Priorize the backlog!". 
Auf gut deutsch: wir müssen die Reiseliste zusammenstreichen. 

Was bleibt ist Kultur, Korallendrinks und Küste.
Also...
Bali :-)!

Das kleine indonesische Inselchen mit seiner unbeschreiblichen Mischung aus buddhistischem Grinsen, hinduistischem Strassenverkehr, asiatischer Lebenslust und kosmopolitischer Gastfreundlichkeit hat mich vor nichtmal 16 Monaten das letzte Mal gesehen. Wir pennen in Nusa Dua, zeigen hungrig auf den schwimmenden Fisch im Aquarium zum Essen in Jimbaran, sehen den Uluwatu, spazieren durch Ubud, streiten und staunen am Gunug Kawi und dann mit dem Speedboat auf zur ....

... *magischen* Insel Gili Trawangan! Kaum zu glauben, dass ich schon nach weniger als einem Kalenderjahr wieder aufschlage auf der Insel. 

Ebenfalls kaum zu glauben ist, was seitdem passiert ist: überall wird gebaut. Überall Zement und Steine. Der Norden der Insel abgerissen. Hatte ich letztes Jahr nur ein Luxusresort gesehen (zugegebenermassen habe ich damals nicht die ganze Insel sondern vor allem die Hauptstrasse und die Bars im festen Visier), so sind es nun deren ein Dutzend!
Überall wird gebaut, gehämmert geklopft. Von den zahllosen, luftigen Strandrestaurants - oder Abhängebuden - auf Stelzen ist kein einziges mehr übrig geblieben!! Dafür seh ich jetzt Strandsouvenirshops und Massagesalons, ATMs und Travelagencies...
Wow. Hatte mir schon gedacht, das es die Insel so nicht mehr lange gibt. Das es so rapide voran, nein hinab geht, war mir dann aber auch nicht klar. Also, Freunde: geht hin! Jetzt, solange der Puls der Insel noch schlägt.
Uns nimmt er auf jeden Fall wieder mit; diesmal für fantastische drei Tage, einer farbenfrohen Inselumrundung auf dem Rad, ner Pferdekutschenkollision, Meeresschildkröten, Nachtmarktfood, heilendem Bintang, einem Dieb am Pranger, neugeborenen Muschis kurz vor dem Rudy'sja sogar ein Abstecher ins Tir Na Nog und ein Happy Ending vor dem Sama-Sama sind drin; Nicht zu vergessen zwei unglaublich-einmalige Sonnenuntergänge.

Und so kommts, das ich genau wie letztes Jahr wieder zu früh von der Insel runter muss.
Bis zum nächsten Mal. Solange der Puls noch schlägt... 

Genau wie letztes Jahr, noch n Tag Sanur, dann trennen sich unsere Wege. Die Insel bleibt da, Senada fliegt nach Bangkok, ich nehm die günstigste Verbindung über Kuala Lumpur um den letzten Teil meiner Reise zu beginnen:

On Tour mit Antonia! Zeit mit der schönsten Brünetten unter 30 loszulegen. Thailand und Toni! Jawollja!
Einen Post bevor ich am 21. Juni 2013 wieder im Lande verweile und bleibe, wird es noch geben! Bleibt dran und gebt mir ein Like! 


Samstag, Mai 18, 2013

Vom Dschungel auf den Fluss der Flüsse, zu den Mönchen und ab in den Schlauch

[Ventiane 17.Mai 2013]


Laos ist ein Traum. Kommt her, solange dass noch so ist! 
China arbeitet zusammen mit der kommunistischen Landesregierung bereits am Ausverkauf. 

135 (in Worten: hundertfünfundreissig!) Staudammprojekte sind aufgesetzt um den Mekong aufzustauen und damit dem armen Land Stromdollars von den energiehungrigen Nachbarn aus Thailand und China einzubringen. Auch treiben beide Nachbarn fleissig Investitionen im Tourismus voran. China setzt desweiteren auf Kautschukmonokulturen für die Reifen der landeseigenen Automobiindustrie. Vor allem die Staudammprojekte werden das Bild des Landes in den kommenden Jahren wesentich verändern...

Genug gemotzt! Lasst mich erzählen, wie ich Laos erlebe:
Wenn ich die Inder hektisch wahrgenommen habe, so sind die Thais freundlich umtriebig.
Und die Laoten? So was von lääääässssig laid-back, das hab ich bis jetzt in Asien noch nicht gesehen!
Die sind so laid-back, dass die Geschwindigkeit im Strassenverkehr selbst auf der Landstrasse selten 40km/h übersteigt, die Damen der Schöpfung auf den Mopeds einhändig steuern, um mit der anderen Hand den Regenschirm als Sonnenschutz zu halten;
So laid-back, dass der Hillux-Fahrer der Gibbon Experience zum CD wechseln schon mal an den Strassenrand fährt und anhält, obwohl nichts, wirklich nichts auf der Strasse los ist...
So laid-back, dass hier von vorneherein ausgewichen wird, um die entgegenkommenden Autos nicht von ihrer Ideallinie der falschen Strassenseite zu nötigen; LKW Fahrer, die mit Blinkzeichen in den engen Bergstrassen Überholmöglichkeiten signalisieren und Tuk-Tuk Fahrer, die auf ihren Pritschen in Hängematten liegen und ihre Fahrdienste mässig motiviert mit einem Augenzwinkern anbieten...
Viele Männer tragen hier einen superlangen Daumennagel. Wohl um zu zeigen, dass sie nicht mehr hart anpacken müssen und bei ihnen nix mehr abbricht. 

Kurzum: mir gefällts hier. Total.

Selbst die Grenzer sind laid-back. Recht chaotisch geht es zu am Morgen, nach dem Übersetzen über den Mekong auf laotischer Seite. Zwei Handvoll Traveller warten auf das Visa-on-Arrival in ihren Pässen und darauf, die 30$ Gebühr abzudrücken. Man könnte hier problemlos durchlaufen, keine Absperrungen, nur ein Schild: "Check-In" das nach rechts auf ein kleines Schalterchen zeigt.
Hier sammelt ein Grenzer alle Pässe ein, ein anderer die Devisen und wieder ein anderer macht eine halbe Stunde später eine Pass-Tombola: er posaunt die für ihn unaussprechlichen Namen und das Herkunftsland des jeweiligen Passinhabers hinaus und drückt dann demjenigen, der meint, er habe seinen Namen gehört, den Pass in die Hand. 
Grossartig!

Nächste Station: Geldwechseln. So schnell wird man Millionär. Es reichen bereits 100€ um ein Kip Millionär zu werden.

Mit dem richtigen Pass in der Hand lauf ich das kleine Hügelchen hoch und biege auf der einzigsten Strasse des Grenznestes Hoau Xay links ab, zu den Jungs der Gibbon Experience. Obwohl der Reiseführer schwarz malt - oft auf Monate ausgebucht! - haben die für mich tatsächlich noch ein Plätzchen frei!


Die Nebensaison machts möglich und packt mich die nächsten drei Tage auf ein Baumhaus mitten in die Baumkrone. Nach drei Stunden Fahrt im alten Freund Hillux und zwei weiteren Stunden Hike sitz ich mittendrin im tiefsten laotischen Dschungel. Die erstaunlich komfortablen Baumhäuser mit Dusche und Scheisshaus auf 45m Höhe erreicht man nicht über Treppen, nicht über Seile oder Strickleitern. Nein, einziger Zugang und Abgang sind Drahtseile, an denen man sich einklinkt und drauflos rauscht.
Ach was erzähl ich - seht selbst:


Die Tage im Regenwald sind toll. Traumhafte Natur. Ein Haufen Spass an den Ziplines, die
bis zu 400m lang und schweinehoch sind. Teilweise gehts von Tal zu Tal im Affenzahn.

Ah, Affen. Ja die gibts auch, wir sehen sie sogar, die Gibbons, die hier leider nahezu ausgestorben sind. Gerade mal drei Gruppen a 8 Affen turnen hier noch rum. Eine kommt am ersten Morgen vorbei und weckt mich mit ihrem unbeschreiblichen Gesang. 
Andere Besucher sind von der bunt gemischten, achtköpfigen Studentengruppe, die mit mir im Baum haust weniger willkommen: Handtellergrosse Spinnen im Baumhausdach und Blutegel am Boden.


Gut, die Blutegel sind in der Tat nicht so prickelnd. Reissen Löcher in die Unterschenkel. Aber die handtellergrossen Spinnen im Baumhaus kümmern sich ausschliesslich um die Insekten. Kein Grund zu Panik, zur Massentötung oder zu exzessiven Deet Orgien ;-)

Die Nächte in dem Baumhaus sind traumhaft. Auch hier kommen die Monsunstürme langsam an. Weit ab seh ich es blitzen, horizontal in die Bäume des Regenwaldes einschlagen, aber auch vertikal über den ganzen Himmel rollen die Blitze. Einzigartig. Besonders. 
Ich bin sehr dankbar für die Momente ganz oben im Zeltdach der Natur. 
Fantastisch. Obwohl die Meditation nicht funktioniert. 
Es krabbelt einfach zu viel auf diesem Baum - und in der Vipassanastunde auch auf mir...

Slowboat vor den Pak Ou Höhlen

Zurück in der Zivilisation wechsele ich das Transportmedium. Von dem Karabinerhaken auf einSlowboat - den Mekong hinab in Richtung Luang Prabang. Seinerseits Unesco Weltkulturerbe und laut Reiseführer die am besten erhaltenste, antike Stadt Asiens.
Und das trotz der Kriegswirren und dem Kräfteringen der Weltmächte im Indochinakrieg. Trotz der amerikanischen Bomben im Vietnamkrieg - der Ho Chi Minh Pfad der Vietcong verlief durch Laos und das macht Laos bis heute zu dem meistbombardiertesten Land der Welt. 
Auch die flächendeckende "Entlaubung" mit Agent Orange kann man immer noch an den Hängen des Mekongs sehen. Das Zeug ist so giftig, dass die Natur hier immer noch keinen Fuss zurück setzen konnte. Freie Flächen mitten im Urwald. Eine Schweinerei für die die USA im Übrigen bis heute keine Entschädigung an das kriegsneutrale Land Laos gezahlt hat.
Die Laoten gehen mit dem Erbe zweckmäßig um. Auf den Märkten in Hua Xay und auch in Luang Prabang seh ich "Kriegskunst" - aus dem Blech der amerikanischen Bomben wird alles Mögliche gefertigt und verkauft. Von Ohrringen bis zum Löffel ist alles zu haben; auch werden die Hülsen der Bomben bis heute von den Bergvölkern als Stützen für Ihre Stelzenhäuser eingesetzt...

All das geht mir durch den Kopf als ich so den Mekong hinabgleite. Und das auf einer Luxusausführung von einem Slowboat, die irgendwie so garnicht in das kleine kommunistische Land passt.

Die Schifferei selbst ist wohl nicht ganz trivial. Von eingefassten, ausgebaggerten Flüssen a la Rhein und Donau ist hier keine Spur. Der Kapitän macht weite Bögen, mal an das laotische, mal an das thailändische Ufer. Meistens direkt auf den eigenartigen Strudeln, auf die ich mir so gar keinen Reim machen kann...

Die Stunden vergehen. Das Boot ist für 40 Personen ausgelegt - wir sind zu zehnt! Ich mach mich lang auf den Pornokissen am Bug und gönne mir herrliche Schläfchen zwischen den Mahlzeiten. Links und rechts gleitet majestätisch der Regenwald vorbei.
Arbeitselefanten schleifen Holz aus dem Urwald. Kinder spielen am Ufer. Ab und an knattert ein Speedboat in einem affenartigem Zahn an uns vorbei. Die Insassen tragen allesamt Schwimmwesten und Helme(!). Der Reiseführer spricht von vielen und regelmässigen Unfällen inkl. Toten aufgrund der Rasereiund der vielen Untiefen auf dem Mekong, dem einzigen Fluss, der im Laufe des Jahres seine Flussrichtung ändert.

In den nächsten zwei Tagen bringt uns der Fluss 320km nach Südosten - die bequemste Strecke die ich in Laos zurücklegen werde. Der Zwischenstop zur Übernachtung ist superb. Das Resort ist nur vom Fluss aus zu erreichen und so weit die beste Unterkunft auf meiner gesamten Südostasienreise. Passt so garnicht zur letzten Nacht im Baumhaus...

Als wir anlanden, eilen uns Frauen als Gepäckträger entgegen. Keine Möglichkeit meinen Rucksack selber zu tragen...
So sind von der zierlichen Laotin nur noch die Beine zu sehen, als sie meinen Rucksack die Anhöhe nach oben wuchtet. Auf dem Bild oben ist das gelbe Moskitonetz gut über den zierlichen Beinen zu sehen ;-p.

Bevor wir am nächsten Tag in Luang Prabang anlanden, werden die 10 Touristen vom Boot
noch durch ein Dorf getrieben. Eins der klassischen Dörfer, die keine Strassenanbindung haben. Der Mekong ist auch hier die Lebensader des Dorfes. 
Versorgung, sei es ärztliche oder das, was man nicht selbst herstellen kann, kommt vom Fluss. Auch der Lehrer kommt mit dem Boot. 

Als wir ankommen, springen die Frauen aus den Stelzenhäusern und breiten ihre Waren aus. Selbstgewebtes vom eigenen Holzwebstuhl und Importware aus dem nahen China. Dazu gibt es noch selbstgebrannten Lao-Whiskey. 
Ätzend.
Der Whiskey - und die Touristenveranstaltung.

Erwähnenswert: die Regierung betreibt aktive Umsiedlungspolitik der Bergvölker. Die werden gezwungen sich bei den Laoten im Tal anzusiedeln - um eine Mindestschulbildung und Mindestgesundheitsversorgung zu gewährleisten. So auch in dem Dorf. Die Einheimischen, die gerade ihr Selbst- und Fremdgewebtes anbieten, und ein Bergvölkchen das das nicht tut (darf?) leben hier zusammen. Ein trauriger Haufen. Schon auf den ersten Blick sieht man das Konfliktpotential. Unterschiedlicher Häuserbau, unterschiedliche Rechte im Dorf, unterschiedliche Agrarwirtschaft, ja, sogar eine gänzlich unterschiedliche Sprache. Jeder bleibt für sich. Zusammenleben - laut Guide - tut man aber seit dem Zeitpunkt der Umsiedlung vor zwei Jahren "glücklich" und "in Frieden".
Genau.

Luang Prabang. Ein Stadt wie im buddhistischen Dornröschenschlaf. Tempel an Tempel an Tempel. Die Ältesten reichen bis in das 16. Jahrhundert zurück. Hier ist die Zeit irgendwann irgendwo einfach stehengeblieben. Hübsch zwängen sich die französischen Provinzialbauten zwischen die Tempel. Überall grün. Kaum Verkehr. Sehr laotisch laid-back hier - und heisssss. Puh.


Zum Sonnenuntergang steige ich auf den Phou Si auf - und öle was das Zeug hält. Neben mir steht eine Indonesierin - und ölt genau so! Wir lachen und ölen die nächsten zwei Tage zusammen durch Luang Prabang. Gustini ist Assistant Manager einer grossen Hotelkette auf den Malediven und ist bestens in Luang Prabang vernetzt. So komm ich zum ersten Mal auf meiner Reise dazu in einen edlen 25m Hotelpool einzubomben. Ahhhh, das zischt!

Zischt nicht, ist aber schön anzusehen: Jeden Morgen um 5:30 sieht man lange Mönchsprozessionen, die mit ihren Bettelschalen bei den Bewohnern Almosen einsammeln. Sehr besonnene, ruhige Momente sind das, während die Sonne aufgeht.

Was ich weniger geniesse, sind meine Rückenschmerzen. Noch Resultat der Gibbon Experience - hier hat es am zweiten Tag mächtig im Rückgrat geknackt - hat sich das über die letzten sieben Tage so aufgebaut, dass ich vollkommen verspannt bin, nicht mehr schmerzfrei atmen kann und nur noch auf dem Rücken schlafen kann. Der gesamte Brustkorb krampft. Abhilfe muss her, denn langsam krieg ich Schiss. Ärztliche Versorgung in Laos ist nicht; es wird empfohlen, nach Bangkok oder Singapur auszureisen. Damit wäre meine Laosreise hier zu Ende.

Es muss doch noch ne andere Möglichkeit geben, denk ich mir und so lande ich in einer laotischen Bretterbude, äh Sauna. Zusammen mit ner handvoll Laoten geh ich hier bei 38 Grad und 70% Luftfeuchte in den Schwitzkasten. 
Ich hab sie nicht mehr alle!

Die Sauna hat einen strengen Geruch nach abgestandenem Strumpf. Bäh.
Als ich den angebotenen Tee in dem Stelzenhaus probiere, wird mir klar - der Tee schmeckt genau so, wie die Sauna riecht. Das muss also irgendein Kraut und nicht irgendein vergessener Strumpf sein. 
Hoffentlich.

Die anschliessende Massage bringt Qualen. Die Masseurin kennt genau ein englisches Wort: "Sore" - schmerzhaft.
Schnell findet sie zwei verkrampfte Punkte auf meinem Rücken. "Sore?" fragt sie und rammt ihre Finger rein.
Jaaaa! SORE! Verdammte Scheisse - und wie!!!

Ich stöhn ins Kopfkissen und bin unschlüssig, ob ich einfach ohnmächtig werden soll oder  an die Decke springen und in meinem Sarong aus der Sauna fliehen soll.
Die Masseurin lacht. "Sore, very sore" :-)
Sie verspricht, mir morgen etwas Medizin mitzubringen, für mein Sore Kreuz. Holy Shit!
Nach ner Stunde bin ich fertig und eiere ins Guesthouse zurück. 

Der nächste Tag bringt die gleiche Spendenprozession der Mönche am Morgen, ein bisschen weiteres Tempelsightseeing - und die gleichen Schmerzen bei Sore, meiner Masseurin. Den Namen hat sie sich echt verdient.
Die Knoten würden sich in 3-4 Tagen lösen, meint sie. Na hoffentlich, lange geht nämlich nicht mehr. Ich kann nicht niessen, lachen, husten oder sch**en. Kein Witz. Alles was Druck auf den Brustkorb gibt, geht nicht...

Am nächsten Morgen bilde ich mir ein, dass es besser geht und so versuche ich mein Glück weiter Richtung Süden. Den VIP Bus hätte ich gerade verpasst aber es wär noch Platz in einem Minivan frei, sagt man mir. 
Mmmmhh. Minivan - mir fällt das Shared Taxi aus Indien ein, zusammengepfercht auf dem Beifahrersitz mit dem Kreuz...?
Ich sag ja und schwupps sitz ich wieder auf dem Beifahrersitz - ohne blindem Passagier mit Schaltknüppel zwischen den Beinen diesmal. Die Fahrt geht durch traumhafte Berglandschaft hinauf und hinab nach Vang Vieng, dem Mekka der Backpacker in Laos. Vorbei am liegengebliebenen VIP Bus ;-)
In Vang Vieng lässt man sich auf Pilzen, äh, auf aufgeblasenen LKW Reifen vor traumhafter Kulisse den Nam Xong runtertreiben oder unternimmt aufregende Höhlenwanderungen in langen Grotten, die man teilweise durchwaten (Marc) oder -schwimmen (Rest) muss...

Mehr dazu wannanders, ich muss schlussmachen, morgen geht es zeitig zurück nach Bangkok, wo die Süße zwecks gemeinsamer Weiterreise ankommt.
Ab morgen schwimmt der Reisefisch bis auf weiteres nämlich nicht mehr allein!

Cheers!



Donnerstag, Mai 16, 2013

Vom Süden Indiens in den Norden Laos

[Vang Vieng, 14. Mai 2013]

Die Zeilen hier erreichen Euch von einem ehemaligen CIA Stützpunkt mitten in Laos. "Lima Seven" war während dem Vietnamkrieg Operationsstützpunkt des CIAs - die Operationen die heutzutage hier laufen, haben mehr mit besoffenen Touristen zu tun. Es ist eine ziemliche Partymeile, die ich allerdings in der Nebensaison erreiche, daher habe ich perfekte touristische Infrastruktur und dennoch Idylle inmitten der tollen Natur!

Aber ich will Euch erzählen, wie ich hierher gekommen bin, den eigentlich wollte ich ja zunächst nach "MmmmmMysore", nicht wie die Italienerinnen nach "MmmmBangalore" - ihr erinnert Euch..

Über Nacht stosse ich also weiter nach Süden vor - problemlos per Bus. In Mysore selbst mache ich recht wenig da ich mich - direkt am ersten Abend - am westlichen Buffet des Hotels überfresse. Nach 5 Wochen das erste Mal Pasta, ihr könnt es Euch denken, was der Schwabenmagen macht...

Falsch! Er verdirbt! Tatsächlich!
Kaum zu glauben! Von den Strassenständen kann ich essen - und des Schwabos Bausubstanz haut mich aus den Schuhen! Ich werd verrückt! Das gibts nicht!
Leider gibts das doch - ich werd krank. Fieber und Durchfall schalten mich für 24h einfach ab.

Ein wenig wackelig auf den Beinen geht es zwei Tage später durch den wie gewohnt hektischen indischen Grossstadtverkehr. Nee, nicht zu Fuss: ich nehm mir nen Taxi. "Master Blaster" zeigt mir die Stadt - und bringt mich auch an Orte, an die ich garnicht will. Die Bindi-Dreher sind noch recht nett. Wusste nicht, dass die indischen unschlagbar günstigen Zigaretten (20 Cent das Päckchen) tatsächlich noch manuell gedreht werden. Bis zu 3000 Stück dreht der Mann hier auf dem Bild täglich.

Was "Master Blaster"
ausser Bindis sonst noch
so raucht, sieht man hier
Als mich "Master Blaster" bei einem Herbalshop absetzt, weiss ich, dass ich in ein Tourischleppertaxi geraten bin. Ich nehms sportlich und lass mich durch die Verkausvorführung sülzen.

Sandalwoodöl als Allheilsmittel, Schwarzes Yasminöl als männliches Aphrodisiakum, weisses Yasminöl als weibliches Aphrodisiakum. Blablablablabla. Sonstiges Öl gegen Asthma und noch ein anderes gegen Exzeme. Alle Öle krieg ich auf die Haut geschmiert, so dass ich bald dufte wie in einem tschetschenischen Hinterhofbordell. Bäh!

Bei dem Wasserlilienöl gegen Moskitos werd ich allerdings schwach, hatte ich davon doch schon in Hampi gehört... Mit den Backwaters in Kerala steht ja auch noch ein idealer Testlauf an, also her mit dem Zeugs, zum superbilligspecialpreisnurfuermich - versteht sich!

Als ich Master-Blaster nach dem Herbalshop verklickere das ich keinen Bock auf eine weitere Station auf seiner Butterfahrt hab, setz er mich am Markt ab. Laut Reiseführer dem Grössten und Schönsten in ganz Süd-Indien. Von tollen Fotomotiven wird hier geschwärmt.
Also dann mal kucken.
Ich werd angesprochen, ob ich helfen könnte beim Übersetzen von Waren in meine Muttersprache, fragt der Teen und führt mich...
... zu einem Sandalwoodölverkäufer der schon mit offenen Probier-Ampullen darauf wartet, mir eine weitere Ölung zu verpassen.
Come on Jungs! No way! Sucht Euch einen anderen Dummen, denk ich mir und setz mich ab.

Vor den Toren des Marktes ist es dann so weit: nach 25 Tagen und 1563km in Bus, Bahn, Taxi, Moped, Fahrrad und Tuk-Tuk in Richtung Süden erwischt er mich: der erste Monsunregen.

Wow! Der Himmel macht die Schleusen auf. Es kommt mehr runter als der Boden aufnehmen kann und so steht ruck-zuck alles unter Wasser - ich stell mich unter und werd daher mehr von unten, als von oben nass :-)

Problematischer als das Nasswerden, ist der weitere Weg. Obwohl der Regen nachgelassen hat, ist nach wie vor alles voller Wasser. Und damit sind die vielen Löcher im Strassenbelag nicht mehr zu sehen! Ideale Fussfallen und Bänderdehner!

Es ist Sonntag abend. Zeit für die Stadtverwaltung von Mysore den Palast zu beleuchten. Wie jeden Sonntag zwischen 19:00 und 20:00h.
Trotz Nieselregen toll anzusehen! Ein Palast wie aus 1001 Nacht.


Der Monsun klopft also bereits an - Zeit für mich, mein letztes, südlichstes Ziel anzusteuern und dann vor dem Monsun aus Indien zu fliehen.
Das heisst konkret: Ab nach Kerala. Am Südzipfel Indiens. Schweineheiss. Tropisch. Grün. Drückend. Sitzen im Schwitzen. Ähh Schwitzen im Sitzen. Du tust nichts - und sitzt in Deinem eigenen Saft.
Der Nachtbus speit mich am nächsten morgen direkt in die schwüle Hitze aus und ich mache mich dröge auf Erkundung.

Kochi - grösster Ballungsraum in Kerala und ehemals wichtiger Handelspartner mit dem Europa des Mittelalters - besticht durch nette portugiesische Architektur die auf mehrere Halbinseln versprenkelt ist. 
Fort Kochi ist die pittoreteske(?) davon - also mein Ziel an diesem schwülen Morgen. Abenteuerlicher Fährbetrieb setzt mich über und ich leih mir ein Vorkriegsfahrrad. No way, dass ich hier irgendetwas Anstrengenderes mache.
Ich radel durch die wirklich schöne Altstadt, dem Judenviertel voller Kunsthandwerk und - siehe da - bekannte Gesichter! Und Gesten: Die Italienerinnen aus Hospete winken von der Strassenseite! Grosse Begrüssungs- und Wiedersehensfreude obwohl man nur gemeinsam auf einen Bus gewartet hat. Sehr sympathisch, italienisch eben ;-)

Neben Fort Kochin gibt es noch weitere zwei Sachen, die man in Kerala unbedingt machen muss: Eine Aryuveda Massage und eine Bootsfahrt durch die Backwaters, 80km südlich.

Punkt 1: die Ayurvedamassage
Hier bekomme ich - vollständig entkleidet - zunächst einen Papiertanga aus Klopapier umgebunden. Eine äusserst dünne Angelegenheit die zudem meine Männlichkeit nur unzureichend zu bedecken vermag. Eigentlich schauen die Familienjuwelen links und rechts heraus. Ob das so sein muss? Frag ich mich und leg mich auf den Rücken auf die Liege wo die Massage beginnen kann.
Los geht's. Von Massage keine Spur. Von hübscher Masseurin ebenfalls! Ein bärtiger, stämmiger Inder frottiert mich hier ab! In hoher Geschwindigkeit wird mit kräftig Druck an mir rumgerubbelt. Und zwar von der Birne bis zum Zeh in einem Rutsch. Uhhh... 
Achso ja, ich erinner mich: Aryuveda ist ja die Lehre der Körpersäfte. Und die werden hier ordentlich in Schwung gebracht.
Und nicht nur meine, auch die des Masseurs: als ich nach der Stunde ihm ins Gesicht schaue, schaue ich in einen Wasserfall. Holy Cow - ich hab noch nie einen Inder so schwitzen sehen! Der arme Kerl schwimmt in seinem Saft, wie ein Eiszapfen in der Sauna!

Punkt 2: Durch die Backwaters
Wow. Die Backwaters sind ein verzweigtes Wasserstrassennetz im Süden Keralas. 29 Seen und Lagunen und ein Haufen Kanäle bilden hier 1500km natürliche Wasserstrasse. Das Ganze im tropischen Stil. Kokospalmen und hohes Grünzeug, wohin das Auge sieht. Ich sitze im Schatten eines aus Kokosfasern zusammengeknotetem Hausbootdaches und gleite mit einem halben dutzend anderer Touristen geräuschlos durch die Kanäle. Angetrieben wird das Boot nämlich durch Muskelkraft. Vorne und hinten steht jeweils ein armes Schwein, äh, Menschlein, das mit einem langen Bambusstab das Boot vorwärtsstösst.

Vergehe ich bereits im Schatten unter der Hitze im Sitzen, habe ich riesigen Respekt vor den zwei Bootschubsern in der prallen Sonne.
Die Fahrt ist super. Gemählich geht es dahin, es gibt Mittagessen, ein, zwei Stops wo man die örtliche Genossenschaftsindustrie (Kokosnuss und Muschelverarbeitung) besichtigen. Dann wieder weiter, geräuschlos, entspannt (nicht für die Stöcke in der Hand halten...) und vor allem laaangsam in dem doch ziemlich hektischen Indien...



Meine Zeit in Indien nähert sich dem Ende. Während einem weiteren Monsungewitter surfe ich abends nach Optionen zur Weiterreise. Mein Ziel ist Thailand, um von da entweder Richtung Süden ein wenig zu tauchen, zu surfen oder endlich das Kiten zu lernen - oder nach Norden, nach Laos. Wer weiss, wo die Reise hingeht..

Nächster Halt ist zunächst also Bangkok, Thailand, das Land des Lächelns.

Bäng-kok! Genau! Ziemlicher Bäng für mich - überall! Kulturschock. Vor allem im Verkehr: es herrschen Regeln! Ja, die Leute halten. Für mich! Ja, die winken sogar anstatt am Gasgriff zu drehen! 
Wahnsinn! Ich bin so auf zwischen-den-Autos-hindurchspurten konditioniert, das ich es am Anfang überhaupt nicht raffe. Die halten - und ich kann gemütlich über die Strasse gehen! Es existieren Regeln - nicht nur Hupen! Und Bordsteine! Und Abfalleimer! 
Da ich den Müll in den letzten Wochen überhaupt nicht mehr wahrgenommen habe, bin ich nun total geplättet, wie sauber diese Millionenstadt ist. Fast schon klinisch!
Was ist aus dem "Moloch" von 2006 geworden? Hat sich wirklich so viel verändert - oder bin ich es vielleicht, der sich verändert hat...?

Egal - die Erfahrung aus 2006 sagt mir zumindest, wo ich für meine Weiterreise in Bangkok hin muss: in die Khaosan Road. Das Mekka der Backpacker! Ich kaufe einen frischen Satz Klamotten und einen Reiseführer für Thailand. Im Gegenzug lass ich meinen Reiseführer Kambodscha da. Ungelesen und unnütz 4 Wochen durch Indien geschleift, bringt das Ding symbolische 2€ ;-)
 
Bei der Lektüre im neuen Reiseführer wird dann schnell klar, wohin die Reise geht. Wind und damit Wellen gibt es im gesamten Süden Thailands nur zwischen Januar und März.
Damit schlurfe ich in das nächste Reisebüro um die Ecke und löse mir ein VIP Busticket für die nächste Nacht nach Chiang Khon. Nördlichster Grenzübergang nach Laos. 

Laos ich komme!   

Donnerstag, Mai 09, 2013

Hitzschlag, Gewehre und Geschichten in Hampi

[Hua Xai, Laos 09. Mai 2013]

Ich bleibe viel länger, als geplant. Steh früh auf, unternehme lange Wanderungen und probiere vor 11:00 aus der Hitze rauszukommen, was mir nicht immer gelingt.
Das das sonst ganz schön unangenehm werden kann, lern ich gleich am ersten Tag.

Ich mach mich um 6h30 auf den Weg. setze mit einer Nusschale über den Fluss und lauf durch die erodierte, blanke Felsenmasse völlig einsam zum einem der berühmtesten Tempel Hampis (Vitthala Swampi). Der kostet Eintritt. Das wäre ein Kombiticket, und ich könnte damit auch die 12km entfernten, anderen Tempel besichtigen; so erklären mir das die drei bewaffneten Securityposten.
Da ich aber nur in den will, lässt man mich für die Hälfte rein - mein Eintrittsgeld verschwindet statt in der Kasse vor meinen Augen direkt in den drei Hosentaschen des Sicherheitspersonals... Aha.

Ich mach mit meinem iPhone eine Panoramaaufnahme und hab Zwei der Drei hinter mir. "Oooh, Apple!" Wie viel denn so ein iPhone wert wäre, wollen Sie wissen... 
Also langsam wird mir hier aber ganz schön mulmig...

WTF - Wohin soll das führen? Denk ich mir und setz mich in den Schatten. Ich bin mit den drei Gewehren hier in den Vormittagsstunden ganz allein...
Zum Weiterknipsen hab ich nicht so richtig Lust. Will meinen "Wert" nicht noch weiter steigern ;-)
Als ich noch rumgrübele, kommt ein Truppentransporter der indischen Armee und setzt zwei Dutzend Soldaten ab, die hier ebenfalls Sightseeing machen.
Jawollja, selten hab ich mich über im Bild stehende Soldaten mehr gefreut ... ;-)

Ich versuche einen Überblick von oben zu bekommen und fang an, die den Komplex einfassenden, wie riesige Murmeln aberodierten Felsen zu erklettern...
Hui - die Felsen sind nicht nur von ekelhaft störrischen Dornenbüschen umrahmt, nein, sie schirmen auch das bisschen Wind ab, das unten im Tempel für ein wenig Luft gesorgt hat.

Egal.
Ich komm nicht weiter. Durch die Dornenbüsche führt jedenfalls kein Weg. Auch an lichten Stellen bohren sich die Dornen in meine Kleidung, halten mich wie Fangarme. Ignorier ich das und geh einfach weiter reissen, sie mir tatsächlich Löcher ins Shirt anstatt einfach abzubrechen. So widerspenstig! Unglaublich.
Auuu! Die Borsten der Kletten hängen in meinen Socken und stechen in die Haut. Das Unterholz hier hat mich gern. Lechzt schon fast nach mir, hält sich fest, als ob ich sie mit aus der Hitze nehmen soll.
Puh! Nur an den Dornbusch-freien Stellen geht es nach oben, nach oben, nach oben. Raus hier - sauanstrengend. Hier bloss nicht umfallen. Hier sucht Dich keiner! Ich merke wie mein Körper überhitzt. Die Schatten sind zwar noch recht lang, aber die Betriebstemperatur schon im roten Bereich. Ich trinke Wasser in kleinen Schlücken. Das ist ebenfalls bereits sauwarm, aber dennoch köstlich.

Das Klettern wird einfacher. was gut ist, denn mir wird schwindelig. Kein Gebüsch mehr, nur Steinmurmel an Steinmurmel. Teilweise bizarr aufgetürmt. Sehr griffiger Fels. Es geht jetzt zügig voran. Das erste Lüftchen lässt sich schon wieder blicken...
Der Weg nach oben hat sich gelohnt. Der Wind ist wieder da und föhnt das angerissene, völlig durchgeschwitzte Shirt trocken. Der Blick macht die Strapazen weg.

Kaum bin ich von den höheren Felsen wieder runter, hat mich die Hitze wieder. Hilft ja nix. Ich steige ab und laufe dem von grünen Kokospalmen eingerahmten Fluss entlang. Der Virupaksha Tempel kommt in Sicht. Wow. So wie der sich in die Luft reckt erinnert er an einen Inka Tempel. Da kann man die vergangene Kultur förmlich spüren! Das Treiben in den Gässchen der Hochkultur, der Handel mit Rosen, Gewürzen, Edelsteinen. Elefanten in den Gassen. Opfergaben auf den Altaren...
Yeah! Opfergaben. Unschuldige, die in der Hitze freiwillig blutrünstig bei lebendigem Leib gegart werden...
Häh? Ich fang an zu spinnen, denn ich bin trotz Mittagshitze bereits wieder auf dem Weg nach oben:


Mann! Ist das heiss! Die Hitze knallt jetzt nicht nur von oben sondern auch von überall von den Felsen auf mich ein. Links, rechts, oben, unten, überall strahlt die Hitze. Die Sohlen meiner Schuhe schmatzen am Boden - bild ich mir das ein, oder ist das schon so heiss, dass die Schuhsohlen weich werden?

Meine 3l Wasser sind alle und der Zeiger nahe an der 12:00h - höchste Zeit nun aber wirklich aus der Sonne rauszukommen. Ich steige ab, wandere recht benommen an einem von Ziegen und Affen bevölkerten Tempel vorbei und komme endlich in Hampi an. Ab in den Schatten eines Restaurants. Der Ventilator kühlt nicht. Auch die kalte Cola kühlt nicht. Mir wird kräftig schwindelig. Mein Gehirn fühlt sich an wie eine köchelnde Portion Risotto auf der Herdplatte aus der die Gemüsebrühe verdunstet. What?

Meine Hütte inkl. Wachhund
Ich muss mich hinlegen, schlepp mich zu Mardan und hänge ab. Ohne nur ein Wort zu sagen, hänge ich den gesamten Nachmittag in einer Hängematte, trinke galonenweise Kühlwasser für den Reaktor und starre an einen Punkt. Kein Kopfweh, keine Überlkeit, nur Brei in der Birne.
Ich hoffe, das Risotto ist bald fertig.

Gegen Abend päppelt mich Mardan's Caj wieder hoch und ich geh früh ins Bett.
Intensive Alpträume bereiten mir eine recht irritierende Nacht.

War das ein Hitzschlag? Wenn nicht, dann war ich wohl nah dran.
Im Laufe der nächsten Tage erinnere ich mich an einen alten Trick, die Hitze aus dem Körper zu bekommen: Wadenwickel!
Und so sieht man den Marc an den nächsten Abenden des öfteren mal mit einem nassen Handtuch um Birne und Waden. Sieht bescheuert aus - funktioniert aber!

Einen Schlag der anderen Art krieg ich anderentags auf dem weitläufigen Gelände der Ruinen des königlichen Hofes. Hier springen aus dem Nichts drei Soldaten mit prächtigem Schnauzbart - und gewaltigen Sturmgewehren!
Ihre Gesten sind eindeutig: "Herkommen!" "Hinstellen!"
"Photo machen" ;-)

Mann, ihr könnt einem aber auch einen Schrecken einjagen, denk ich mir, während der Schreck langsam, Aufnahme um  Aufnahme in der Mitagshitze vergeht...

Neben der Natur und der vergangenen Kultur macht vor allem auch das Guesthouse mit ihren Charakteren den besonderen Reiz diesen Ortes aus.
So z.B. Susi aus Spanien, die in einem weissem Saree rülpst, Rotz hochzieht und ausspuckt wie eine Rotznase aus der dritten Klasse.
Oder Max und Jason aus Australien - beide in den Twens und seit 4 Wochen da - sind aber noch nicht einmal jenseits des Flusses in den Tempelanlagen gewesen.  Max erinnert mich sehr an Sebi, einen Freund aus meinen Twens.
Ähnliche Weltanschauung, ähnliche, grundlegende Gespräche. Nur Max setzt sie um. Ist Geschäftsführer einer Firma, die in einem Think Tank Co2 negative Produkte entwickelt. Also z.B. an einem Plastikputzhandschuh arbeitet, in dem Pilzsporen eingearbeitet sind. Diese Pilzsporen zersetzen den weggeworfenen Handschuh und lassen so - in Verbindung mit Wasser - aus dem ehemaligem sterilen, undurchdringlichen Plastik Dünger für den Boden werden…

Ein anderer, alter Bekannter begegnet mir tags drauf. Thomas Volk in der Gestalt von Thomas Wirsing. Thomas ist von Mardans Skate Bowl angelockt worden. Die Skate Bowl haben vor ein paar Wochen ein paar Deutsche Mardan hinterlassen. Die kamen aus Bangalore vorbei, wo sie Bangalore's ersten Skatepark gebaut haben - sponsored by Levi's.
Die drei hatten von dem Sponsorengeld noch was übrig und so haben sie kurzerhand innerhalb von einem Tag Mardan mit Beton eine Bowl in das Cafe gegossen.
Und die lockt jetzt Thomas an, der für ein Filmprojekt durch Indien reist - oder besser skatet. "Skating India" sozusagen.
Auch andere Skater lassen nicht lang auf sich warten. Vincent + Bruder + Freundin aus den französischen Pyrenäen oder die Meute aus den Malediven.

Und da wäre noch Ferdinand. Ein hagerer Deutscher auf Plastikmission. Er durchkämmt die Gegend seit drei Jahren und missioniert mit einer unglaublichen Energie die Dörfchen in der Umgebung, Plastik zu sammeln anstatt sie achtlos in die Gegend zu feuern. Das gesammelte Plastik trennt seine Organisation und bringt sie zum Recyceln nach Bangalore.
Nebenbei kümmert er sich um tollwütige Hunde. Bzw. versucht Prozesse zu etablieren, um die Tollwut zurückzudrängen. Wurde erst letzte Woche von 'nem tollwütigen Hund gebissen, der Kerl. Er hat im Gegensatz zur grossen Mehrheit allerdings einen vollständigen Impfschutz. Was für ihn also kein Problem darstellt ist für die überwiegende Mehrheit der gebissenen Menschen hier nach wie vor der sichere, qualvolle Tod.

Damit das anders wird, versucht er sich um die Hunde zu kümmern, bzw. deren geordnete Einschläferung zu organisieren. Wenn überhaupt, werden die Tiere zusammengetrieben, mit Steinen archaisch erschlagen und in den Fluss geschmissen.
Ferdinand erzählt von zwei Leoparden(!) in den Ruinen von Hampi, die sich ebenfalls um den einen oder anderen Hund "kümmern". Und bestätigt die Notiz des Reiseführers, das in dem Flüsschen unten Krokodile leben!
Ich hatte den Hinweis im Reiseführer für Lokalkolorit gehalten, ist der Fluss doch fester Bestandteil der Dorfbevölkerung, die darin waschen, planschen und ihn tagtäglich durchwaten…
Auch zu nennen die ganzen Anderen: die Babas, die Gurus, die Dschillum Kiffer. Alkies. Musiker, die auf ein Lied oder zwei zum Caj vorbeikommen.

Die Tage vergehen. Die Nächte im Reisfeld sind intensiv. Bringen intensive, teils furchtbare Träume. Ich seh mich tagelang nicht im Spiegel - einfach aus dem Grund, weil es keinen in dem "Gemeinschaftsduschraum", in dem ich zusammen mit den anderen Hofbewohnern dusche keinen hat… "Gemeinschaftsduschraum" ist nett benannt. Eigentlich ist der Abort für den von zwei Felswänden eingegrenzten Betonguss nur ein gefliestes Loch im Boden mit kaltem Wasser...
Aber reicht für das abendliche, nasse Handtuch um den Kopf ;-)

Das Leben ist einfach, aber komplett. Strom ist meistens nur 2 Stunden am vormittag und 2-3 Stunden am Nachmittag da.
Mardan kocht auf offener Flamme, also störts nicht wirklich. Der Caj läuft und die selbst gemachte Limonade aus Kräutern aus seinem Garten ist himmlisch!

Wenn ich des nachts zwischen den draussen schlafenden Hofbewohnern durchlaufe, seh ich immer eine kleine Familie auf Decken auf dem Boden schlafen. Mann, Frau, Kind und Ziege teilen sich eng an eng das bisschen Beton vor ihrem Verhau. Als ich morgens zum Sonnenaufgang zum Wandern aufbreche laufe ich wieder an der Familie vorbei - immer noch eng an eng schlafen die vier im Morgengrauen. Jetzt allerdings im Dung der Ziege…
Bild gibts an dieser Stelle keins - es reicht, wenn sich das Bild auf meiner Netzhaut einbrennt.

Das Virupaksha Car Festival beginnt für die angereisten Hindus mit einer Waschung in der heiligen Furt. Obwohl die Frauen natürlich voll angezogen in ihren Sarees ins Wasser gehen, fühl ich mich dennoch ein wenig wie ein Spanner.
Das Teleobjektiv der Kamera hilft Voyeur Marc ein wenig, den Leuten nicht mehr als nötig ins Badezimmer zu schauen. Ganz so schlimm ist es auch nicht; ab und zu wird sich sogar für meine Kamera in Pose gestellt - in welches Mass das im Laufe des Tages dann noch ausarten soll, weiss ich jetzt noch nicht..




Mein erstes indisches Festival ist unglaublich! Alles dreht sich um zwei riesige Wagen, die festlich geschmückt mittels zwei grossen Tauen und unzähligen Händen einmal die ehemalige Prachtstrasse von Hampi hinunter und wieder hinaufgezogen werden. Damit niemand unter die massiven, eisenbeschlagenen Räder gerät, laufen Polizisten mit, die die Menge vor den Wagen mit Stöcken auseinandertreibt.

Die Menge selbst hat Spass; junge Männer tanzen sich in Rage; manche bemalen sich mit Farbe; alles jubelt, kreischt - und wirft Bananen auf den Wagen!
Umgekehrtes Karneval-Kamelle-Schmeissen sozusagen.
Alternativ stopft man die indischen Kamelle dem seelenruhig, mitten in der Menge trottenden Elefanten in den Rüssel. Verrückt.

Das Fest hat klar vier Attraktionen: die beiden Wagen, der Elefant - und Teutonenmarc, der die meisten hier um zwei Köpfe überragt.  Und dann noch genauso weiss ist, wie sein T-Shirt! Mit hellen Augen! Ich rangiere hier ganz klar unter dem Rang eines Freaks und bin eigentlich ganz froh, dass die Meute nicht anfängt *mich* mit Bananen zu bewerfen ;-)

Die, die nicht staunend gaffen, lachen und winken. Sobald ich irgendwo stehenbleibe, arrangiert sich ein Pulk zur Fotosession mit mir. Immer mehr kommen dazu, immer mehr wollen mit mir fotografiert werden, meinen Namen wissen, wissen, wo ich herkomme. Ich muss mich kontinuierlich bewegen, da ich sonst aufgrund dem Pulk um mich herum Platzangst kriege. Ich schüttele abertausend Hände, werd mit Farbe beschmiert. Als ich die Prachtstrasse ein zweites Mal hochlaufe, grölt die Menge meinen Namen - oft genug haben sie ja danach gefragt :-)
Verrückt, fantastisch, indisch! Klickt links aufs Bild und seht ein paar bewegte Bilder auf Youtube


Vier Attraktionen stimmt nicht ganz. Eine weitere, traurige entdecke ich etwas abseits: Eine Sippe mongoloider Albinos. Farbpigmentfreie, weisse Haare und Augenbrauen; barfuss, die Mädchen in Sarees, die Jungs nur in Hosen. Alle mit fratzenhaften Gesichtern. Alle fürchterlich verbrannt. Ein grausames Bild. Bitteschön:


Am nächsten Tag setz ich meinen Weg nach Süden fort. Zunächst in nem öffentlichem Bus, der mich an der Fernverkehrdrehscheibe Hospet rauslässt. Ich finde den privaten Busanbieter, der mich nach Mysore bringen soll. Im Wartebereich vor der Travel Agency treffe ich drei Italienerinnen, die dem Semioffiziellen klarmachen, dass sie nach *M*angalore wollen, nicht nach *B*angalore. Der Semioffizielle nickt und murmelt "*MmmB*angalore", woraufhin das Spiel von vorne losgeht - mit wachsendem Armeinsatz der Italienerinnen: Alle fünf Finger der rechten Hand berühren sich und zeigen nach oben; dazu wird das Handgelenk an- und abgewinkelt.
Die indische Antwort dazu: das berühmte Kopfnickelwackeln. 
Wunderbares Kino!!

Schliesslich fährt ein Nachtbus ein und die Drei werden hineingescheucht. So verschwindet der Bus - hoffentlich nach *MmmB*angalore. 
Buona Fortuna! ;-)