Dienstag, April 19, 2011

Von Wasserfällen, Gas, Gebeten und dem letzten Tag in Vancouver

[Vancouver 19. April 2011]

Der Wells Gray Park hats in sich. Heimat von wunderschönen Wasserfällen. Drei davon, die Spahats, Dawson und Helmcken Falls, schau ich mir an. Auch wenn die Zufahrtswege noch mit teilweise zwei Fuss Schnee bedeckt sind - ich wandere in den vom Neuschnee der Nacht fast ganz überdeckten Fussspuren der paar Anderen vor mir rein.
Jedesmal, wenn mich die vorgetretenen Spuren trotzdem nicht halten und ich knietief in den Schnee einsinke überlege ich mir, das naechste Mal wirklich die Schneeschuhe anzulegen. Dafür habe ich sie doch dabei.
Jedesmal bin ich zu eifrig aus dem Wagen in Richtung Wasserfall unterwegs und denke "ach die paar Meter" und jedesmal, wenn ich dann wieder knietief durch den Schnee stampfe überlege ich mir das nächste Mal jetzt aber wirklich die Schneeschuhe anzulegen.
Das Spiel wiederholt sich heute einige Male...

Der Park ist mit das Schönste, was ich in Kanada gesehen habe. Der Park ist durch Vulkanismus und Erosion geprägt und legt eindrucksvoll die verschiedenen Sedimente des Gesteins der Gegend offen. Drumrum und obendrauf natürlich wie überall in Kanada immergrüne Nadelwälder. V.a. der nach einem deutschen Arzt benannte Helmcken Falls haut mich aus den Socken: stürzt über 140m in einen durch die Gischt geformten Eiskegel. Drumrum nur ein paar Einhörnchen, ein paar Bisons(!) auf der Weide - und ich.
Das es hier noch ein paar andere Zeitgenossen gibt, sehe ich auf dem kleinen Trail zu den Dawson Falls. Die Dawson Falls sind breite, massige, stromschnellenartige Wasserfälle, über die sich mit Wucht der hier eigentlich seichte Fluss wälzt. Hier fischt und scheisst wohl auch Meister Petz wie er mit einem mächtigen Haufen direkt neben dem Warnschild signalisiert.
Schnee lag da keiner drüber. Bitte fragt mich nicht ob er noch warm war, der Haufen...

Zum Abschied aus den Rockies noch nen Bären sehen, am besten aus dem Auto raus, das wär schon was. Aber die Rockies haben sich einen anderen Abschiedsgruß überlegt: Einen Schneesturm auf den Coquihalla Highway. Aus dem anfänglichem pittoresken Schneefall wird eine weisse Wand, mit z.T. weniger als 50m Sicht. Fotografiere ich vorher noch munter beim Fahren, so fang ich jetzt an zu schwitzen. Der Schnee krabbelt langsam von neben der Autobahn auf den Standstreifen und dann auf die Fahrspuren. Mist. Heute sind 500km bis nach Vancouver zu spulen und ich hab weder Proviant noch ne Kerze dabei, wenn das jetzt noch schlimmer wird. Selbst die Riesentrucks machen auf langsam. Ich häng mich hinter einen solchen und bleibe auf Abstand zu den Schlussleuchten...

Zum Glück klärt sich das Wetter nach dem Pass. Wir verlieren rapide an Höhe - es geht steil nach unten, unter die Schneefallgrenze - und dann kommt die Farbe zurück. Schnell strahlt mich links und rechts von der Autobahn ein saftiges Grün an. Erledigt. Es geht Kilometer an
Kilometer stetig nach unten. Der Trans Canada Highway zeigt sich auf den letzten Kilometern nach Vancouver bei weitem nicht so hässlich wie beim Rausfahren vor sechs Tagen. Dafür sehe ich ne Facette an Vancouver Downtown, die ich so bisher nicht wahrgenommen habe.
Ich fahre die West Hastings rein. An einer roten Ampel Ecke Carall Street fallen mir die abgerissen Gestalten auf, die hier rumhängen. Alles miteinander Obdachlose?, alkoholisiert, baertig. Einige sabbernd auf Krücken oder apathisch auf Pappkartons. Uhhh. An der nächsten Ecke torkelt einer mit ner Platzwunde auf der Stirn durch die wartenden Autokorridore. Die rote Suppe läuft im ins Auge, am Jochbein herab und färbt die ganze rechte Gesichtshälfte ein...

Am nächsten, meinem letzten Tag in Vancouver und in Canada fahre ich nochmal den Sea-to-Sky Highway hoch Richtung Whistler. Es ist nochmal traumhaftes sonniges Wetter. Auf dem Aussichtspunkt im Cypress
Provincal Park schau ich mir die phänomenale Skyline von Vancouver an und treffe Glen, der auf seiner Schofar für die Leute in Vancouver betet. Das Instrument ähnelt einem Didgeridoo und so öffnet es die Konversation. Recht schnell finde ich mich in einer Lektion über die Zirkularatmung wieder und gebe Glenn ein paar Tips wie er durch seine Atmung der Ton kontinuierlich halten kann.
Glenn gibt mir im Gegenzug eine Einladung zum Abendessen mit seiner Familie und einige Einblicke in seine "Mission" - www.mayiprayforyou.com.

Ich fahre weiter Richtung Squamish durch den Park. Kontinuierlich schraubt sich die Strasse höher und schnell liegt wieder meterhoch der Schnee neben der Strasse. Dann: ein Skigebiet. Ich lande in einer Sackgasse auf einem Parkplatz von dem links und rechts die Sessellifte hochgehen!
Der Parkplatzwächter schaut mich einigermassen entgeistert an, als ich frage, ob die Strasse hier nicht weiter geht. Das iPhone ist nämlich felsenfest davon überzeugt, mich über den Parkplatz hinaus durch 2 1/2 m Schnee zu schicken.

Also zurück auf den Sea to Sky Highway mit seiner einmaligen Lage zwischen Meer und Himmel. Knips. Knips. Der Auslöser surrt. Der Motor schnurrt. Die Tankanzeige fällt weiter gegen Null, soll ich das Ding doch morgen mit leerem Tank zurückgeben.

Horsehoe Bay. Nettes kleines Dörfchen. Rechts legen die fetten Autofähren Richtung Vancouver Island ab, links Kleinstadtidyll am Bootsanleger. Am Bootssteg weht mir kräftiger Marihuana Duft anstatt Fischgestank entgegen. Die örtlichen Teens beduften den Kai...

Sqamish. Hier stürzen die Shannon Falls spektakuläre 335m in die Tiefe. Ein paar Meter weiter steht der Stawamus Chief und schaut majestätisch auf die kleinen Menschlein herab.

Ich dreh um und fahr den Highway wieder auf der anderen Spur runter. You can't get lost.
Latsch den Nachmittag durch Vancouver und schau mir das noble Hotel des Canada Place zum Sonnenuntergang an. Laut Reiseführer muss man da unbedingt reingehen und so schieb ich mich an uniformierten Gepäckträgern an der Tür vorbei und geh eben rein. Laaaaangweilig!

Interessanter wird es nochmal in Chinatown, bzw. in Gastown. Da pass ich jetzt auch ganz gut hin, nach der inzwischen 6 tägigen Burgerdiät kommt da schon einiges an Gas zum Vorschein, nicht nur in der mit Gas betriebenen Gasclock, von der ich ja schon letztes Mal berichtet hab.

Ich trödel so weiter durch Gastown. Scheint ein Ausgehviertel zu sein. Allerdings nicht Montags. Die Strassen sind leer. Dunkel ists auch schon. Ich latsch zwei Blocks weiter, bieg um die Ecke - und find mich wieder in der West Hastings Ecke Carall, wieder mitten in den Reihen der abgebrochenen Gestalten. Auf dem Bürgersteig gegenüber stehen sich zwei Gruppen zwischen 7 und 10 Mann gegenüber, Poltern aggressiv rum, bauen sich drohend voreinander auf.
Ui. Wo bin ich denn hier gelandet? Die Gruppen lösen sich auf und spritzen auf meinen Gehsteig. Einer davon brüllt eine Passantin an. Die weicht verstört aus und geht weiter.
Auch ich laufe stoisch aber bis ins Haar angespannt weiter. Mann. Mann. Mann.

Von Block zu Block so unterschiedlich. Einen Block noch genauso unangenehm, am nächsten Block dann - das muss ne Abendschule sein - ein Yogakurs, dessen tuckiger Lehrer irgendwelche Zoten zum Besten gibt. Allgemeines Gelächter. Von Aggression keine Spur. Der nächste Block: eine Vernissage in einem Glaspalast. Vom Comikkünstler in Hoodie und Basecap bis zur Dame im Abendkleid. Vom Sektglas zum Starbucks-Kaffebecher. Irre Mischung. Irre Stadt.

Ich bin raus hier. Morgen gehts raus aus Canada und rein nach Californien. Bis dann.

Samstag, April 16, 2011

National Park Hopping. Banff. Jasper. Wells Gray.

[Clearwater 16. April 2011]

Aufgestanden in Banff, mach ich mich auf, endlich mal in eine offene Tourist Information zu kommen. Der Ranger hinter dem Counter ist nett und gibt mir nen ziemlich genauen Plan, wie ich das heute mache. Gibt mir Tipss zu den Local Must Sees in Banff, und hilft mir auch, was die Strassenverhaeltnisse Richtung Jasper angeht. Ist wohl eine einsame, nur von Touristen befahrene Strecke. Ohne Handy-Empfang. Ausserdem sind Schneestürme aus Calgary kommend angesagt. Ich soll mich also vorsichtshalber auf eine kalte Nacht vorbereiten, falls ich stehen bleibe. Sie empfiehlt mir eine Kerze mitzunehmen - das soll wohl schon immens helfen... Bei was? Bei Warmen-Gedanken-Machen? Ich weiss nicht...

Auch gibt sie mir eine Grizzly Bären Warnung fuer die Route hoch nach Jasper mit. Dabei hat sie aber mehr Angst um den Grizzly als um mich. ("Drive carefully and slowly in case you see him - we do not have that many any more.")

Ich soll ihn also nicht gleich über den Haufen fahren, wenn ich ihn seh.

Gut, mach ich. Zuerst klappere ich hier in Banff aber erstmal die Must-Sees ab. So z.B. die beinahe zugefrorenen aber ziemlich unspektakulären Bow Falls. Am mondänen Schloss Fairmont Banff Springs vorbei. Was macht so ein Kasten eigentlich hier im Dörfchen, wo kein Gebaeude mehr als 2 max. 3 Stockwerke hat?

Weiter zum Banff Lookout den Tunnel Mountain (ohne Tunnel) hoch. Auf halber Station will ich auf den Gipfel hochwandern, überlege es mir bei dem absolut vereisten Wanderweg aber schnell anders. Kein Bock mich hier auf die Fresse zu legen. Selbst mit Wanderschuhen hast Du auf dem von 1000 Füßen polierten Eis keinen Halt. Hmm: meine Schneeschuhe haben ein Eisprofil auf dem Eisenrahmen. Mit Schneeschuhen den Berg hoch halt ich aber auch fuer übertrieben und so entscheide ich mich, mich hier nicht lächerlich zu machen.

Ich leg also keine Schneeschuhe an, und ich lege mich auch nicht auf die Nase, sondern fahre nach den sensationell unspektakulären Sandstein Hoodoos noch den wunderschön zugeschneiten Lake Minnewanka an. Die Winteridylle in Schnee liegt mitten in strahlender Mittagssonnee, am südlichen Ufer geht direkt steil ein Berg an. Der Weg hat sich gelohnt! Auf dem zugeeisten See stehen Bootshäuser - aber alle Anlegestege sind vom Schnee und Eis bedeckt und nicht zu sehen.

Traumhaft pittoresk. Noch dazu weil ich hier wieder einmal komplett alleine unterwegs bin. Kein angloamerikanisches Geplapper, kein Motor, keine Frittenbuden, nur Canada und ich (Aber Eiscreme en masse ;-). Saugeil. Genau wie der davor gelegene Two Jack Lake. Hier ist "Frühling" schon ein bisschen weiter und hat das Eis in der Mitte des Sees bereits angeschmolzen.

Genug von Canada's populärsten Nationalpark und auf in den zweitpopulärsten: Jasper. Ich fahre dem von dem Ranger heute morgen empfohlenen "alten" TCH 1A wieder nordwärts in Richtung Lake Louise und muss auf der menschenleeren Strecke an den Grizzly denken...
Ich pass ja auf. Auch wenn ich hier wirklich der Einzige bin der faehrt, der Rest donnert auf dem neuen TCH dahin. Also halt ich zumindest das erste dutzend Kilometer vermehrt Ausschau nach Winnie Puh in gross - und finde ne alte Elchkuh auf dem Seitenstreifen stehend und mich wie ein Rind aus grossen Augen fragend anstarrend: "Warum fährst Du Vollidiot nicht wie alle anderen auch den neuen TCH hoch, he?"

Recht hat sie ja, und so fahr ich bei der nächsten Möglichkeit wieder auf die eingezäunte, neue Trasse des Trans Canada Highway. Hier gibt es sogar Überdachungen für die sichere Querung der Autobahn für Elch, Baer und Co.

Bei Lake Louise geht es dann runter vom TCH auf Highway 93. Ohne Kerze oder Schlafsack, dafür mit genialem Sonnenschein. Die Schneestürme aus Calgary lassen sich wohl noch ein bisschen Zeit und so staune ich auf der einsamen Strasse über die monumentale Wegbegleitung links wie rechts des "Icefields Parkway" - wie der Highway auch genannt wird.
BTW: Einer der um die 3000m hohen Wegbegleiter trägt tatsaechlich meinen Nachnamen, zu Ehren Schweizer Namensvettern, wie man hier (ab S.61) nachlesen kann.

Die Strasse an sich ist in der Tat leer. Mehrere Dutzend Kilometer kein Auto, keine Tanke, Raststätte oder Cafete. Cafe braucht man bei der Aussicht auch nicht. Anhalten darf man sowieso nur in bestimmten Zonen, da das gesamte Gebiet "Avalanche Country" ist. Wenn man dann da wo man darf aussteigt, ist es merklich einige Grad kälter - um nicht zu sagen : saukalt.


Das Icefield Center ist - na klar - noch geschlossen. Die Trucks, mit denen die Touristen aber ab Mai auf die Gletscher gefahren werden, sind schon da: monströse Trucks mit mannshohen Reifen. Ein Bild fürs Photoalbum gibts also schon ausserhalb der Saison ;-)
Zum Grössenvergleich hab ich meinen Altpapiercontainer mal daneben gesetzt - ich hätte ihn auch drunter parken können...

Dann, nach 250km: Jasper. Empfand ich Banff schon als Nest, so ist Jasper der kleine Bruder im Cowboy Look. Hatte Banff zumindest ein paar dreistöckige Häuser und ein Schloss, so hat Jasper eigentlich nur eine Strasse mit zweistöckigen Gebäuden, einen Bahnhof - und einer phänomenalen Postkarten-Bergkulisse drumrum.
Das Ganze in einem irgendwie authentisch wirkendem, neualtem Westernlook. Ich weiss nicht, irgendwie gar nicht kitschig, sondern saucool.

Am nächsten Morgen wandere ich durch den Maligne Canyon. Voll aufgerödelt wie immer in Bergschuhen, Snowboardjacke, Rucksack, dickem Pulli. Es ist kalt. So wie ich den Ranger hier in Jasper verstanden habe, hat der Maligne River durch ständige Erosion den Canyon aus dem Sedimentgestein der Rockies herausgeschnitzt.

Die Wanderung geht über sechs Brücken, die ersten zwei gehen auch noch über den River, naja besser: über den Gebirgsbach wohingegen die höher gelegenen, anderen vier nur noch über eine geschlossene und gefrorene Schneedecke führen.

Nicht nur die Schneedecke ist gefroren - auch der Wanderweg ist in den Schattenpartien eisig ohne Ende. Zunächst geht es noch über gefrorenen Morast, dann allerdings über blankes Eis, was die Wanderpartie zu einer Rutschpartie und dann zu einer Kletterpartie macht. An Baum, Strauch, Geländer festhaltend geht es den Canyon hoch.
Ich freu mich jetzt schon auf den Rückweg...
Egal. Und wenn ich ihn auf dem Hosenboden wieder runterrutsche, eine Umkehr kommt nicht in Frage. Viel zu schön ist es immer tiefer in den Canyon, bzw. an seinen Rändern in ihm immer höher zu gelangen...
Wie ein Affe hangel ich mich höher und komm an einer Rentnergruppe auf Steigeisen vorbei. Die schaun mich an, als hätte ich Flipflops anstatt Bergschuhe an und in gewisser Hinsicht habe ich mir die komischen Blicke auch verdient... Imaginärer Tarzanschrei!

Der Canyon ist märchenhaft. Überall Eiszapfen unter denen der Gebirgsbach plätschert. Kupfern marmorierte Bergwände in die die Sonne einstrahlt. Von oben blickt majestätisch der Baumbestand nach unten. Ein Eichhörnchen mitten im Ice Age auf der Suche nach ihrer Nuss. Fabelhaft.
Jetzt kommt mir ne amerikanische Familie in kurzen Hosen und Turnschuhen entgegen. Wie war das mit den Flipflops?
Wünsche guten Rutsch.

Oben angekommen wärm ich mich an der nun starken Mittagssonne und geh wieder runter. Besser ist wohl: gleiten. Hab ich mich vorher hochgehangelt, so schlidder ich jetzt im breiten Duckstance mit beiden Händen am Geländer oder im Gelände.

Weiter unten hat die Sonne den Morast inzwischen aufgetaut und ich kann mich entscheiden, ob ich auf dem Glatteis oder im Schlamm ausrutschen will...
Ich denke an die amerikanische Dame in ihren rosa Turnschuhen - und stapf gelassen durch den Matsch. Muss allerdings bald waschen. Mit der Wanderhose hier seh ich jetzt inzwischen selbst aus wie ein Hillbilly...

Nach den paar Kilometern Wandern heisst es dann wieder richtig Kilometer fressen - in der Karre. Es geht den Yellowhead Highway, dann die 5 wieder gen Westen. Leider ist das Wetter weniger brilliant für Fotos als gestern. Beeindruckend ist das Wetter aber nach wie vor. Ich fahre teils mit bajuwarischen Himmel, dann mit dichtem Schneetreiben oder nebelverhangenen Bergspitzen. Das Wetter in alpiner Umgebung ändert sich schnell. Um das zu begreifen, muss man nicht nur die Warnschilder lesen.

Ausser dem Wetter ändert sich wenig. Mit der richtigen Musik schick ich mein Bewusstsein auf Reisen. Denk an die Lieben zu Hause. Die Zukunft. Die Vergangenheit. Cruise Control. Kaffee aus dem einzigen Truck Stop weit und breit. Bei Lamb's "Heaven" zieht es mir die Schuhe aus und ich fahre mit Gänsehaut.

Ich fahr an der "Stadt" Aviola vorbei, die meilenweit mit den besten Burgern des Landes wirbt und letztendlich doch nur aus einem Restaurant (mit dem besten Burgern), einem Motel und einem Umspannwerk besteht. Ein ums anderer Mal wird man sich der kanadischen Wildnis bewusst, die einem beim Durchfahren durch diese unendlich langen, ununterbrochenen Waldlandschaften winfach nur deutlich macht, das der Mensch hier eigentlich nur das Geschwür an den Ausläufern der Strassen ist und hier noch ganz klar die Natur regiert....

Schliesslich Clearwater. Meiner Station für heute und Einstiegspunkt fuer den Wells Gray National Park morgen bevor ich wieder in die Zivilisation nach Vancouver zurückfahre.

Dann ist auch Schluss mit diesem lästigem überpreistem Motelgehopfe. Viel lieber würde ich die (geschlossenen) Campingplätze in dieser grandiosen Natur nutzen. Wäre es in der Nacht nicht so ..kalt. Bis zu -10 Grad und kälter: nee, nee, nicht freiwillig ;-)

Mal schauen was das sonnige Kalifornien für Temperatuern in April zu bieten hat. Nach Vancouver geht es nämlich den derzeitigen Lisica Aussenposten besuchen. Mal sehen ob Almir den grauen Wolf aus München auf ne Studentenparty mitnimmt D-)

Freitag, April 15, 2011

Unterwegs auf dem Trans Canada Highway (TCH)

[Banff, Rocky Mountains 14.04.2011]

Was fuer ein Highway, auf dem ich bis jetzt zwei Tage, ungefähr 16h Fahrtzeit, und so. 1000km unterwegs bin. Die einzige durchgehende West-Ost Verbindung Kanadas gibt es erst seit 1962 und trägt zurecht die Nummer 1.
Als ich in Vancouver auf ihn drauffahre, zeigt er sich noch unspektakulär, ja sogar schon hässlich: eine einzige Baustelle, viel Verkehr, stockender Verkehr und dreckige Landschaft drumrum. Drum bieg ich auf eine Nebenstrecke ab (#7) die mir schnell einen Vorgeschmack gibt, was mich in den nächsten zwei Tagen alles erwartet: einsame, einspurige Landstrasse, viel Wasser begrenzt von anmutig hohen Bergen. Mal dicht mit Tannen/Fichten/Kiefern bewachsen, mal nur Buschwerk. Immer aber angezuckert mit Schnee. Ab und an See links und rechts der Strasse. So gut wie keine Häuser. Immer seltener werden die Siedlungen in der wilder werdenden Landschaft. Natürlich nimmt die Besiedlung weiter ab, je weiter man aus dem Ballungsraum Vancouver draussen ist. Aber das noch - und noch - und noch weniger Besiedlung geht, macht die Fahrt doch sehr speziell.
Schnell ist der Vergleich zu Australien oder Namibia in meinem Kopf.

Bei Hope - einem Städtchen, dass bei dem die gute Hoffnung eigentlich schon fast verloren ist (ein irre kleines Kaff!) - will ich mir die Othello Quintette Tunnels anschauen, fünf in kurzen Abschnitten hintereinander durch nackten Granit gehauene Tunnel, die einmal Teil irgendeiner Eisenbahntrasse waren. Nicht ganz einfach, denn nicht nur der Weg dahin ist voller Hindernisse. Zunächst fehlen 200m Zufahrtsstrasse. Die werden gerade neu angelegt. Was bleibt ist eine sumpfige Baustellendirtroad drumrum, die ich hinter dem örtlichen Caterpillar befahre. Ich muss an den Mietvertrag denken: sind jetzt solche Dirtroads mit drin oder nicht?
Egal. Das bisschen Dreck ist kein Problem.

Schwieriger ist der Eingang zu den Tunnels. Die sind nämlich nicht offen sondern der Eingang mit Maschendrahtzaun und Stacheldraht komplett verrammelt. Das heißt beinahe komplett. Rechts des Eingangs ist ein Spalt, breit genug fuer einen deutschen Touristen.
Also rein da und ab in den ersten Tunnel.
Hmmm, ich kann zwar den Ausgang sehen, seh aber nicht, was unmittelbar vor mir ist. An der Höhlendecke aus Granit tropft das Wasser mir in den Nacken. Ich hoffe das bleibt bei den Wassertropfen. Wenn nicht, dann sucht mich hier drin erstmal keiner.
Super, Marc. Das Headlight liegt im Auto, zusammen mit den Bergschuhen. Dann taps ich also hier mit meinen Turnschuhen durch.

Der ersten Tunnel ist geschafft und ich stehe auf einer Holzbruecke. Unter mir ein tosender Fluss mit jeder Menge aufgetuermten, abgerissenen Baumstaemmen. Links und rechts gehen die Granitwaende steil nach oben. Ab und an steht in dieser tierisch zerkluefteten Wand tatsächlich ein hoher Nadelbaum. Wie die der da wachsen kann? Faszinierend.

Ich gehe auf die Holzbrücke und überlege mir, ob so ne Holzbrücke eigentlich nach jedem kanadischen Winter instand gesetzt werden muss, bevor sie wieder fuer den (deutschen) Touristen freigegeben wird...
Die Perspektive in die Tunnel rein ist bemerkenswert. Leicht gebogen kann man nicht durch alle auf einen Blick sehen. Die Krümmung und das leichte Versetzen der Tunnels inmitten der schroffen Natur, den steil ansteigenden Granitwaenden nach oben, und dem tossenden Fluss unter mir lassen mich etwas schwindelig werden. Ich krieg irgendwie nie alles gleichzeitig ins Bild, geschweige denn scharf...

Ein bisschen wakelig laufe ich über die Holzbrücke. Mach ein paar Bilder und sehe zu dass ich ohne Stein auf dem Schädel wieder auf den Trans Canada Highway komme.

Nächster Halt ist die Flussmündung zwischen Fraser und Thomson River. Sehr fotogen fliesst hier sedimentbeladenes, braunes Wasser mit einem klaren Gebirgsfluss zusammen.

Auch sehr fotogen sind die Roadtrucks, die mir ab und an entgegenkommen. Starkeamerikanischen Zugmaschinen mit langer Motorhaube ziehen riesige Zweispänner, a la "Convoi" oder "Over the Top". Die Dinger müssen deutlich stärker motorisiert sein als unsere LKWs; ab und an überholt mich nämlich auch mal einer, dem die vorgeschriebenen 100 km/h die ich hier vorbildlich fahre anscheinend zu langsam sind.
Ab und an zieh ich auch mal auf die Standspur raus - was eine riesen Staubfahne zur Folge hat -nur um so einen monströsen Kühlergrill aus meinem Rückspiegel zu bekommen. Bin doch im Urlaub hier...

Die Landschaft verändert sich langsam während ich Kilometer um Kilometer fresse. Die dichtbewaldeten Berghänge weichen einem eher steinigen, sandigen Untergrund. Nur noch spärlicher Bewuchs. Ich mach zum ersten mal meinen Tank wieder voll. Wie war das noch? Zuerst Kreditkarte in die Zapfsäule stecken? Zuerst drin bar bezahlen? Und warum kommt kein Sprit raus? Der Chinese mitten in der Einöde erklärts mir nochmal. Erst abheben, dann den Zapfhahn hochklappen (damn! Das wars. Schon ne Weile her seit dem letzten Nordamerikaaufenthalt...). Dann tanken. Dann zahlen. Dann abhauen.

Puhh. Die Distanzen sind ordentlich. Bin mittlerweile 8h am Steuer - hab allerdings nur 500km gespult und die Sonne geht langsam unter. Null Verkehr, nur ab und zu mal einen, mehrere kilometerlangen Zug auf den Gleisen unterhalb des TCH (gerne auch mal vertikal gestapelte Container).
Dann endlich Kamloops. Die laut Reisefuehrer heisseste Stadt Canadas (im Sommer im Schnitt 28 Grad) bietet mir ein garnichtmal so günstiges Bett, dafuer entpuppt sich das Bad als Whirlpool und so lass ich mich nach dem Durchrütteln heute auch auf der Strasse noch ein bischen Einweichen in der Wanne bevor ich bei nach wie vor beschissenem canadischem Fernsehprogramm einpenne.

Der nächste Tag bringt mich weiter auf dem TCH nach Revelstoke, wo ich hoffe nochmal einen Heli zu erwischen. Schimpft sich Revelstoke doch das "Heli Skiing Capital of Canada".
Dumm nur, das der Heli seit vorgestern wieder im Hangar steht - und das weltklasse Skigebiet erst wieder uebermorgen (am Samstag aufmacht).
Sieht so aus als waere ich in einer temporären saisonalen kanadischen Anomalie gefangen. Sogenannte Zwischensaison. Die einen Sachen haben bereits geschlossen, waehrend die anderen Sachen erst wieder aufmachen. Dann hat das Capital eben schon zu.

Und nicht nur das Capital of Heliskiing hat schon zu. Auch der Revelstoke NP, der Glacier NP oder auch der Yoho NP hat noch nicht wirklich auf. Scharf bin ich v.a. auf die ganzen Wasserfälle. Die müssen jetzt im April mit der Frühlingsschmelze phänomenal sein...

Pustekuchen! Die Wanderwege an die Aussichtsspunkte sind nämlich nicht nur geschlossen sondern die Zufahrtswege / Parkplätze dahin sogar noch meterhoch mit Schnee und Split gesperrt! Hier kommt der deutsche Tourist garnicht auf die Idee trotzdem reinzufahren...

Noch dazu weil ich meine Kiste mit ihren dezent abgefahrenen Allwetterreifen auf nem schneebedeckten Parkplatz mal auf Schneetauglichkeit getestet habe. Der Jeep Liberty schimpft sich zwar 4x4 und - ja - hat sogar ne Differntialsperre und ne Geländeübersetzung. Auf dem schneebedeckten Parkplatz des unglaublich protzigen Fairmount Chateau Lake Louise verhält sich die Karre allerdings wie ein mit Blei gefüllter Altpapiercontainer auf Schotter. Erst kriegt er nicht wirklich Traktion, dann schmiert er aus der Spur.
Schrott.
Ich denke da sehnsüchtig an den Hillux mit Dachzelt damals in Namibia

Die kontinuierlich beiindruckende Aussicht tröstet mich aber über den entgangenen, tieferen Einblick hinweg. Zwischen dem Glacier NP, Golden und dem Yoho Nationalpark z.B. trau ich meinen Augen kaum: der TCH geht in einer Senke mitten zwischen zweier wirklich atemberaubend schönen Bergketten hindurch! Links wie rechts stehen sie da wie Orgelpfeifen nebeneinander. Die Nachmittagssonne strahlt sie an, die Berghaenge voller feinstem Pow-Pow. Oberhalb der Baumgrenze sieht man die überhängenden Schneewächten, die Konturen sind wunderbar klar und definiert - keine Spur von Unschärfe durch Smog. Neben den Wächten, tolle, weit-auslaufende Gletscherzungen. Das müssen fantastische Abfahrten sein.

Also nicht jammern über das Entgangene, sondern freuen über das was Du mitnehmen kannst! So ändere zumindest ich meine Bereifung - ich sattle um von Turn- auf Bergschuhe - und wandere ein wenig um den Lake Louise herum.

Hier liegt inzwischen absolut malerisch halbmeterhoch der Schnee auf den Dächern, riesige Eiszapfen hängen von den Strassenbrücken. Der Lake Louise selbst ist zugefroren, die Strassen hin und weg aber frei.

Um weiter in die National Parks vorzudringen benötigt man Permits. Die bekommt man aber nur bei den Visitor Centern. Die, die ich anfahre - ihr könnts Euch schon denken - haben zu!
Also erstmal weiter nach Banff. Dem touristisch beliebtesten Nationalpark in Western Canada.

Ich komm an und auch hier erstmal tote Hose. Das vermeintliche Visitorcenter am Eingang des Örtchens entpuppt sich als Eis- und Curlingstadion, wo sich das ganze Dorf versammelt hat. Das Visitor Center selbst hat - ihr könnts Euch denken - bereits zu. Also mach ich mich direkt auf die Suche nach einem Hotel. Ich lande schliesslich in der Bow View Lodge, wo mich der Receptionist nett eincheckt, mich anhand meines Namens als Deutscher erkennt und wir dann drauf kommen, dass seine Freundin und ich praktisch erweiterte Nachbarn sind. Sie kommt aus Zorneding, bei München...
Tss, der Typ aus Zamdorf jedenfalls haut sich jetzt ins Bett um morgen zu den verkürzten Öffnungszeiten der Touristinformation sich auf jeden Fall nochmal umfassend zu informieren wo er denn mit seinem Altpapiercontainer in den Rockies im April doch noch so hinkommen kann ;-)

Dienstag, April 12, 2011

Whistler to Vancouver

[Vancouver 12. April 2011]

Ein verregneter Tag in Whistler. Zeit die weitere Reise zu beplanen. Aus meiner urspruenglichen Idee, mit nem Mietwagen durch die Rockies nach Calgary zu fahren, wird nichts. Der Gelaendewagen selbst ist garnicht so teuer, die Rücküberführungskosten die fällig werden, sind allerdings nochmal doppelt so viel, wie der eigentliche Mietpreis...
Also hol ich die Kiste in Vancouver, und geb sie eben dort auch wieder ab. Gut, dass ich nicht zuerst den Flug gebucht habe...

Ich packe meinen Krempel zusammen und organisiere meinen Transfer zurueck nach Vancouver so, dass ich morgen nochmal mit dem Heli aufsteigen kann. Es schifft den ganzen Tag im Tal - was oben feinsten Pulver bedeutet. Und fuer morgen soll die Wolkendecke aufreissen, so dass es ein vielversprechender letzter Tag im Heli werden kann...
Bevor ich mir am naechsten Morgen gross Zeit fuers Kopfkino mit den beiden FIS Rennfahrern aus Aspen lassen kann, klingelt auch schon das Telefon: der Heli bleibt aufgrund instabiler Wetterlage und verminderter Sicht am Boden. Ob ich morgen fliegen will?
Klar will ich - ich kann aber nicht, ist das heute doch mein letzter Tag im olympischen Dorf ! So bringt La Nina zwar erneut nen halben Meter Schnee nach Whistler - versaut mir aber auch meinen letzten Helitag.

F**k. Aber gegen das Wetter ist man nicht gefeit. Ich checke aus, geb mein Brett zurueck und schau mir nochmal das Village und die beiden Hauptlifte an. Während ich da so sitze kann ich an eigener Haut ziemlich gut merken, wie sich das Wetter heute auf einen Schlag aendert. Von purem Sonnenschein zu extrem dichtem Schneetreiben sind es hier keine 10min... Nee, nee bei solchen Umstaenden will ich auch nicht wirklich im hochalpinen Gelaende stecken...

Ich vertreib mir die Zeit bis zum Bus in nem Pub direkt an den beiden Hauptliften und saufe furchtbares canadisches Ale. Hat mir der Barkeeper in blumigsten Worten empfohlen und so heisst es hoefliche Miene zum boesen Getraenk machen. Der erstklassige Burger egalisiert das Geschmacksdesaster ein wenig.

Dann der Nachmittagsbus runter nach Vancouver.
Was ich auf der Hochfahrt am Ende der 20stuedigen Reise verschlafen habe, koste ich heute voll aus. Das vorhergesagte Schoenwetterfenster oeffnet sich unmittelbar aus Whistler raus und so kann ich den unglaublich schoenen Sea-To-Sky Highway in vollen Zuegen geniessen:
Der Highway klebt foermlich an den steil aufragenden Bergmassiv links, wohingegen es rechts steil ins Wasser runtergeht. Oeffnet man den Blick ueber das Wasser weiter nach rechts, so sieht man wieder Berge aus dem Wasser aufragen. Die Sonne glitzert im Pazifik, die Schleier- und Cumulus Wolken schmiegen sich an die schneebedeckten Berggipfel links und rechts vom Wasser. Gegen die Ausmaße muss man sich einfach nur klein fuehlen. Wildes Kanada. Wunderschoen. Ich freu mich darauf selbst in eigenem Wagen weiter rein zu fahren.

Jetzt geht es aber zuerst mal nach Downtown Vancouver. Ein Glaspalast ohne Ende. Ein glaesernes Hochhaus am naechsten, vollbetoniert, laut, viel Verkehr - auf und neben der Strasse. Ne Mischung aus New York (weniger hoch) und Sao Paolo (weniger warm).

Ich steige aus dem Bus aus und werde Zeuge wie ein suesses schwules japanisches Päarchen sich auf dem Asphalt vor mir produziert: tuckig herumtänzelt, singt, kichert und dann rechts abbiegt ...
Willkommen in der Grosstadt.

Ich laufe ein paar Blocks zu meinem Hotel, checke ein und hop-hop runter auf die Strasse. Noch ist super Sonnenschein, aber ich kenn ja die Wettervorhersage aus Whistler...
Also die Granville runter Richtung Waterfront. Soviel wie moeglich noch in der Sonne mitnehmen.

Wow, sieht so aus, als waer ich direkt im Rotlicht/Kneipenviertel einquartiert:
Liquor Store an Sex Shop (nackte Mädels + Hello Kitty Puppen(?) im Schaufenster, Peepshow ab 25 Cent) an Club an Kneipe an Tatoostudio an Friseursalon an Schuhgeschäft...
Hä? Komische Mischung.

Weiter die Strasse runter ueberwiegt dann das reguläre Shoppingangebot.
D.h. ich schau weniger in die Schaufenster, dafuer mehr auf die Strasse und seh vor allem zu, dass ich die Vielzahl an unterschiedlichen Eindruecken verarbeitet bekomme.
Hier ein Ausschnitt:
Ein irrer kurzer Minirock auf hohen Stelzen überholt mich und flattert vor mir her; (Ich latsche hier in meinen Snowboardklamotten rum und schwitze nicht mal! Da kriegen andere Frauen schon vom blossen Hinschauen ne Blasenentzuendung;) ein ganz in Leder gekleideter Typ inkl. Ledermuetze und - wohl auch Lederunterhose; ein aggressiv bettelnder Penner; viele baertige Hillbillies mit dickem Rauschebart a la Silent Bob, teilweise in kurzen Hosen und tätowierten Unterschenkeln; Geschäftsmänner in grellgelben Krawatten mit Starbucks Bechern und Blackberries; Punks in ebenso grellen Klamotten in Hausecken; ein Opi heizt mich in seinem Elektrorollfeuerstuhl in irrem Tempo fast über den Haufen; viele Strassenmusikanten und noch mehr Asiaten - mind. jeder Vierte hat japanische, chinesische, koreanische oder was weiss ich fuer asiatische Züge; ein Skater springt vom Gehweg auf die leicht abschuessigen Hauptstrasse auf sein Longboard, hängt sich an einen Metrobus und laesst sich von ihm ziehen; Dampf steigt aus nem Gullideckel auf; die Abendsonne lässt die Glassfassaden funkeln...
Wowowwieewaa. Was für eine intensive urbane Mischung hier in Vancouver.
Ich schaue, staune und knipse.

Zum Abendessen gibt es nen Burrito fuer 6$ und nen Corona fuer 6$.

Der nächste Tag steht im Zeichen des Rads. Zuerst oben im Penthouse-Fitnesscenter des Hotels auf den Drahtessel mit Blick auf die Skyline, dann auf dem hauseigenen Fahrrad auf die Seaside Bicycle Route. Einmal um Downtown rum verläuft diese absolut phänomenale Tour, die mit nichts was ich bisher an Staedten beradelt habe vergleichbar ist. Noch nie bin ich an so ner Skyline so lang (28km) und doch so abwechslungsreich entlanggeradelt. Und das in ner Stadt, die gerade erst ihren 125jaehrigen feiert. Mann, das ist wirklich nicht lang: mein Grossvater (Gott hab ihn selig) waere in diesem Jahr 107 Jahre alt geworden...

Ich starte im Süden von Downtown, an der Granville Bridge ostwärts. Direkt am Wasser an den eins nach dem anderen aufgereihten Glashochhausfassaden. Der Yachthafen, das Canucks Stadion; am Onminmax machen Polizisten auf ihren Harleys eine Art Führerscheinprüfung, oben drüber fährt der Skytrain. Dahinter, omnipräsent die schneebedeckten Berge des Umlandes. Was für eine Photokulisse.

Weiter zum olympischen Dorf, überall sehr sozialer Wohnungsbau auch und gerade auf der Südseite im False Creek. Im Vanier Park dann weitläufiger Sand und phänomenaler View auf die English Bay, wo die Supertanker warten.

Zurück über die Burrard Bridge zum Hotel und ein Extra-Akku geholt, da ich aus dem Knipsen nicht mehr herauskomme. Hab mich sonst immer ueber Sanela und ihre asiatischen Fotofrequenz-Gene lustig gemacht. Heute bin ich selbst Mr. Vancouver-Paparazzo. Unglaublich aber wahr. Fahren. Gucken. Knipsen. Weiterfahren.
Weiter gehts nach Nord-Westen Downtowns in den Stanley Park. Das Naherholungszentrum von Vancouver bietet wunderschön anzusehende Rotfichten(?). Der Waldbestand hat fast schon
Regenwalddimension. Dazu die ganze Zeit spektakuläre Ausblicke auf Downtown Vancouver, den Canada Place, die Lions Gate Bridge, den alten Bootsruderklub, auf die umliegenden Berge, startendene Wasserflugzeuge, der Industriehafen, 'ne Tanke mitten im Wasser, und und und. Der Auslöser der Kamers surrt vor sich hin. Heute mehr als 250mal. Ich blas in den 4h fast nen Gigabyte an Footage auf die Kamera. Also ungefähr jede Minute ein Bild. Sanela wäre stolz auf mich :-)

Kurz vor 18.00h bin ich zurueck am Hotel. Nach der ganzen Kurbelei, denk ich mir, lass ich jetzt jemand anderen Kurbeln: ich geh ins Drehrestaurant Top of Vancouver und schau mir die ganze Tour nochmal aus 167m Höhe an. In 1h dreht sich hier Dein Tisch nocheinmal ueber die tolle Skyline Vancouvers hinweg.
Ich gebe dieser Rotation mit dem georderten Merlot noch eine gehörige Portion extra-Spin mit, hehe ;-)

Als letzten Sightseeingpunkt von heute - nicht nur der Magen ist jetzt gut satt, auch die Birne ist von Eindrücken übervoll - schau ich mir noch Chinatown mit der Steamclock an. Das ist eine dampfbetriebene Uhr, die viertelstündig pfeift und stündlich Dampf ablässt.

Gut ists fuer heute. Morgen SUV-Pickup am Flughafen und ab in die Rockies.


Sonntag, April 10, 2011

Whistler Heliskiing - Tag 1 und 2

[Whistlerblackcomb, 09. April 2011]

Heyyy, wusstet Ihr, dass ich hier im übrigen nicht nur mit Snowboarden beschäftigt bin, sondern auch kontinuierlich meine hauswirtschaftlichen Fähigkeiten weiterentwickle?
Gestern habe ich z.B. meine Snowboardhose mit einer Bundeswehr-Survival-Naht (auch OG-Kaufmann-Planlos-Kreuzstich genannt) wieder zusammengenäht. Mein Oberfeldwebel wär zufrieden gewesen - meine Frau allerdings hätte mich auf jeden Fall schallend ausgelacht.
Auch habe ich vorgestern einen Schlaufenzug an meiner Trekkinghose in elendlicher Fummelei wieder durchgefaedelt und gerade eben hab ich den Wasserzulauf auf meinem Hotelzimmerscheisshaus gefixt, so dass ich jetzt Waesche waschen kann.

Aber ich denke ihr seit nicht unbedingt an meinem Hausweiber MacGyver Geschichten interessiert, sondern wollt wissen, wie es denn war, meine ersten Heli-Runs.

Tag 1 begann mit mächtig viel Sonnenschein und mit einem riesigen Auflauf von bestickten roten und hellblauen Skilehreroveralls vor dem Heliski-Büro. Inklusive wettergegerbten coolen suedtiroler Skilehrern drin.
Da ich weder so nen tollen Overall hab, noch in eckigen und plump-steifen Knobelbecherskischuhen stecke, bekomme ich einige interessante, für mich aber
unzuordnungsbare (abschätzige? mitleidige? irritierte?) Blicke ab.
Keine Ahnung. Ich gehöre auf jeden Fall erstmal nicht dazu.

Der Guide gibt das Signal und so holpern sie alle los, lässig die breiten Tiefschneeskier auf den Schultern in Richtung Heliport-Bus, waehrend nur einer in seinen Softboots mit seinem Snowboard schüchtern hinterherlatscht. Immerhin ragen aus meinem Rucksack ein paar Teleskopskistöcke heraus, die mich im Falle eines Sturzes oder Stehenbleiben im flachem Gelände wieder in die Falllinie bringen sollen. (Also darf ich zumindest wie die anderen auch Stöcke tragen :-)

In der Tat bin ich ziemlich angespannt, kann ich die Situation aufgrund mangelnder Erfahrung doch noch überhaupt nicht einschätzen. In meinem Kopf rotieren die Gedanken in einer Aufwärtsspirale: Wie ist der Schnee? Wie steil ist das Terrain? Wie schnell die anderen, wie schnell ich selbst? Halt ich die ganze Gruppe evtl. auf? Wie hoch ist die Lawinengefahr wirklich da oben? Setz ich mich einem zu grossen Risiko aus? Ist es das wirklich wert?

Aufgeregt und präsent bis in die Haarspitzen drück ich mich auf den engen Sitz eines uralten, urtypisch amerikanischen Schulbus in den Farben der Heliski-Agency. Um die Aufwaertsspirale in Richtung Panik zu unterbrechen konzentriere ich mich auf das was ich kann - und weiss. Die diversen Powderabfahrten mit Vogge und Martin, durch den Wald in Lermoos, über die Latschen in Obertauern. Mit Sanela an der Klippe entlang in Hochfügen. Der Lawinenkurs mit Dimi vor über 18 Jahren. Nur ruhig, Marc, das wird schon.

Der Guide - Jerome - holpert herein und schiebt sich mit seinen Skistiefel auf den Fahrersitz: "Macht Euch keine Gedanken, der Heli ist mindestens genauso alt wie die Busse hier!" und schiebt über eine mechanische Zugstange die Einstiegstür zu. Die klemmt erstmal und geht erst beim dritten Versuch zu.

Los gehts Richtung Heliport. Witzig: alle sprechen deutsch. Mitten in Kanada komm ich mir vor wie irgendwo in Österreich. Jerome - ebenfalls in deutsch - plaudert mit. Der Bursche hat wohl ein paar Kinderjahre bei Frankfurt gelebt, hat ne französische Mutter und lebt und arbeitet seit mehr als 8 Jahren hier in Whistler. Wechselweise bei der Bergwacht und als Heliskiguide.
Am Heliport kriegt jeder seinen Lawinenpieper und eine Kurzanweisung zur Verschüttetensuche. Das Helibriefing
übernimmt Helene, eine ausgewandertes originales Stueck Österreich. Sehr symphatisch erläutert sie die Ein/Aussteige- und Notfallprozeduren.

Dann wirds ernst. Wir fahren einen weiteren Heliport an,
Ausrüstung klarmachen. Boots zu, Helm und Brille auf, Rucksack runter, in Position für den Hot-Pickup: der Guide mit dem Ski hier, drei Meter vom Guide entfernt kniet die Gruppe im engen Knäuel. Knatternd kommt der Heli über den Bergkamm. Die Schnauze nach unten verliert er eng am Berg an Höhe und kommt genau auf uns zu. FupFuppFupp schon ist er mit seinen Schwingen genau bei uns. Zieht die Schnauze hoch und setzt seine Kufen genau zwischen uns und dem Guide. Der Luftstrom der Rotorenblätter ist enorm, nimmt meinem knieenden Nebenmann die Balance und wirft ihn einfach auf mich drauf. WOW. Was für ne Kraft!

Einsteigen nach Prozedur. Anschnallen. Türen zu. Und los. Ab auf den Ipsoot Mountain. Wir fliegen durchs Tal über zunächst grüne, dann schneebedeckte Baumwipfel und gewinnen schnell an Höhe.

Unglaublich: ich sitze in der Tat im Heli und mach es tatsächlich war! Die Anspannung und Selbstzweifel lösen sich und machen einer angeregten Konzentration und einer gehörigen Portion Vorfreude Platz.

Der Heli setzt uns auf dem Ipsoot Mountain auf knapp 3000m ab. Der Heli zieht kurz hoch und lässt sich dann spektakulär über die linke Flanke den Berghang hinunter fallen. Inmitten einer sich langsam setzenden Pulverschneewolke schauen wir dem Heli nach. Bilder die sich sofort ins Gedächtnis einbrennen. Sofort und für immer.

Jetzt wirds ernst. Ich kontrolliere Bindung und Straps und ziehe die Schrauben nochmal nach.
Anschnallen. Aufgrund der erhöhten Lawinengefahr ("Considerable", was glaube ich unserer Stufe 3 entspricht) fahren wir alle einzeln in den Hang ein. Jerome voran, dann nach 15 Schwüngen der Nächste, dann nach weiteren 15 Schwüngen der Nächste und so weiter.
Irgendwo in der Mitte unserer 9 Skilehrer plus 1 Snowboarder Gruppe nehm ich mein Herz in die Hand und kante in den Hang...
... ich fühle mindestens 4 Augenpaare in meinem Rücken ...
... und mich hauts fasst auf die Fresse.

Aufgrund der sehr wind-exponierten Lage ist der Schnee hier oben verkrustet und angefroren, mit einem Belag von nur 2-3 cm Pulver drauf, so dass es mir sofort das Brett nach vorne wegzieht...
Ich kann aber rechtzeitig ausbalancieren und meine Lage adaptieren.
Vier, fünf hart gekantete Schwünge und dann empfängt er mich auch schon: Samtweicher Pulverschnee! Pow-Pow vom Feinsten: leicht, fein, unglaublich geschmeidig.

Meine Wahrnehmung zieht sich zusammen auf den einen Punkt, dem Hier und Jetzt, dem Leben im Moment und im nächsten Schwung. Ich gehe links der bereits gesetzten Spuren und lass mich in den Hang fallen. Das Brett schwimmt schön auf, ich surfe mindestens knietief im Pow-Pow. Leg mich nach links und spüre die Schneegischt die unter mir weit nach rechts hinausgepustet wird. Ich lehn mich nach rechts und spüre die Fontäne auf der anderen Seite. Die Sonne steht mir im Rücken, so dass ich meinen Schatten auf der funkelnden weissen Oberfläche sehe. Vor mir nur Berge, schroffe Felsen und eine unberührte Schneedecke. Die Schatten der Fontänen verwirbeln in der Luft und werden wieder zur alpina-weissen funkelnden Schicht der Schneeoberflaeche.

Ausser dem langezogenen Ffffft, fffffttt, fffttt der Schneefontänen höre ich nur das Pochen des Blutes, der abgefallenen Anspannung oder des Adrenalins in meinen Ohren. Der Hammmmmer.

Ich ziehe wieder nach rechts und steuere auf die Gruppe zu. Ich reihe mich auf gleicher Höhe von Jerome ein und schaue zu, wie die anderen den ersten Moment erleben. Während viele Juchzen, Jubeln oder Jodeln, bin ich still und halte den Moment und die noch Folgenden für mich fest. Für immer.

Punkt.

Wir verbringen einen unglaublichen Vormittag mitten in schneebedeckten, hohen Gipfeln der Rockies. Kleine Lichter inmitten einer überwältigenden Natur.
Jerome ist ab und an ein wenig nervös was die Schneelage angeht, bewegen wir uns doch in teilweise ziemlich steilem Gelände. Dort wo es gefährlich ist, fährt einer nach dem Anderen in den Hang ein. Der letzte Mann hat die Schaufel und die Sonde auf dem Kreuz, die wir allerdings den ganzen Tag und auch den folgenden Tag nicht brauchen werden. Ab und an rutscht ein kleines Brett unter Dir ab, was aber kein Problem darstellt.

Zum Mittagessen treffen sich alle 4 Gruppen auf einem kleinem Bergsattel, es gibt Sandwiches, warme Suppe und Tee. Die Reserviertheit der Skilehrer mir gegenüber ist weg, man unterhält sich nett und man stellt sich auf zum Gruppenfoto. Sitzendem Snowboarder ("so wie man die Snowboarder kennt") in der Mitte...
Erwähnenswert auch Alex. Ein junger, rothaarigem und baertigem Skilehrer mit Heliskierfahrung, der nicht in seiner Uniform sondern unisolo fährt - und das ziemlich extrem. Wo alle Genuss-abwedeln, fährt er im Schuss, in extremer Schräglage oder springt.

Genau dass wird ihm dann auch zum Verhängnis. Aus vollem Schuss fährt er aus lockerem Pulver in schweren, oben angekrusteten Schnee ein. Die Skier bleiben unterhalb der Kruste stecken und er wird über die Skier katapultiert und schlägt so hart auf, dass sein Helm einreisst. Der Helm ist hin, der Kopf drin aber noch ganz und bis auf ein gezerrtes Aussenband ist bei dem spektakulären Sturz nichts weiter passiert...
Irre.

Zeit für den letzten Call für additional Runs. Obwohl ich eigentlich auf morgen spekuliere und Kräfte sparen will entscheide ich mich in letzter Sekunde doch noch mitzugehen. Jerome funkt durch und entlässt mich alleine den Berg runter zu Helene's Gruppe, die bereits in Position auf den Heli wartet. Also auf gehts! Vollgas im Schuss durch den feinen Pow-Pow.
Ich erreiche die Gruppe, als der Heli bereits in die Gruppe einfliegt. Abschnallen und schon bin ich wieder auf dem Weg nach oben, während die Gruppe um Jerome auf das Taxi nach Hause wartet...

Ich weiss nicht, ob Helene die Linie leicht verfehlt oder einfach nur mit Absicht in ein deutlich steileres Stück einfädelt. Ganz wohl scheint ihr wohl selbst nicht zu sein, schickt sie zunächst - und das seh ich zum ersten mal heute - jemand anderes vor, um ihn unmittelbar zu sichern...
Wie dem auch sei, die Sonde bleibt in der Tasche, die Tracker auf "send" und nicht auf "receive/rescue" und wir haben noch einen traumhaft schönen Extrarun. "Raltney" heisst das Ding, das wie alle anderen Routen wohl bereits in Google Earth markiert sein soll...

Der letzte Pickup der Bell 212 bringt uns zurück zum Heliport, wo ich mit meinen durch die vielen Höhenmeter rauschenden und dumpfen Ohren überglücklich in den Sitz des Buses falle. Viel von aussen hören brauche ich heute auch nicht mehr, lausche dagegen viel intensiver in mich hinein und höre dem Abklingen des Endorphienkonzerts in meinem Rückenmark zu.
Garantierte Zugabe am nächsten Tag.

So denk ich.

Der nächste Tag bringt zwar ebenso schönes Wetter auf den phänomenalen Gletschern der Spearhead Range, leider aber auch eine ganz andere Gruppe.
Die ist heute zwar homogener mit Snowboardern gemischt, leider bei weitem aber nicht mit auf dem gleichen Skillevel wie die Südtiroler Skilehrertruppe gestern.
Wurde ich gestern gemustert, so bin ich es heute, der sich die Gruppe genau anschaut und schnell sieht, das so eine schnellfahrende und disziplinierte Gruppe wie wir gestern hatten keinesfalls selbstverständlich ist. Schon nach den ersten Schwüngen purzeln die ersten und graben sich in den Tiefschnee ein, so dass der Guide heute (Atzud) schnell deutlich leichtere und damit weniger steile Abfahrten wählt.

Hmmmm. Hätte doch das nochmal teurere Package ("Ultimate": 4 Leute in nem kleinen Heli, 6 anstatt 4 garantierten Runs mit mindestens 9000-15000 Fuss Höhe) wählen sollen, wie es mir Jerome empfohlen hat.
Da habe ich am falschen Ende gespart. Hinzu kommt, dass mir nach dem Lunchbreak auf einem traumhaft gelegenen zugefrorenen Hochgebirgssee, bei voller Fahrt die Kamera vom Helm abfliegt und sofort unter meinem "Abgasstrahl" an Pulver bedeckt wird... Keine Chance die wieder zu finden. Für immer auf 2500m begraben. Hochgebirgsbegraebnis sozusagen. Vielleicht findet die ja in 2 1/2 tausend Jahren eine hochentwickelte Gebirgsschabe und feiert das ganze als Relikt aus lang vergangenen Tagen...

Auch besteht heute keine Möglichkeit auf Extraruns. Wir haben zu viel Zeit verbraten und es gibt gegen Ende kein Platz mehr im Heli fuer einen extra Lift.
Nun gut, so ein Endorphinkonzert wie gestern spielt wohl nicht jeden Tag auf...

Anregendes gibt es aber auch heute zu berichten. So biege ich heute zum Beispiel aus vollem Schwung um eine Schneewächte herum in eine Rinne ab, in der mich das kristalline bzw. helltürkisfarbene Blau einer Gletscherspalte angrinnst. Zu spät zum Ausweichen, also hilft nur ein explosiver Druck mit beiden Beinen auf den Tail und die Base des Bretts und mit nem Ollie drüber über die Spalte.
Holy Cow.

Ausserdem bin ich schwer beeindruckt von Jerry aus meiner Gruppe. Einem 35 Jahre alten Surfer aus LA. Zusammen mit seinem Kumpel Darryl erfüllt er sich den Traum des Heliboardens. Nur fährt Jerry im Gegensatz zu uns mit einer Prothese.
Das hintere, so wichtige Standbein hört bei Jerry aufgrund einem Geburtsfehler direkt unterhalb dem Knie auf, so dass er ohne Fersen oder Kantendruck auf dem hinteren Bein die Hänge runterboardet.
Kein Wunder purzelt er bei steilen Passagen wo man präzise auf die Frontside umspringen muss...

Ich bin unglaublich beeindruckt von dem Burschen, wie er sich ein ums andere Mal ausbuddelt und wieder aufsteht. War ich anfangs noch enttäuscht aufgrund der Verzögerung, so bin ich jetzt voll der Bewunderung für die Herausforderung die er sich stellt!
Mit der Zeit lässt er dass Umspringen einfach sein und macht den Berg zu seiner Welle - er reitet der Berg einfach wie auf einer grossen Welle in einem Zug in riesigen und damit unter grosser Geschwindigkeit in weit ausladenden Schwüngen. Teilweise zieht er einfach nur eine gerade Linie entlang der Falllinie in den Berg...

Hut ab. Absolut inspirierend.

Stay tuned. Am Montag - übermorgen! - gehts zum letzten Mal mit dem Heli hoch bevor ich mich auf in die Rockies mache. Im Ultimate Package zusammen mit zwei Rennfahrern aus Aspen. Wer da wohl auf wen warten muss? Ich werds euch berichten...

Freitag, April 08, 2011

Whistler Heliskiing

[Whistler 07. April 2011]

uuuhhh mann. Dieser Eintrag erreicht Euch in dem Abklingen von nem gewaltigen Hoch.
Zurück vom ersten Tag Heliboarden.

Nachdem die ganze Chose ja gestern wegen schlechtem Wetter abgesagt wurde, hat sich der Wettergott, Moses, Petrus und Kachelmann himself auf einen ausgleichenden, supergeilschoenen und fuer mich ganz klar historischen Wettertag geeinigt.

Ohne Euch mit Superlativen weiter zu langweilen, noch schnell zurueck zu gestern. Vor dem Hoch gibts in der Regel das Tief. Gestern hat das Tief bekanntermassen den Heli unten am Boden gehalten. Also musst ich mit dem Lift nach oben. War am Tag davor Blackcomb dran(links) so hab ich heute den Lift rechts zum olympischen Whistler gewaehlt.

Auch nicht von schlechten Eltern. Ebenfalls weitlaeufig, ebenfalls schon ordentlich aufgespurt von den oertlichen Buben. Genau an die halte ich mich auch. Alte Touristenregel: kennst Du Dich nicht aus, dann halt Dich an die, von denen Du denkst, sie kennen sich aus.
Gut gedacht Mastermind. Leider verliere ich die oertlichen Pros in der oertlichen Suppe direkt nach dem Liftausstieg und so stocher ich ein wenig herum. In der Suppe. Kein Brot zu finden. Weder Markierung, noch Kontur. Zerspurten Tiefschnee gibts zwar en masse, leider auch viele Klippen. Markierte und unmarkierte. Sowie ein paar Drops, die man erst auf letzter Minute erkennt.
Daher das Ganze eher mit gemischten Gefühlen. Aber lehrreich.
Total. Im Gegensatz zu den heimischen Skigebieten meine ich, das ich inzwischen anders auf dem Brett stehe. Weit weniger schnell, deutlich mehr Belastung auf dem hinterem Bein. Und natuerlich weit weicher in den Knien. Das hilft beim Korrigieren des oft (im wahrsten Sinne des Wortes) undurchsichtigen Terrains.

Als ich schliesslich wieder ins Whistler Village einfahre fuehle ich mich dennoch wie benommen. Ich hoere nichts mehr. Brauch ne ganze Weile bis ich das begreife. Durch die vielen Hoehenmeter sind meine Ohren
mit dem Druckausgleich nicht mehr mitgekommen und so habe ich im wesentlichen Watte drin. Ich meine in den Ohren. So stehe ich da inmitten dem Trubel und komm mir vor wie John H. Miller/Tom Hanks an der Brücke in Saving Private Ryan. Ich hoer nix - es rauscht nichmal. Hui.

Nachdem die Ohren wieder stabil "aufploppen" schau ich mir die Fussgaengerzone von Whistler an. Mannmannmann, was fuer ein "Kurort": Studenten und jünger ohne Ende. Mir kommt ein Mädel im Tanktop entgegen: akkurat in Turnschuhen, gelber Snowboardhose, besagtem Tanktop, Muetze und Skibrille(Hä?). Waehrend ich durch den Haschischdunst ihrer Freunde laufe, zieht sie sich die Hose auf den Oberschenkel und zeigt der Meute ihren Hintern in ihrer semi-transparenten Unterhose....
So kann man auch flanieren.
In Ischgl kenn ich Vergleichbares nur von Russen. Und das ist weit weniger nett anzuschauen...
Papa Kaufmann biegt nicht in den gleichen Studentenpub ein sonder macht das was aeltere Herren in solchen Situationen immer gerne tun: sie schaun ob das Bankkonto in Ordnung ist :-).
In der Tat kann ich in der oertlichen Bank sogar mit EC-Karte Geld abheben. Was gut ist, hab ich doch ein wenig Schiss das bei der geplanten Heliskiserie die naechsten Tage evtl. der Verfuegungsrahmen der Karte nicht ausreicht...

Zoegerlich kauf ich auch ein paar T-Shirts ein. Hier fehlt eindeutig der weibliche Teil der Reisefische um den Shoppingkatalysator wirklich anzuwaermen...

Waehrend ich noch ueberlege, wie ich meine Kohlenhydratspeicher ohne groesserem amerikanischen Servicelaerm fuellen kann, laufe ich an nem Steakhouse vorbei.
Au ja.
Und da sitze ich auch schon im abgedunkeltem Licht am offenen Kamin, saufe diesmal einwandfreien Shiraz und fresse ein 16 Unzen Rib-Eye Steak. Das beste Fleisch seit der Churasscaria in Nova Friburgo!
Schlussum roll ich mich vollgefressen in mein Bett.

So.
Bliebe noch der Tag heute.

Da mir hier schlichtweg die Worte fehlen, probier ich es mit reinen Fakten. Vielleicht purzeln ja im Rahmen der Reise noch mehr Eindruecke, Vergleiche, Preisungen o.ä. heraus.

So, wie ich mich zumindest im Moment fuehle ist es eh schwer, einen angemessenen literarischen Rahmen fuer heute zu finden.

Ein kraeftiges Hoch trifft es nach wie vor am besten.

Vielleicht liegt es auch nur trivial am Wild Horse Canyon Shiraz den ich neben meinen Mikrowellennudeln (Ihr wisst schon: Kohlenhydrate...) gerade in mich reinschuette.

Also - soviel soll auf jeden Fall noch gesagt sein:
- 4 Teams a 11 Leuten, was soviel bedeutet wie
- Kaufmahne allein unter 43 suedtiroler Skilehrern (kein Witz, für die ist das hier ein "Lehrgang")
- d.h. als alleiniger Snowboarder unter Skigurus (was wohl vergleichbar ist mit einem nackten Hippie unter lauter Republikanern)
->6000 Hoehenmeter in der Lawinenwarnstufe "considerable", sprich: ziemlich "aufmerksame" Guides...

Stay tuned. Hab gerade das naechste Heli-Taxi fuer moergen gebucht :-)


Dienstag, April 05, 2011

[Whistler 06. April 2011]

Heiho, der Reisefisch schwimmt wieder. Allerdings nur auf einer Flosse. Muessen doch diesmal meine beiden Lieben dank des genialen plutonisch ausgedachten Urlaubsplan der MR zu Hause bleiben. Fuehl mich also ein wenig wie Nemo mit seiner zurueckgebliebenen Flosse hier so ganz alleine zu reisen, bzw. rumzuschwimmen...

Ueber den Teich zu huepfen war so garnichts Neues. Im Gegenteil: diesmal haben andere Mitreisende mit den mitgefuehrten Kleinkindern zu kaempfen. V.a. die Grossfamilie in der Businessklasse, so ca. 5 Kinder davon 3 Kleinkinder. Jedes Kind hat deutlich mehr Platz als ich in meinem Arme-Leute-Sitz. Zu wuerdigen wissen das die Kleinen nicht: sie bruellen bis in die Holzklasse.
Mich stoert das nicht weiter. Kenn ich ja alles. Was ich nicht kenne ist z.B. ungestoert einen Film schauen. Und das mach ich bis wir da sind. True Grit, TheTheThe King's Speech, Tron Legacy (Gääähnn) und Mt. St. Elias den ich nicht ganz fertig kriege (Mist!).

In Vancouver gelandet, geht es mit dem Bus weiter. Eigentlich haette man den Riesengreyhoundbus durch ein kleines Taxi ersetzen koennen. Bin ich doch der einzige Fahrgast. Das scheint den Busfahrer nicht zu stoeren, so erzaehlt er eben nur einem Fahrgast Grizzley Witze: "woran unterscheidet sich der Kot von Braunbären zu dem Kot von Grizzleys? Im Braunbaerenkot kann man Schwarz und Rotbeeren ausmachen. Der Kot von Grizzleys hingegen enthaelt ne Menge leere "Bearspray"-Dosen..."
Muuuaaha.

Durch Vancouver durch und ab auf dem Sea-to-Sky Highway hoch in den Austragungsort der Olypmischen Winterspiele 2010. Den 2h-Weg nach Whistler krieg ich nur noch bruchstueckhaft mit. Bin inzwischen um die 20h unterwegs.

Angekommen im Dunkeln wollen mich die Leute im Hotel geradewegs in 'nen noch dunkleres Loch einquartieren. Zimmerhoehe gerade mal 2m. Na super. Also rumdiskutieren und upgraden.
Draussen schneits. Von den Bergen keine Spur. Haengen in dicken Schneewolken.

Ich mach ne Lokalrunde durch das "Village". Schaut super aus. Obwohl von riesiegen Hotels umgeben macht man hier noch den Versuch das Ganze zumindest ein bischen in die Landschaft zu integrieren. D.h. keine Hotelbunker sondern allenfalls maechtig ueberdimensionierte 3-7 stöckige Schuppen im Schweizer Chalet Stil. Ich latsch die Fussgaengerzone hoch und bin in weniger als ner Minute vom Hotel an den Skiliften zu Blackcomb (links) und Whistler Mountain (rechts).
Davor angsteinfloessende Absperrungen die auf ueble Schlangen am Morgen hindeuten...

Die ganze Fussgaengerzone perfekt erschlossene Ski-Infrastruktur. Kneipe an Kneipe, Laden an Laden. Avalanche Pizza an Burton an Billabong an Quicksilver. Die Starbuckskaffemuehle am Longhorn-Pub. So gehts in einem durch. Wow. Ischgl ist ein Scheiss dagegen.
Ich dreh mich rum und lauf die Fussgaengerzone wieder runter. Kauf im oertlichen Grocery & Liquor Store noch was ein. Entscheide mich zwischen Heineken, Becks, Corona, Bud, Warsteiner, Stigl(!) dann doch fuer das canadische Molsch Bier.

Vor dem Laden stehen seelenruhig ein paar Jugendliche und kiffen. Aha. Silent Bob und Jay also auch in Whistler.

Zuhause reisse ich gerade noch ein Bier auf, bevor es mich dann dahinrafft.
Mal schauen ob ich morgen die Berge sehen kann.

Der nächste Morgen stellt alle Lichter auf Vorbereitung. Ich melde mich in der Carlton Lodge bei Whistler Heliskiing. Unterschreibe den sogenannten Waiver und trete damit alle meine Rechte ab, die ich oder meine Erben evtl. erheben könnten (durch Lawine, Unfall, schlechtes Wetter, verklemmter Furz im Heli etc.) und quatsche ein wenig mit einer Deutschen die hinter dem Counter steht. Aufgrund Platzproblemen im Heli kann ich zwar meinen Rucksack noch mitnehmen, die Schneeschuhen werden aber im Hotel bleiben muessen. Ob ich die Skistoecke mitnehmen kann, entscheidet der Guide morgen beim Briefing. Allgemeine Wetterlage sieht gut aus. Lawinengefahrstufe ist moderate, da sich der Schnee in den letzten Tagen gut verdichtet hat und nur wenig (30cm!) neu draufgekommen ist.

Dann gehts nach nebenan, wo ein Kooperations-Skiladen Tiefschnee-Bretter zum Verleihen hat. Allerdings sind die Planken die ich da sehe, viel zu klein und zu schmal um mich durch - oder besser - über den Tiefschnee zu tragen.
Denken sich die vom Service auch und so springt der eine aus dem Laden um irgendwo ein Burton Custom 169 wide aufzutreiben, waehrend der andere mich, bzw. meine Geldboerse erleichtert. Und das nicht zu knapp: 215CAD(160€)!
Um mich an das Brett zu gewoehnen bevor es dann morgen zum ersten mal mit dem Heli in den PowPow geht, kauf ich mir ne Halbtageskarte für 57€(!), und erahne langsam das das hier insgesamt wohl kein Schnaeppchen mehr werden wird.

Hoch gehts auf den Blackcomb, den ich bisher, genauso wenig wie den Whistler Mountain ueberhaupt gesehen habe. Seit ich angekommen bin, sind die Berge in einer undurchdringlichen Suppe eingeschlossen, in die ich jetzt hineinfahre.
Aus der Gondel schau ich mir die Pisten an. Absolut nichts los. Kaum mal jemand zu sehen. Die Pisten an sich sind nicht gespurt, so dass sich hier zum Teil riesige Schneebuckel aufgeschoben haben. Auch sind sie was ich sehen kann nicht begrenzt oder markiert, d.h es ist eigentlich garnicht klar, wos langgeht. Der Skifaltplan machts nicht besser. Ich hab kein Plan.
Also drauflos. Runter gehts immer.

Ich schnalle an, um in den naechsten Sessellift nach oben zu kommen und fang an mich in in Richtung "Excelerator Express" zu schieben. Dabei muss ich fuer die vor mir stehende Kinderskischulgruppe aussehen wie der Silberruecken der aus nem Gebüsch des Kilimandscharos auf ne Gruppe Touristen zustürmt: ohne grosse Kontrolle ueber das Brett (Bindungswinkel und Balance völlig falsch, Kante greift null! Hat die ueberhaupt eine?) schlittert ein Riese mit den Armen rudernd vorbei....
Waer ich auf die Fresse gefallen, haette ich wohl auch noch gebruellt...

Muss oben unbedingt die Bindung richten. Gottseidank haben die oben Werkzeug. Ich Rindvieh hab mein Zeug naemlich in Muenchen vergessen. Bin mir allerdings auch nicht sicher ob ich damit wirklich weiter gekommen waere. Irgendwie sehen die Schrauben hier ein bischen anders aus... Oder ist das die Hoehenluft?

Nach Gefummle, Test und wieder Gefummle bin ich endlich soweit. Es hat ein bischen aufgerissen, also rein ins Vergnügen. Ungespurte Pisten. Also schoen langsam. Wofür zum Geier geben die hier eigentlich die eingenommenen Liftkartenmilliarden aus?

Such mir die erste Double Black Diamond. Das bezeichnet hier die schwerste aller moeglichen "Pisten". Da ich die Frage im Einstufungstest der Heli-Agentur zu meinem Koennen auf den DBDs nicht beantworten konnte, will ich mir nun selbst ein Bild machen.

"Jersey Cream Bowl" heisst das gute Stück, ist ordentlich steil mit nem Eingangsdrop und:
immer noch voller Powder!!! Zwar schon ziemlich verspurt aber Pow-Pow!!
Wowwowwieewaaa! So lass ich mir das gefallen. Und nochmal. Und nochmal.
Das Skigebiet ist riesig und menschenleer. Die Pisten sind in der Tat nicht markiert oder abgesperrt. Da wo man eine Sperre sieht, hat es auch einen Grund. Felswaende oder senkrecht abfallende Loecher, die man lieber nicht runter will.
Ansonsten kannst Du Dich ueberall bewegen wo Du Dich hineintraust.

Das Brett schwimmt im Tiefschnee ordentlich auf und reagiert auch im Wald relativ präzise. Auf ausgefahrenen oder eisigen Stellen greift die Kante nicht. Carving ist hier offensichtlich sowieso nicht angesagt. Bin also zuversichtlich fuer morgen. Ja freu mich drauf.

Zur Feier des Tages geh ich Essen. In einen Nudeltempel, "The Old Spaghetti Factory". Kohlenhydrate fuer morgen...
Oh wie hatte ich den American Way of Essengehen doch vergessen: "Wait to be seated", Lautlautlaut und Fixfixfix, "Everything OK with your Meal?", "Can I do something else for you?", zwischendurch der Manager: "Everything OK?", "Is Hanna doing everything possible for you?", "If not, please don't hesitate to contact me", ..., ...
Schnauze. Will essen. Die Pasta ist gut, der Shiraz und der Salat lausig, der "complimentary coffee" waessrig. Flux bin ich wieder auf dem Zimmer - und freu mich auf morgen.

Die Nacht ist kurz und unruhig. Bin zu nervoes. Also fang ich schon um 6.30 an mein Zeug zu packen. Helmkamera kalibrieren, Akku laden, Camelbag fuellen und ab mit der Ersatzwaesche in den Rucksack. Draussen schneit es ohne Ende.
Dann leider der Anruf: Zu viel Schneefall - der Heli geht nicht. Morgen sieht es besser aus. Ob ich noch will? Klar will ich!

Drueckt die Daumen für morgen!