Donnerstag, März 25, 2010

Taroko Gorge

[Taroko Gorge, 25. Maerz, 2010]
Diese Zeilen kommen aus der Taroko Gorge, laut Reisefuehrer Taiwans #1 Top Tourist Destination. Der Grand Canyon Taiwans sozusagen, in der durch staendige vulkanische Aktivitaet/Hebung zusammen mit bestaendiger Erosion und einem schnell fliessenden Fluss ein wirklich sehenswertes Stueck Land entstanden ist.
Zunaechst sind wir aber mit dem Auto die Ostkueste runtergefahren. Erst ueber malerische Reisfelder, in denen sich Tempel an Tempel reiht. (Sanco laesst mich nach 6 fotografierten Tempeln am 7ten dann vorbeifahren, was das Reisetempo deutlich beschleunigt). Dann 130 km den Coastal Express Way Richtung Sueden. Von wegen Express Way. Hier schraubt sich in unzaehligen Kurven eine kleine Strasse die Berge hoch und runter direkt an der steil abfallenden Felskueste lang. Kurve an Kurve hoch und Kurve an Kurve wieder runter. Schoen anzusehen zwar aber hinter einem schweren LKW-Gespann mit heissgelaufenen und dadurch auesserst aromatischen Bremsen ist von Express wirklich keine Spur. Ausserdem sitz ich in unserem Toyota Vios eher drin wie auf einem Trecker. Das Lenkrad mangels Platz direkt zwischen den Knien. Hinter mir die 18 Monate alte Tochter im Kindersitz, die ihre Oberschenkelmuskulatur trainiert und mir damit durch meinen Sitz den Ruecken massiert.
Die Taroko Gorge macht den Hinweg aber dreifach bezahlt. Waren der Expressway schon interessant was Strecken und Kurvenfuehrung angeht, ist das winzige in und durch den Stein gehauene Stueckchen Weg durch die Schlucht hier einfach abenteuerlich. Immer wieder geht’s durch unbeleuchtete Tunnel, unter Felsueberhaengen durch, wo ich mich Frage wie das die Doppeldeckerbusse machen. Mal schnell einspurig, dann ne Spitzkehre. Und 100m direkt unter uns roehrt der Liwu River in seinen Stromschnellen. Woooah!
Wir quartieren uns die erste Nacht in eine Holzhuettensiedlung oberhalb von Bulowang ein. Malerisch auf einem Plateu mit bester Sicht in die Schlucht und auf die umgebenden Berghaenge sitzen wir auf der Veranda unseres Blockhauses und ziehen den View mit jedem Atemzug ein.
Auf dem Vorplatz vor der Hauptgebaeude kommt es zu der schon bekannten Heidi Show als ein Tourbus seine Insassen entlaesst die die Siedlung besichtigen wollen.
Die Situation beginnt total nett – ein Taiwanesisches Maedchen ist scharf auf Tonis LIebLIngspuppe, aber Toni will nur Haendchenhalten. Den dadurch erzeugten entsprechenden Menschenauflauf sind wir inzwischen gewoehnt, dennoch wird’s auf einmal unangenehm: Aus dem ganzen knippsenden Volk springt aus dem Nichts auf einmal eine Frau und reisst sich die Toni auf den Arm. So schnell kann ich garnicht schauen. Total verdattert schau ich zu wie sich Antonia selber hilft: Mit einem extrem schrillen Kreischer direkt unmittelbar in die Ohrmuschel der dreisten Tante verdirbt Toni der Dame die Lust auf jedes Foto. Bereitwillig reicht sie mir mein Kind zurueck - und auf meinem Arm wird der Mindestabsstand jetzt eingehalten. Wir drei haben dennoch die Lust verloren und gehen an unsere Huette zurueck.
So rustikal und einfach die Huetten aussehen, bieten sie dennoch allen Komfort: WLAN, Klimaanlage, auf einem Plateau angelegte Matrazen, kleine Teekueche, Kuehlschrank sowie einen fuer die Huette wirklich vulgaer grossen LCD Fernseher.Auch eine handtellergrosse Spinne gehoert anfangs noch zum Inventar. Sanco macht einen Satz zurueck. Toni und ich schauen interessiert.
Abends gibt es traditionelles Essen des ansaessigen Eingebohrenenstammes. Schmeckt gut, Reis aus dem Bambusrohr, die obligatorische Suppe, ein scharfes Pilz und Fischgericht, frittierter Fisch, Hammel, Papayasalat und frittierte Nudeln. Toni schmeckst auch gut, nur Sanco schaut nicht gluecklich.
Am naechsten Tag fahren wir weiter in die Schlucht hinein. Durchwandern den „Tunnel of 9 Turns Trail“. Mit dem Helm den wir verpflichtend aber umsonst ausleihen und aufsetzen muessen seh ich ein wenig aus wie Conehead. Antonia wie Calimero. Der Trail ist Teil des ehemaligen Cross Island Highwaya und daher betoniert. Hier wirkt Familie Kaufmann (Tochter in der Kraxe von Ingola, Marc in Bergschuhen, Sanco in Touringhosen) ein wenig overequipped, v.a. wenn man die aus dem Tourbus aussteigenden Taiwanesen sieht mit ihren Flipflops und Sonnenregenschirmen. Das tut der Schoenheit der Schlucht allerdings keinen Abbruch. Auf dem Teer sieht man allerdings diverse Einschlaege von richtigen Abbruechen. Da nutzt auch kein Helm mehr…
Mittags sind wir Grand Farmosa Hotel. In der Tat und ohne Zweifel ein Luxushotel. Aufgrund der beginnenden Saison allerdings leer und fuer uns zu einem Sparpreis zu haben. So geniessen wir den Rest des Tages die Annehmlichkeiten des Hotels. Ich trainiere im obersten Stock in einem Glasquarre mit 360Grad Rundumblick auf die Schlucht, die Berge, den tosenden Fluss und hoch oben auf einem Plateau: ein Schrein mit einem irritierenden Zeichen. Den Schrein ist markiert mit einem bewusst plaziertem, riesigem gespiegeltem Hakenkreuz.
WTF?
Mach mich schlau und erfahre das das eine Swastika ist, ein wichtiges buddhistisches Symbol und Gluecksbringer, von den Nazis zweckentfremdet.
Die Swastika ist auch aus den heissen Pools auf dem Dach gut zu sehen. Was sich fuer unsere Augen einfach nicht mit der ganzen anderen malerischen Szenerie in zusammenbringen laesst. Schon komisch. Hier in Asien wohl so normal wie das Kreuz in der Kirche ist und bleibt es fuer mich ein verbranntes, furchtbares Zeichen…
Zum Essengehen muss ich feststellen, das meine Tochter nun in Phase Zwei der Fortbewegung eingetreten ist: Rennen. Rennenrennenrennen. Selbst in ihren Havajannas. Wuerd ich in meinen so schnell flitzen wie sie wuerd ich mich langmachen.
Leider ist Madame auch im Restaurant dabei ihre motorischen Faehigkeiten weiter zu perfektionieren. Und so geht es Treppe hoch, Treppe runter, Treppe hoch, quer durchs Restaurant, Treppe runter. Grrrrrr.
Am naechsten Morgen geht es mit der Kleinen in der Kraxe den Lyushui Trail, da der eigentlich angedachte Trail wegen Steinschlag gesperrt ist. Und auch auf dem Lyushui Trail tuermen sich ueber uns fragmentierte Marmorfelsen auf, durch die bedrohliche Risse gehen. Ein Erdbeben jetzt, und die ganze Chose kommt runter. Mit der pennenden Toni, die auf halb acht in der Kraxe haengt, muss ich auf dem schmalen aber gut gesicherten in den Stein gehauenen Pfad aufpassen, dass ich sie mit ihrer rosa Haarspange nicht an der Felskante langziehe…
Es bieten sich phaenomenale Blicke auf die Schlucht und den geschwungenen Liwu River, der sich a la Colorado River Bend durch das Gestein unter uns zwaengt.
Es geht ueber ne kleine Haengebruecke und durch einen pechschwarzen gerade mal mannhohen und -breiten Tunnel. Wir laufen in das pechschwarze Nichts, gegen das nichtmal das Headlight was Ausrichten kann. Mach den naechsten Schritt, und einen weiteren. Und noch einen. Schliesslich umgibt uns das Schwarz. Boah. Gruselig. Nochmal nen Schritt ins Ungewisse und ein weiterer. Endlich gewoehnen sich die Augen ein wenig an die Dunkelheit und das Headlight kann zumindest die unmittelbar neben uns verlaufende Wand und Decke anleuchten. Es geht um eine Kurve und dann ist nach 30m der Spuk vorbei. Am Ende des Tunnels ist Licht.
Das letzte Licht im Zimmer mach ich jetzt aus, denn morgen geht es frueh los um den anstehenden Wochenendrush zu entgehen. Mir grausts wenn ich an die Doppeldeckerbusse aus beiden Richtungen auf dem engen Bergstraesschen denke…
Next Stop fuer uns: Sun Moon Lake.