Dienstag, April 05, 2011

[Whistler 06. April 2011]

Heiho, der Reisefisch schwimmt wieder. Allerdings nur auf einer Flosse. Muessen doch diesmal meine beiden Lieben dank des genialen plutonisch ausgedachten Urlaubsplan der MR zu Hause bleiben. Fuehl mich also ein wenig wie Nemo mit seiner zurueckgebliebenen Flosse hier so ganz alleine zu reisen, bzw. rumzuschwimmen...

Ueber den Teich zu huepfen war so garnichts Neues. Im Gegenteil: diesmal haben andere Mitreisende mit den mitgefuehrten Kleinkindern zu kaempfen. V.a. die Grossfamilie in der Businessklasse, so ca. 5 Kinder davon 3 Kleinkinder. Jedes Kind hat deutlich mehr Platz als ich in meinem Arme-Leute-Sitz. Zu wuerdigen wissen das die Kleinen nicht: sie bruellen bis in die Holzklasse.
Mich stoert das nicht weiter. Kenn ich ja alles. Was ich nicht kenne ist z.B. ungestoert einen Film schauen. Und das mach ich bis wir da sind. True Grit, TheTheThe King's Speech, Tron Legacy (Gääähnn) und Mt. St. Elias den ich nicht ganz fertig kriege (Mist!).

In Vancouver gelandet, geht es mit dem Bus weiter. Eigentlich haette man den Riesengreyhoundbus durch ein kleines Taxi ersetzen koennen. Bin ich doch der einzige Fahrgast. Das scheint den Busfahrer nicht zu stoeren, so erzaehlt er eben nur einem Fahrgast Grizzley Witze: "woran unterscheidet sich der Kot von Braunbären zu dem Kot von Grizzleys? Im Braunbaerenkot kann man Schwarz und Rotbeeren ausmachen. Der Kot von Grizzleys hingegen enthaelt ne Menge leere "Bearspray"-Dosen..."
Muuuaaha.

Durch Vancouver durch und ab auf dem Sea-to-Sky Highway hoch in den Austragungsort der Olypmischen Winterspiele 2010. Den 2h-Weg nach Whistler krieg ich nur noch bruchstueckhaft mit. Bin inzwischen um die 20h unterwegs.

Angekommen im Dunkeln wollen mich die Leute im Hotel geradewegs in 'nen noch dunkleres Loch einquartieren. Zimmerhoehe gerade mal 2m. Na super. Also rumdiskutieren und upgraden.
Draussen schneits. Von den Bergen keine Spur. Haengen in dicken Schneewolken.

Ich mach ne Lokalrunde durch das "Village". Schaut super aus. Obwohl von riesiegen Hotels umgeben macht man hier noch den Versuch das Ganze zumindest ein bischen in die Landschaft zu integrieren. D.h. keine Hotelbunker sondern allenfalls maechtig ueberdimensionierte 3-7 stöckige Schuppen im Schweizer Chalet Stil. Ich latsch die Fussgaengerzone hoch und bin in weniger als ner Minute vom Hotel an den Skiliften zu Blackcomb (links) und Whistler Mountain (rechts).
Davor angsteinfloessende Absperrungen die auf ueble Schlangen am Morgen hindeuten...

Die ganze Fussgaengerzone perfekt erschlossene Ski-Infrastruktur. Kneipe an Kneipe, Laden an Laden. Avalanche Pizza an Burton an Billabong an Quicksilver. Die Starbuckskaffemuehle am Longhorn-Pub. So gehts in einem durch. Wow. Ischgl ist ein Scheiss dagegen.
Ich dreh mich rum und lauf die Fussgaengerzone wieder runter. Kauf im oertlichen Grocery & Liquor Store noch was ein. Entscheide mich zwischen Heineken, Becks, Corona, Bud, Warsteiner, Stigl(!) dann doch fuer das canadische Molsch Bier.

Vor dem Laden stehen seelenruhig ein paar Jugendliche und kiffen. Aha. Silent Bob und Jay also auch in Whistler.

Zuhause reisse ich gerade noch ein Bier auf, bevor es mich dann dahinrafft.
Mal schauen ob ich morgen die Berge sehen kann.

Der nächste Morgen stellt alle Lichter auf Vorbereitung. Ich melde mich in der Carlton Lodge bei Whistler Heliskiing. Unterschreibe den sogenannten Waiver und trete damit alle meine Rechte ab, die ich oder meine Erben evtl. erheben könnten (durch Lawine, Unfall, schlechtes Wetter, verklemmter Furz im Heli etc.) und quatsche ein wenig mit einer Deutschen die hinter dem Counter steht. Aufgrund Platzproblemen im Heli kann ich zwar meinen Rucksack noch mitnehmen, die Schneeschuhen werden aber im Hotel bleiben muessen. Ob ich die Skistoecke mitnehmen kann, entscheidet der Guide morgen beim Briefing. Allgemeine Wetterlage sieht gut aus. Lawinengefahrstufe ist moderate, da sich der Schnee in den letzten Tagen gut verdichtet hat und nur wenig (30cm!) neu draufgekommen ist.

Dann gehts nach nebenan, wo ein Kooperations-Skiladen Tiefschnee-Bretter zum Verleihen hat. Allerdings sind die Planken die ich da sehe, viel zu klein und zu schmal um mich durch - oder besser - über den Tiefschnee zu tragen.
Denken sich die vom Service auch und so springt der eine aus dem Laden um irgendwo ein Burton Custom 169 wide aufzutreiben, waehrend der andere mich, bzw. meine Geldboerse erleichtert. Und das nicht zu knapp: 215CAD(160€)!
Um mich an das Brett zu gewoehnen bevor es dann morgen zum ersten mal mit dem Heli in den PowPow geht, kauf ich mir ne Halbtageskarte für 57€(!), und erahne langsam das das hier insgesamt wohl kein Schnaeppchen mehr werden wird.

Hoch gehts auf den Blackcomb, den ich bisher, genauso wenig wie den Whistler Mountain ueberhaupt gesehen habe. Seit ich angekommen bin, sind die Berge in einer undurchdringlichen Suppe eingeschlossen, in die ich jetzt hineinfahre.
Aus der Gondel schau ich mir die Pisten an. Absolut nichts los. Kaum mal jemand zu sehen. Die Pisten an sich sind nicht gespurt, so dass sich hier zum Teil riesige Schneebuckel aufgeschoben haben. Auch sind sie was ich sehen kann nicht begrenzt oder markiert, d.h es ist eigentlich garnicht klar, wos langgeht. Der Skifaltplan machts nicht besser. Ich hab kein Plan.
Also drauflos. Runter gehts immer.

Ich schnalle an, um in den naechsten Sessellift nach oben zu kommen und fang an mich in in Richtung "Excelerator Express" zu schieben. Dabei muss ich fuer die vor mir stehende Kinderskischulgruppe aussehen wie der Silberruecken der aus nem Gebüsch des Kilimandscharos auf ne Gruppe Touristen zustürmt: ohne grosse Kontrolle ueber das Brett (Bindungswinkel und Balance völlig falsch, Kante greift null! Hat die ueberhaupt eine?) schlittert ein Riese mit den Armen rudernd vorbei....
Waer ich auf die Fresse gefallen, haette ich wohl auch noch gebruellt...

Muss oben unbedingt die Bindung richten. Gottseidank haben die oben Werkzeug. Ich Rindvieh hab mein Zeug naemlich in Muenchen vergessen. Bin mir allerdings auch nicht sicher ob ich damit wirklich weiter gekommen waere. Irgendwie sehen die Schrauben hier ein bischen anders aus... Oder ist das die Hoehenluft?

Nach Gefummle, Test und wieder Gefummle bin ich endlich soweit. Es hat ein bischen aufgerissen, also rein ins Vergnügen. Ungespurte Pisten. Also schoen langsam. Wofür zum Geier geben die hier eigentlich die eingenommenen Liftkartenmilliarden aus?

Such mir die erste Double Black Diamond. Das bezeichnet hier die schwerste aller moeglichen "Pisten". Da ich die Frage im Einstufungstest der Heli-Agentur zu meinem Koennen auf den DBDs nicht beantworten konnte, will ich mir nun selbst ein Bild machen.

"Jersey Cream Bowl" heisst das gute Stück, ist ordentlich steil mit nem Eingangsdrop und:
immer noch voller Powder!!! Zwar schon ziemlich verspurt aber Pow-Pow!!
Wowwowwieewaaa! So lass ich mir das gefallen. Und nochmal. Und nochmal.
Das Skigebiet ist riesig und menschenleer. Die Pisten sind in der Tat nicht markiert oder abgesperrt. Da wo man eine Sperre sieht, hat es auch einen Grund. Felswaende oder senkrecht abfallende Loecher, die man lieber nicht runter will.
Ansonsten kannst Du Dich ueberall bewegen wo Du Dich hineintraust.

Das Brett schwimmt im Tiefschnee ordentlich auf und reagiert auch im Wald relativ präzise. Auf ausgefahrenen oder eisigen Stellen greift die Kante nicht. Carving ist hier offensichtlich sowieso nicht angesagt. Bin also zuversichtlich fuer morgen. Ja freu mich drauf.

Zur Feier des Tages geh ich Essen. In einen Nudeltempel, "The Old Spaghetti Factory". Kohlenhydrate fuer morgen...
Oh wie hatte ich den American Way of Essengehen doch vergessen: "Wait to be seated", Lautlautlaut und Fixfixfix, "Everything OK with your Meal?", "Can I do something else for you?", zwischendurch der Manager: "Everything OK?", "Is Hanna doing everything possible for you?", "If not, please don't hesitate to contact me", ..., ...
Schnauze. Will essen. Die Pasta ist gut, der Shiraz und der Salat lausig, der "complimentary coffee" waessrig. Flux bin ich wieder auf dem Zimmer - und freu mich auf morgen.

Die Nacht ist kurz und unruhig. Bin zu nervoes. Also fang ich schon um 6.30 an mein Zeug zu packen. Helmkamera kalibrieren, Akku laden, Camelbag fuellen und ab mit der Ersatzwaesche in den Rucksack. Draussen schneit es ohne Ende.
Dann leider der Anruf: Zu viel Schneefall - der Heli geht nicht. Morgen sieht es besser aus. Ob ich noch will? Klar will ich!

Drueckt die Daumen für morgen!