Ein Surfer Almanach wird das hier bestimmt nicht. Dennoch will ich kurz ein paar Worte zu meinem Tag auf dem Longboard loswerden.
Zuerst einmal: die Wette hab ich verloren. Ich passe in eins der Surfsheets, obwohl ich da ein wenig ausseh wie eine schwule Presswurst. Egal, hauptsache Sonnenschutz. Bei einem ganzen Tag im Wasser - bitter nötig.
Los gehts mit sage und schreibe 5 Minuten Theorie, zweimal trocken am Strand aufs Brett springen und dann - ab ins Nass.
Fürs Protokoll, hier die drei Schritte Regel zum Aufstehen:
Schritt 1: Stoss Dich mit Deinen Händen in den Liegestütz. Hintern hoch - für die Ungelenkigeren unter uns (inklusive mir). Die Hände dazu neben der Brust wie bei einem Short Benchpress. Zu weit vorne und Du drückst die Nose ins Wasser, was Dich dann sofort ebenfalls ins Wasser befördert. Zu weit hinten und Du machst den absaufenden Schwan.
Schritt 2: Zieh Dein hinteres Bein, bei mir Regular das Rechte, unter Deine Hüfte so daß Dein Fuß 90 Grad nach außen zeigt.
Schritt 3: Schwing Dein vorderes Bein nach vorne in den Duckstand (Füße parallel, also exakt meine Snowboard-Bindungseinstellung :-))
Das wars. Kein Wort gibts mehr vom Instructor ausser: "Surfing is 90% paddling, 10% surfing. Don`t be lazy with paddling."
Und so stehen wir dann in der Brandung. Maron, eine junge Spanierin, und ich, der weisse Wal. Keine weiteren Surfschüler heute.
Derek, der Surfinstructor steht ohne Brett im Wasser und schiebt uns auf bereits gebrochene Wellen in der Brandung.
Kein Wort zum Timing, kein weiteres Wort zum Aufstehen. Na das kann ja was werden, denk ich, während der erste Schub von Derek kommt. "Paddlepaddlepaddle, STANDUP!" das Kommando. Schritt 1, 2, 3 und:
ich steh auf meiner ersten Welle. Cooool.
Ich lass mich zum Strand fahren und spring zurueck in die Brandung. Weiter gehts.
Leider ist nicht jede Welle so einfach und schnell wird klar, das wird ne ganze Menge Arbeit bis ich die 3 Schritte wirklich intus habe. Die Koordination lässt mächtig zu wünschen übrig, obwohl ich das längste der langen Longboards unter mir habe. Durch das ständige Aufstehen reiss ich mir schnell den Fussrücken und die Knie auf. Das Paddeln auf dem Brett besorgt mir dasselbe auf der Innenseite meiner Oberarme. Auch donner ich kopfüber mit meinem Schlüsselbein in eine Sandbank so dass es ordentlich knirscht.
Irgendwie muss die Ebbe einsetzen, bei dem Wasserstand, den ich inzwischen wegschlucke sowie durch die Nase in meine Nebenhöhlen ziehe...
Anstrengend - aber es geht schon. Zumindest mit dem Anschieben von Derek. Ich frag mich nur, wie ich das Timing selbst lernen soll, wenn er nichts anderes macht, als die Kommandos auszuspucken. Egal. Spass machts wie sau, auch wenn meine Kräfte auf dem 2. Board (jetzt wesentlich kürzer) schnell nachlassen, und damit meine Koordination, und damit meine Balance; was mich allem in allem nur noch fertiger macht. Ich stürze mehr, was wiederrum mehr Kraft, Koordination und Balance kostet.
Nach den ersten 1 1/2 h bin ich off. Mein Kopf ist durch die vielen Nasenspülungen irgendwie doppelt so gross, und ich frag mich ob es gestern wirklich so schlau war, mich für den Nachmittag gleich wieder einzubuchen...
Mittagspause. Hoch in meine Hütte. Nasi Goreng. Ich brauch Kohlenhydrate.
Pünktlich um eins steh ich wieder vor der Schule. Allerdings ohne Instructor. Das Mädel am Empfang telefoniert und meint: "Es ist Ebbe, ich soll eine halben Stunde warten"
WTF? Ebbe-Flut Wechsel in einer halben Stunde? Nee, nee. Die sollen mich anrufen, wenn Flut ist, ich warte nicht in der Sonne, sondern wenn dann in, und um meine Hütte im Poppies. Vielleicht reichts ja auch noch mir ein eigenes Neopren-Surfshirt zu kaufen. Hygenietechnisch bestimmt eine gute Idee...
Also sehen mich meine "Massage?"-Mädels in der Gasse zum Poppies hoch heute zum vierten Mal an ihnen vorbeilaufen. Jetzt fragt mich nur noch gut die Hälfte. Immerhin. Kaum bin ich oben, krieg ich einen Anruf. Der Kurs könne jetzt starten. Also Runde 5 an den Mädels vorbei. Die und die ganzen fliegenden Händler drumrum halten mich inzwischen bestimmt für bekloppt...
2nd class Big Kahuna Surf School. Instructor jetzt: Eddie: Ein Typ, der wirklich nur aus Haut und Haaren besteht. Mann, ist der dünn! Aber nett. Und: gibt sich mehr Mühe. Sagt Dir Bescheid, was Du falsch machst - und so geht es schnell besser.
Obwohl mir der Vormittag ganz schön in den Knochen steckt und die Schwedin neben mir (die Spanierin sitzt im Flieger, dafür hat sich eine Schwedin eingebucht) macht eine deutlich bessere Figur als der weisse Wal im Presswurstkostüm. Die steht jede Welle, während ich mir immer noch wie eine besoffene Brieftaube vorkomme.
Mann bin ich kaputt. Ich brauch ne Pause. Die Knie sind inzwischen offen, bluten und die Oberarme blau. Vielleicht lass ich es auch einfach mal gutsein, denk ich mir. Bist ja keine 36 mehr :-)
Nix da! Der Schwabe und der Sportler schieben mich wieder in die Brandung.
Eddy schnappt sich jetzt selbst ein Brett und lässt uns selbst in die Welle starten. Zeigt nur noch an, welche Welle gut ist, und welche nicht.
Heiheiheiiii! Die Pause war gold! Es funktioniert - auch mit eigenem Start!
Ist das geillll!
Da ist es wieder, das Hochgefühl, wenn sich Theorie und Praxis finden!
Das Aufstehen funktioniert auf einmal. Nicht jedes Mal, aber vielleicht jedes vierte - oder auch jedes dritte Mal. Push! Step. Step. Gleiiiiiiitteeeeeennnn!
Das Ganze wird zum Selbstläufer. Die blutenden Füße und der Wasserkopf sind vergessen. Weiterweiterweiter....
Erschöpft und glücklich lass ich mich in den Sand fallen. Gotcha, mich hats erwischt! Das war wohl nicht das letzte Mal das ich (auf Bali) surfen war. Ich schlepp mich nochmal an den Massagemädels vorbei und geh mir nen Surfshirt kaufen. Ich schäker mit den Surfshopleuten rum, ob sie was in meiner Größe haben. Sehr bemüht bekomme ich eine Reihe L-Shirts angeboten, die ich grinsend ablehne und die auch grinsend zurückgebracht werden ;-)
Siehe da, es findet sich zumindest ein XL-Shirt. Keine große Auswahl, aber lieber nur blutige Knie als auch blutige Nippel... Und ein schönes Souvenir ists auch ;-)
Ich schenk mir das Nachtleben und geh mit einer Rotznase ins Bett. Die Nebenhöhlenspülung zeigt Wirkung.
Am nächsten Morgen bringt mich Gede, mein Fahrer heute nach Ubud.
Der spricht ausgezeichnet Englisch und wir verquatschen die gesamten 2h Fahrt wie im Flug.
Ich frag ihn nach den Anschlägen in Bali und nach ein bißchen herumdrucksen erzählt er mir, wie er sie erlebt hat. So hat er an jenem Samstag Abend in 2002 früher Schluss gemacht und ist gegen 23.00h nach Hause gefahren. Der Heimweg führt in direkt am Sari vorbei was ihn selbst fast das Leben gekostet hätte, war er doch zum Zeitpunkt der Explosion ca 200m von dem Nachtclub weg.
Die Explosion selbst hat er mit einem Riesenknall wahrgenommen, der seinen Ohren - obwohl in einen Helm eingepackt - einen irren Pfeifton beschert hat. Zeitgleich ist überall um ihn rum das Glas gesplittert...
Eine Gasexplosion vermutend, ist er näher hingefahren und ist dann mit der blutenden Menschenmenge die ihn umspült hat, umgedreht und in Panik hinunter zum Flughafen geflüchtet...
Am nächsten Tag war er bei seinem Onkel, der eine Wäscherei sowie eine kleine Pension betreibt und ist dort mit einem kanadischen Päarchen zusammen getroffen - beide voller Schürf- und Splitterwunden - die beide von dem Anschlag erzählt haben.
So erzählt der Kanadier, wie er kurz nach der Explosion seine Freundin aus dem unmittelbar zerstörten Sari über eine Mauer gehoben hat, um dann beim eigenen Hochklettern auf den Kamm der Mauer durch eine Gas-Folgeexplosion über selbige Mauer geschleudert zu werden. Beide haben durch diese Mauer überlebt. Über 200 andere nicht...
Wir fahren längere Zeit schweigend weiter, dann kündigt sich durch einen abrupten Wechsel der Strassenhändler Ubud, DAS künstlerische Zentrum der Insel an. In Massen stehen hier kleine und grosse Buddha Statuen, Schnitzereien, Holzgiraffen, Bilder, Spiegel, Deko-Geschirr in allen Farben, ja sogar ganze Esszimmer-Inneneinrichtungen auf der Strasse vor den Shops...
Und: das eine oder andere Didgeridoo seh ich auch ;-) Da sind sie also, die verpönten indonesischen Yidakis ;-)
Gede erzählt mir, dass sich hier viele amerikanische und europäische Inneneinrichter mit günstiger Ware eindecken um sie dann teuer in Übersee zu verticken.
In Ubud angekommen, entlässt mich Gede mit seiner Visitenkarte und den Hinweis, daß er für den gleichen Preis wie die örtlichen Fahrer in Ubud mich weiter nach Tulamben, meinem nächsten Ziel nach Ubud, an die Nordostküste zum Tauchen fährt - auch wenn er dafür aus Kuta anfahren muss.

Dann schlender ich durch Ubud über den großen Touristenmarkt und wunder mich über die reine Fülle an Nippes. Biercooler, Mützen, XS-Shirts, Regenschirme (es regnet), Holzschnitzereien, Holzgiraffen, ... "Wer soll das denn alles kaufen?" Denk ich mir und gehe an der nächten kleinen "Galerie" mit Gemälden vorbei, schau rein -
und bleib an einem kleinen, wunderschönen, handgemalten Dotpainting hängen.
Auf einmal heisst es nicht mehr: "Wer soll das denn alles kaufen?", sondern: "Wie soll ich das Schmuckstück nur transportieren??" :-)
Die Lösung der Verkäuferin ist es, das Bild in Zeitungspapier einzuwickeln.
Hervorragend. Zuhause schneid ich zwei 1,5l Wasserflaschen auf und bau mir eine eigene Bildercartouche. So muss es selbst in meinem vollgepackten Rucksack die nächsten 2 Wochen gehen...
Abends gehts in ein von Ani empfohlenes Restaurant, das Bebek Bengil. In dem hübschen, weitläufigen Lokal gibt es knusprige, balinesische Ente, die 36h in Gewürzen mariniert und dann heiss gebraten wird. Sehr lecker. Einen echten Bayer macht die magere Ente allerdings nicht satt.
Mich auch nicht ;-)
Beim Essen erinnere ich mich an Tobias' und Kerstin's Fahrer in ihrem Bali Honeymoon letztes Jahr im September und bekomme per SMS aus Deutschland (merci Tobi!) die Nummer von Wayan angeliefert.
Tja, Wayan hat morgen prompt Zeit mir die Umgebung zu zeigen - cool!
So, der Bericht über die Sehenswürdigkeiten des nächsten Tages und das Hotel mit meiner ersten balinesischen Massage(?) im angegliederten Spa haben noch Zeit. Ich muss ins Bett.
Nachher um 02.00h ist die Nacht schon wieder zu Ende. Ich hab für morgen einen Guide engagiert, der mit mir zusammen im Morgengrauen auf den noch aktiven Vulkan der Insel aufsteigt.
Gute Nacht.